Julia Gold Band 53
wiederholte sie etwas begriffsstutzig.
„Natürlich. Deshalb habe ich dich hergebracht.“
Hannah erstarrte. Das also hatte er die ganze Zeit im Sinn; er wollte sie hinter verschlossenen Türen gefangen halten.
7. KAPITEL
„Was hast du mit mir vor?“, fragte sie mit erstickter Stimme, als sie sich nun unaufhaltsam seinem burgartigen Haus immer mehr näherten und die Mauern immer höher und höher in den Himmel zu ragen schienen.
Sein leises Lachen ließ sie erschauern. Seine Hand glitt höher und umfasste besitzergreifend die Rundung ihrer Brust.
„Das müsste doch mittlerweile deutlich genug sein, Hannah“, antwortete er mit dunkler Stimme.
„Nimm deine Hand weg“, fuhr sie ihn an. Sie war völlig verängstigt. All das Gerede von seiner Familie hatte nur dazu gedient, sie hierherzulocken. Er selbst hatte sich ja einmal damit gebrüstet, ein niederträchtiger Kerl zu sein. In der Zwischenzeit hatte sie ihn noch besser kennengelernt. Oh, Gott! Einmal in seiner eigenen, barbarischen, abgeschiedenen Welt, würde er in Windeseile die dünne Schicht Zivilisiertheit abstreifen, und niemand war weit und breit, den sie um Hilfe hätte bitten können, wenn er versuchte, ihr seinen Willen aufzuzwingen. Dies war sein Land, sein Volk.
Überraschenderweise nahm er seine Hand fort und ließ sie auf seinen Schenkel fallen. War das auch Teil seines ausgeklügelten Plans, gehörte es zu seiner Art der langsamen Folter?
„Hab keine Angst“, meinte er jetzt. „Es wird keine große Tortur. Meine Gäste sollen in meinem Haus nichts als Vergnügen und Freude erleben.“
Vergnügen! Lange Nächte der geschickten Verführungskünste? Unerträglich langsame Folter der Sinnlichkeit, in der er mit seinen Händen, seinen Lippen und seinen Augen die Frauen an den Rand des erotischen Irrsinns brachte? Hannah schluckte. Verzweifelt kämpfte sie gegen die aufsteigende Panik an.
„Wie zuvorkommend“, sagte sie dann sarkastisch. „Wenn du glaubst, dass ich genießen werde, was du planst, dann täuschst du dich.“
Khalil stieg von dem Maultier hinunter, reichte ihr höflich den Arm und schaute sie mit erstaunter und völlig verwirrter Miene an. Hannah schwang sich ohne Hilfe von ihrem Reittier und schob ihn beiseite, als er den Arm um ihre Schulter legen wollte.
„Schade, dass du so reserviert bist“, meinte er ruhig. „Ich habe gehofft, dass es nur ein Spiel war, um mir eine Freude zu machen.“
Sie wirbelte herum, außer sich vor Zorn. „Dich zu erfreuen?“, stieß sie hervor. „Dich erfreuen? Großer Gott! Du benimmst dich so abscheulich wie möglich, anschließend wochenlang charmant, harmlos und höflich, nur um mir dann das hier anzutun! Begreifst du nicht, dass ich jeden einzelnen Augenblick voller Ekel sein würde?“
„Hannah – ich will …“
„Nein! Ich nicht! Und wenn du versuchst, mich zu zwingen, werde ich mit aller Kraft Widerstand leisten!“
Er war zutiefst beleidigt. Jede Wärme war aus seiner Miene gewichen. Jetzt hatte sie vielleicht seine männliche Eitelkeit getroffen, aber wenigstens schien sein Verlangen verschwunden zu sein, und darüber war sie froh. Allerdings war die Kluft zwischen ihnen noch tiefer geworden, unüberwindlich, und das stimmte sie bei aller Erleichterung auch traurig.
Khalil deutete mit einer herrischen Geste auf das massive, eisenbeschlagene Tor der Kasbah. „Wir werden zu Mittag essen“, sagte er mit eisiger Stimme.
„Gefängnisrationen?“, meinte sie schnippisch.
Er atmete tief ein. „Geh mit deinen Beleidigungen nicht zu weit, Hannah“, drohte er. „Meine Selbstbeherrschung hat ihre Grenzen, und du treibst mich gefährlich weit. Hinein!“
Ihr blieb keine andere Wahl, und so schritt sie würdevoll in Richtung des Tores und wartete dort, während er eine kleine, eingelassene Tür öffnete. Zwei Diener kamen ihnen auf dem Innenhof entgegengelaufen, wurden jedoch von ihm ungeduldig weggeschickt. Dann schlug die Tür mit einem furchtbaren Geräusch der Endgültigkeit hinter Hannah zu.
Sie überquerten den gepflasterten Innenhof zwischen den einschüchternd hohen Mauern und betraten dann eine grün gekachelte Säulenhalle, die in einen großen Raum führte. Nach dem gleißenden Sonnenlicht brauchten Hannahs Augen eine gewisse Zeit, bevor sie im kühlen Dämmerlicht Einzelheiten der Einrichtung erkennen konnte.
Die traditionell marokkanische Ausstattung war ausgesuchter und kunstvoller als alles, was sie bisher gesehen hatte. Khalil musste wirklich ein
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