JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
nachsetzen zu müssen. Bestimmt konnte er sich nicht vor Verehrerinnen retten.
Der Wind frischte auf. Ihre Haut, nackt abgesehen von den Shorts und der ärmellosen Bluse, kühlte aus. In der Ferne donnerte es. Sie musste aufhören, Spielchen mit Nick zu veranstalten. Sie sollte lieber nach Hause gehen, wie jedes Mal bisher, wenn sie weggelaufen war. Entschieden stieß sie sich von dem Baum ab – und landete direkt in seinen Armen.
Seine Augen leuchteten triumphierend. „Ich hab dich!“
Ihre kalte Haut erwärmte sich unter seinem Blick und seiner Berührung.
Er legte ihr die Hände auf die Schultern, strich ihr über die Arme und zog sie näher. „Du bist nicht besonders gut im Versteckspielen“, kritisierte er.
Ich hab es ja auch nie lernen müssen . Überwältigt von alten wie neuen Gefühlen, blinzelte sie brennende Tränen aus den Augen.
Das Grübchen erschien in seiner Wange, als er grinste. „Also, was kriege ich zur Belohnung dafür, dass ich dich erwischt habe?“
„Wieso?“
„Der Gewinner kassiert doch immer eine Belohnung. Wie wäre es mit einem Kuss?“
Er ließ ihr keine Zeit zu einer Antwort, senkte schon den Mund auf ihren. Galt die Belohnung ihm oder ihr? Sie fühlte sich wie die Siegerin, als sie die Lippen öffnete und seine Zunge mit ihrer spielte.
Schon schickte sie sich an, ihn tiefer in die Wälder zu ziehen, wo niemand sie stören konnte. Visionen von ihren nackten Körpern, eng umschlungen auf der Lichtung, reizten sie, verlockten sie.
Doch das letzte Mal, als sie einer solchen Versuchung nachgegeben hatte, war sie gedemütigt worden. Deshalb entzog sie sich seinen Armen. „Du hast mich noch nicht gefangen“, behauptete sie entschieden, auch wenn es gelogen war.
Nick starrte hinab auf seine ausgestreckten Arme, die plötzlich leer waren. Sie war ihm entflohen. Erneut. Er schmunzelte, statt sich darüber zu ärgern. Er fühlte sich lebendig wie schon lange nicht mehr. „Lauf lieber!“, rief er. „Denn wenn ich dich einhole …“ Was dann? Wollte er sie nie wieder loslassen? Der Gedanke verschlug ihm die Sprache.
„Du kriegst mich nicht!“, höhnte sie. „Du bist zu alt und zu langsam.“
„Alt?“, hakte er empört nach. „Du findest mich alt?“ Für sie war vermutlich jeder über dreißig alt.
„Und lahm!“
Er folgte ihrer Stimme, die von links aus dem Gebüsch kam. Ganz vorsichtig bewegte er sich, damit keine Zweige unter seinen Füßen knackten und er sich unbemerkt anschleichen konnte wie vorher, als sie so gedankenverloren in seinen Armen gelandet war.
Er zwängte sich durch das Unterholz. Nach einer Weile landete er unverhofft wieder im Park. Die Rasenfläche war leer, abgesehen von der Decke mit dem Picknickkorb. Es donnerte in der Ferne.
„Colleen!“, rief er mit rauer Stimme. Er suchte den Waldrand ab, sah aber nur Glühwürmchen vorübertaumeln. Dann hörte er in der Nähe der Statue ein Rascheln in den Büschen.
Die Gewächse waren verwildert, vermutlich um den Schaden am Stadtgründer zu vertuschen. Eine zierliche Frau konnte sich spielend dahinter verstecken. Nick schlich sich an, griff zwischen das dichte Blattwerk und erwischte Colleen an einer Schulter. Er hielt sie fest, während er sich durch das Gestrüpp zu ihr zwängte.
Sie zuckte vor Schmerz zusammen. Er lockerte den Griff. „Entschuldige.“
„Schon gut. Das war bloß ein Zweig.“
Er zog die Hand fort und sah einen roten Kratzer auf ihrer Schulter. Er senkte den Kopf und berührte die Stelle sanft mit den Lippen. „Es tut mir leid.“
„Du hast mir nicht wehgetan.“
Noch nicht …
Die unausgesprochenen Worte hingen zwischen ihnen. Sie teilten den Gedanken. Offensichtlich wusste sie, dass er ihr nicht geben konnte, was sie verdiente. Josh hatte sie gewarnt. Und doch war sie in den Park gekommen. Es deutete darauf hin, dass sie die Spielregeln akzeptierte.
Nick ließ die Lippen von ihrer Schulter zu ihrem Hals wandern und spürte ihren Puls pochen, vollkommen im Einklang mit seinem eigenen. Dieselbe Harmonie herrschte zwischen ihnen, wenn sie miteinander tanzten, spazieren gingen, redeten und lachten.
Und genau so wird es sein, wenn wir miteinander schlafen .
Doch das kam nicht in Frage. Nicht hier in diesem öffentlichen Park. Nicht irgendwo sonst. Niemals.
„Du hast nach mir gesucht“, wunderte Colleen sich atemlos.
Er forschte in ihrem Gesicht, in ihren Augen, die von Kummer und einer anrührenden Verletzlichkeit kündeten. Er zog sie näher, schloss die Arme
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