JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
Erfahrung zu wissen. Andererseits hatte auch er die harte Wirklichkeit in sehr jungen Jahren kennengelernt. „Es tut mir leid.“
„Lass Molly einfach in Ruhe. Und mich auch“, verlangte sie, und dann lief sie davon.
Dieses Mal setzte er ihr nicht nach. Er beobachtete nur, wie sie durch das Tor verschwand. Als er sie nicht mehr sehen konnte, richtete er die Aufmerksamkeit auf die Statue.
Mit einem Seufzen massierte er sich die verkrampften Nackenmuskeln. Der Colonel war nicht der Einzige, der den Kopf verloren hatte. Doch Nick klopfte darüber hinaus das Herz vor Angst.
Um Haaresbreite hätte er sich verliebt. Dabei hatte er der Liebe abgeschworen. Wie der Colonel war er seit langer Zeit lädiert. Doch was in ihm zerbrochen war, konnte von niemandem repariert werden. Nicht einmal von Colleen.
Der stürmische Wind hatte sich gelegt, doch schwere Wolken hingen noch immer am Himmel und ließen die Abenddämmerung früh hereinbrechen. Colleen eilte nach Hause. Ein Blick auf ihre Uhr verriet, dass sie das Abendessen verpasst hatte. Doch sie war gar nicht hungrig und auch nicht besonders erpicht darauf, ihrer Familie und den Hausgästen unter die Augen zu treten. Vor allem Abby hätte sofort gemerkt, dass etwas passiert war.
Wieder einmal hatte Colleen leichtsinnig gehandelt und sich verliebt, obwohl sie wusste, dass Nick seinen Charme nur als Mittel zum Zweck einsetzte. Hungerte sie dermaßen nach Aufmerksamkeit? War sie so verzweifelt? Eigentlich hielt sie sich inzwischen für erwachsener und klüger.
Momentan konnte sie sich selbst nicht ins Gesicht sehen, geschweige denn ihrer besten Freundin. Aus diesem Grund wollte sie umkehren, doch da bemerkte sie ein Paar vor der Haustür, das sich eng umschlungen küsste. Neugierig schlich sie näher, verborgen im Schatten der Büsche, die den Bürgersteig säumten.
Der Mann hob den Kopf. „Mary, bitte …“
Mary ? Meine Mutter? Mit großen Augen spähte Colleen durch das Gebüsch. Es war tatsächlich ihre Mutter! „Wallace, ich kann nicht. Ich habe Gäste.“ Wallace Schipper? Mein ehemaliger Englischlehrer ? „Ist Abby Hamilton immer noch da?“, fragte er. „Ja. Und Lara auch. Wir hoffen, dass sie für immer bleiben. Aber selbst wenn sie nicht da wären … Es geht auch um Rory.“
„Er weiß von uns?“
„Ich nehme es an. Aber ich habe es ihm nicht gesagt. Ich habe es keinem der Kinder erzählt.“
Der Druck hob sich ein wenig von Colleens Brust. Sie war also nicht die Einzige, die nicht in das Techtelmechtel eingeweiht war.
„Wir sind schon ein bisschen zu alt, um uns heimlich im Dunkeln herumzudrücken“, sagte er niedergeschlagen. „Ich will …“
„Dass du weißt, was du willst, ist mir klar.“
Er seufzte resigniert. „Aber du weißt nicht, was du willst.“
„Ich brauche noch etwas Zeit.“
Vielleicht braucht auch Nick nur etwas Zeit, um es sich anders zu überlegen und der Liebe und mir doch noch eine Chance zu geben. Vielleicht bin ich wirklich die Frau, die sein Herz erobern kann, wie Josh glaubt.
„Aber es ist doch schon acht Jahre her, Mary.“
Acht Jahre, seit ihr Ehemann in diesem Haus gestorben war, und doch trauerte Mary McClintock noch immer um ihn. So sehr hatte sie ihn geliebt.
Nick hat recht. Liebe führt nur zu Kummer. Colleen wollte nicht, dass er es sich anders überlegte, und sie wollte sich nicht auf ihn einlassen.
Sie kroch aus dem Gebüsch und ging zur Rückseite des Hauses, damit ihre Mutter sie nicht beim Lauschen ertappte. Und dann stieß sie im Garten auf ein anderes Paar, das allerdings keine Liebkosungen tauschte, sondern hitzig diskutierte. „Ich dachte immer, du wärst cool!“, rief Rory verärgert. „Ich dachte, du würdest mich nicht rumkommandieren wie alle anderen.“
„Alle? Oder nur Clayton?“, hakte Abby nach.
„Ganz besonders Clayton. Er führt sich auf wie mein Dad.“
„Das stimmt nicht. Dein Dad war einzigartig. Er war so …“
„Ich weiß“, unterbrach er verbittert. „Er war der tollste Kerl auf der Welt. Alle sagen das.“
„Kannst du dich denn nicht mehr an ihn erinnern?“
„Bloß ein bisschen. Ich war doch erst sechs.“
Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Das tut mir leid.“
Er schüttelte sie ab. „Ich will dein Mitleid nicht.“
„Es tut mir leid, dass dein Dad gestorben ist, aber ich habe kein Mitleid mit dir. Davon hast du selbst genug.“
„He!“, protestierte Rory pikiert.
„Ich bin neidisch auf dich. Du hattest immerhin sechs Jahre mit einem
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