JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
geliehen.“
„Nein, hätte sie nicht. Sie hatte eigene Pläne mit dem Auto. Sie wollte damit nach dem Examen die Stadt verlassen. Meinetwegen konnte sie die Ausbildung nicht abschließen, weil sie wegen mutwilliger Sachbeschädigung von der Schule geflogen ist. Aber sie behauptet, dass sie den Abschluss sowieso nicht geschafft hätte, weil sie an einer Aufmerksamkeitsstörung leidet.“ Colleen seufzte schwer. „Außerdem hatte ich damals noch gar keinen Führerschein. Ich war erst fünfzehn und wollte weglaufen.“
„Echt?“, fragte er mit großen Augen.
Ihr Gesicht glühte vor Verlegenheit.„Ich bin früher oft weggelaufen. Das weiß bloß keiner.“
„Doch. Ich weiß es. Ich kann mich erinnern. Du hast dich immer mit deinem Rucksack aus dem Haus geschlichen.“ Seine Augen glitzerten im Mondschein. „Ich hatte immer solche Angst, dass du nicht wiederkommst, aber du hast es immer getan.“
Sie nickte. „Weil ich nie weit genug gekommen bin. Deswegen habe ich Abbys Auto geklaut. Um es einmal richtig zu schaffen. Aber die Bremsen haben versagt, und ich bin im Park gelandet.“
„Und bist in den Colonel gerast.“
„Stimmt.“
„War es ein schlimmer Unfall?“
„Ja. Ich habe das Auto zu Schrott gefahren. Abby musste einen Bus nehmen, um die Stadt zu verlassen, und ich habe ihr meine ganzen Ersparnisse für die Fahrkarte gegeben.“
„Und den Colonel hast du auch zu Schrott gefahren.“
Colleen nickte.
„Ich kann mich an deine Beulen und Schrammen erinnern.“ Seine Stimme brach. „Du hast furchtbar ausgesehen.“
„So schlimm war ich gar nicht verletzt.“ Nicht körperlich. Aber emotional war etwas in ihr zerbrochen. „Ich hätte Abby nicht die Schuld auf sich nehmen lassen dürfen. Aber Dad war so krank, und sie wollte nicht, dass ich Probleme kriege. Ich hatte Glück, dass ich bei dem Unfall nicht getötet wurde.“
„Du hattest Glück, dass du eine Freundin wie Abby hattest.“
„Ja. Ich hätte angeklagt werden können. Autodiebstahl, Fahren ohne Führerschein, Gefährdung des Straßenverkehrs, Sachbeschädigung … Ich hätte mir das ganze Leben versauen können.“ Ihre Stimme brach. „Stattdessen habe ich Abbys versaut.“
„Sie hat mir erzählt, dass ihr Leben damals nicht so toll war. Aber sie hat was draus gemacht.“
„Das stimmt.“
„Und das hast du auch getan. Du bist jetzt fast so was wie ’ne Heilige.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin nur erwachsen geworden. Ich konnte gar nicht anders. Ich habe damals alles verloren. Dad ist gestorben. Molly und Brenna sind aufs College gegangen, Eric ist der Marine beigetreten, und Abby ist einfach verschwunden.“
„Und du hast dir die Schuld an allem gegeben“, vermutete Rory.
Es wunderte Colleen, wie einfühlsam er trotz seiner jungen Jahre war. „Es war wirklich meine Schuld. Ich war so verkorkst. Genau wie du jetzt.“
„He!“, protestierte er.
„Stimmt doch. Du trinkst, du rauchst, du treibst dich mit den falschen Kids rum. Du wirst genauso abstürzen wie ich. Aber du überlebst es vielleicht nicht.“ Eindringlich beschwor sie ihn: „Hör auf Abby! Ändere dein Leben, bevor es zu spät ist.“
Er wurde blass, doch er höhnte: „Bravo! Wie dramatisch!“
Sie lachte laut auf. Ihm fiel immer eine lässige Bemerkung ein, wie betroffen er auch sein mochte. Vielleicht war das der Grund dafür, dass niemandem aufgefallen war, wie schwer er den Tod seines Vaters nahm.
„Und jetzt spuckst du mich auch noch an“, behauptete er und wischte sich mit einer Hand über das Gesicht.
„Ich musste mir doch was einfallen lassen, damit du mir zuhörst.“
Ausnahmsweise ernst erwiderte er: „Ich habe dich gehört.“
„Tja, es gibt eben für alles ein erstes Mal.“
„Du hast ja auch noch nie so mit mir gesprochen.“
„Und von mir aus hat dieses Gespräch auch nie stattgefunden.“ Sie imitierte seine toughe Haltung und kniff die Augen zusammen. „Falls du endlich erwachsen wirst und dich nicht mehr wie ein kleiner Rabauke benimmst, dann schieb es nicht mir in die Schuhe, sondern sonst irgendwem.“ Sie schluckte schwer. „Mach es wie ich. Lass Abby die Schuld auf sich nehmen.“
„Gute Idee.“ Unverhofft umarmte er sie. „Mir ist egal, was du als Kind getan hast. Du bist trotzdem ’ne Heilige.“
Colleen drückte ihn an sich und klopfte ihm auf den Rücken. „Und du bist immer noch ein Dreikäsehoch.“
Als sie sich voneinander lösten, schimmerten bei beiden Tränen in den Augen.
„Kommst
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