Julia Liebeskrimi Band 09
beteiligt sind, Sie und Ihre Crew eingeschlossen.“
„Ich heiße Sydney“, gab sie zurück, innerlich wutschnaubend angesichts dieser unverdienten Lektion, gleichwohl fest entschlossen, mit diesem holzköpfigen Ingenieur eine Arbeitsbeziehung zu schmieden.
„Sydney“, sagte er mit einem kurzen Nicken. „Dann sollten wir jetzt vielleicht zusehen, wie Sie in die Stadt zurückkommen.“
„Mir wäre es recht, wenn wir erst unser für acht angesetztes Gespräch führen könnten. Ich plane nämlich, heute Nachmittag mit den Dreharbeiten anzufangen, vorausgesetzt, das Licht hält, was es bis jetzt verspricht.“
Reece starrte sie über die Kühlerhaube des Jeeps hinweg ungläubig an. Heiliger Strohsack, war sie noch ganz bei Trost? Sie hatte eben die Nacht in einem Baum verbracht. Ihre ausgebeulte Armeehose und das gelbe T-Shirt ließen den Verdacht aufkommen, sie wären von jemand getragen worden, der im letzten Weltkrieg auf der Verliererseite stand. Die dunkelbraunen Haare hingen ihr verfilzt und strähnig ins Gesicht … ein bemerkenswertes Gesicht, wie er widerwillig einräumen musste, während er die großen grünen Augen, die hohen Wangenknochen und den Mund, der wahrscheinlich schon manch einen Mann um den Nachtschlaf gebracht hatte, betrachtete.
Aber nicht Reece. Nicht nach allem, was er über Sydney Scott gehört hatte. Dafür würde er verdammt noch mal sorgen. Das verräterische Ziehen in seinen Lenden war zähneknirschende Bewunderung für ihren Schneid, sonst nichts.
„Ganz wie Sie möchten. Dann gehen wir jetzt zur Tagesordnung über.“ Er holte sein Handy aus dem Jeep und warf es ihr zu. „Hier, solange ich die Straße absperre, sollten Sie aber wenigstens Ihren Assistenten anrufen und ihm sagen, dass Sie okay sind“, forderte er sie in reichlich mürrischem Ton auf.
Sydney seufzte innerlich auf, während sie zuschaute, wie ihr Retter davonstiefelte. Und mit diesem Miesepeter musste sie sich in den nächsten Wochen irgendwie arrangieren. Das konnte ja heiter werden.
Die Kühle, die ihr in dem Verwaltungsgebäude entgegenschlug, war eine angenehme Überraschung. Sydneys Augen brauchten einen Augenblick, um sich an das gedämpfte Licht zu gewöhnen, dann nahm sie den Becher entgegen, den Reece ihr hinhielt.
„Danke.“
„Sie sollten sich Ihren Dank besser aufheben, bis Sie den Inhalt getestet haben“, bemerkte er trocken. „Meine Leute schwören, dass man den Damm damit flicken kann, wenn der Zement knapp ist.“
Der Kaffee, der an Klärschlamm erinnerte, hatte zumindest genug Koffein, was es die Mühe wert machte, ihn zu schlucken.
„Da Sie gerade von Flicken sprechen, wann haben Sie denn vor, mit den Ausbesserungsarbeiten anzufangen?“
Er warf ihr wieder einen dieser sardonischen Blicke zu und deutete auf einen windigen Metallklappstuhl, der vor einem nicht minder windig wirkenden Schreibtisch stand. Sie nahm ihren Becher mit und stellte ihn in ehrfürchtiger Entfernung von den Skizzenblättern und Klappbrettern, die präzise auf dem Schreibtisch aufgereiht lagen, ab.
Henderson setzte sich ebenfalls, warf seinen Hut beiseite und fuhr sich mit den Fingern durch seine dichte schwarze Matte, bevor er eins der Klappbretter zu sich heranzog.
„Der Wasserstand hat heute Morgen um kurz nach sechs die Hälftemarke unterschritten.“
Sydney versuchte, im Kopf eine schnelle Berechnung anzustellen. Das Dorf lag auf einem Felsvorsprung etwa fünfzig Fuß über dem Flussbett. Wenn der Wasserspiegel des Staubeckens bis jetzt etwa um die Hälfte gesunken war, würde er die Ruinen wann erreichen? Um acht morgen früh? Um neun?
Himmel! Es gab einen Grund, warum sie im College regelmäßig die naturwissenschaftlichen Fächer geschwänzt hatte und immer einen wirklich guten Taschenrechner mit sich herumschleppte. Das Problem war nur, dass der genau in diesem Moment zusammen mit ihrer Handtasche in dem Autowrack schlummerte.
„Wann kann ich damit rechnen, die Ruinen zu sehen?“
„Wenn wir nicht noch mehr solche Gewitter wie letzte Nacht bekommen, müsste das Staubecken eigentlich bis morgen Mittag die Höhe des Flusswasserstands erreicht haben. Der Felsvorsprung mit den Ruinen liegt ungefähr fünfzig Fuß über dem Flussbett. Meinen Berechnungen zufolge wird das Dorf um 9.24 Uhr anfangen aufzutauchen.“
„Aha, um neun Uhr vierundzwanzig also. Und ganz bestimmt nicht um 9.23 Uhr, nein? Ich könnte diese zusätzliche Minute nämlich vielleicht brauchen.“
Es sah nicht so aus, als
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