Julia Gold Band 53
Leidenschaft zu schweben. Dabei war ihr bewusst, dass sie mit jedem Schlag ihres aufgewühlten Herzens mehr an Boden verlor und ihre Prinzipien gefährlich ins Wanken gerieten. Wie sollte sie sich seinen fordernden, wilden Lippen widersetzen? Wenn sie jetzt nachgab, war sie verloren, für immer verloren.
„Hannah!“ Seine Stimme war rau vor Leidenschaft. „Ich will nur dich!“
„Lass mich los!“, rief sie verzweifelt und versuchte, sich aus seinen Armen zu winden.
Wie die Berührung einer Feder liebkosten seine Lippen ihren Hals, wanderten mit stärkerem Druck immer höher, bis sie ihren Mund fanden. Und wieder küsste er sie wild und hemmungslos.
In einem letzten Versuch, die Herrschaft über ihre Sinne zurückzugewinnen, spannte sie jeden Muskel ihres Körpers an. Schließlich hielt er inne.
„Ergib dich!“, hauchte er beschwörend. „Denk nur, wie herrlich es für uns beide sein wird!“
„Niemals!“
Diesmal erkannte er offensichtlich, dass es ihr ernst war, denn seine Umarmung wurde noch heftiger, sein Griff so fest, dass es beinahe schmerzte.
„Warum nicht?“, herrschte er sie an. Sein Blick wurde drohend.
„Wegen Dermot“, sagte sie heftig.
Er erstarrte. „Wie bitte?“
Hannah befeuchtete ihre zitternden Lippen. Er sah gefährlich aus. Trotzdem, um ihrer selbst willen musste sie jetzt fortfahren, und sie würde nicht einmal lügen.
„Du weißt, wie ich für ihn empfunden habe“, sagte sie mit trauriger Stimme. „Ich werde seinen Verlust wohl nie verwinden. Keine Frau vergisst je den Mann, den sie geliebt und dann verloren hat.“
Khalil betrachtete sie aufmerksam. Aus seinem Gesicht war nicht zu lesen, was er fühlte.
„Nun, für den Anfang waren wir gar nicht schlecht“, meinte er lässig und ließ sie mit einem beleidigenden Klaps auf ihre Hüften frei.
Mit einer solchen Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte ihn ein für alle Mal entmutigen wollen, und stattdessen schien er nur heute alles auf sich beruhen zu lassen, um bei der nächsten Gelegenheit seine Verführungskünste erneut an ihr zu erproben.
Es schien ihm überhaupt nicht schwerzufallen, seine angebliche Leidenschaft für sie an- und abzuschalten wie ein Radio. Beinahe gleichgültig war er, gleichgültig, während sie noch immer glühte!
Hannah musste über ihre eigenen paradoxen Gefühle lächeln. Eigentlich sollte sie froh sein, dass er ihre Abwehr so leicht aufnahm. Wahrscheinlich war sie nur eine unter vielen möglichen Eroberungen für ihn. Bei dieser Vorstellung durchfuhr sie ein heftiger Schmerz.
„Ich gehe jetzt nach Hause. Unsere Verabredung für heute möchte ich lieber absagen, ich habe Briefe zu schreiben und einige geschäftliche Dinge zu erledigen.“
„Natürlich, dafür habe ich vollstes Verständnis“, antwortete er liebenswürdig. „Mahmoud wird dich heimfahren. Ich hole dich morgen um neun Uhr ab, und dann wird es ernst mit den Verhandlungen über Teppichpreise. Ich denke, in ein paar Tagen sollten wir hier in der Stadt alles geregelt haben, und dann fahre ich mit dir hinaus aufs Land. Einverstanden?“
„Oh ja, gut.“ Sie zögerte.
„Hast du noch etwas auf dem Herzen, Hannah?“, fragte er sanft.
„Nein, nichts. Auf Wiedersehen.“ Sie war völlig verwirrt.
„Für eine erwachsene, ausgeglichene Frau weißt du erstaunlich ungenau, was du willst“, neckte er sie lachend.
„Ich weiß sehr wohl, was ich will“, widersprach sie verärgert. „Und ich weiß ziemlich genau, was du im Sinn hast. Hör bitte auf, mich als zu erlegendes Freiwild zu betrachten, Khalil, und lass uns streng beim Geschäftlichen bleiben.“
Er warf ihr einen amüsierten Blick zu. „Wir werden unglaubliche Fortschritte machen, und mein Benehmen wird tadellos sein“, versprach er lachend.
Er hielt Wort. Aber anstatt erleichtert und beruhigt zu sein, fühlte Hannah sich während der nächsten Wochen seltsam enttäuscht und verstört. Jeder Morgen begann mit dem Gesang der Lerchen und dem betörenden Duft der Orangenblüten. Als Nächstes konnte sie dann Patrick hören, wie er leise singend im Nachbarhaus umherging. Jeden Tag wurde sie unruhiger und nervöser, wenn der Zeitpunkt näher rückte, zu dem Khalil erscheinen musste. Und jeden Morgen verbrachte sie eine lächerlich lange Zeit damit, sich zurechtzumachen. Sie wusste genau, was das bedeutete, aber sie konnte nichts dagegen tun.
Khalil verhielt sich ihr gegenüber so gleichmütig, dass sie mit Sicherheit annahm, er befriedige seine
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