Julia Liebeskrimi Band 09
aufgenommen hätte. Aber egal, was sie bis jetzt mit der Auftauchsequenz und dem Regenbogen und den Nahaufnahmen vom Dorf hatten, war gut. Verdammt gut.
Nachdem sie im Motel angelangt waren, kam Albert aus seinem Zimmer, bat, ihn wegen Müdigkeit zu entschuldigen, und zog sich wieder zurück. Zack und Katie verschwanden zum nächsten McDonald’s, der sechsunddreißig Meilen entfernt war.
Sydney und Tish beschlossen, sich die Ausbeute des Tages anzuschauen. Bei halb offener Tür, damit die frische Nachtluft ins Zimmer kam, setzten sie sich mit Shorts und T-Shirts bekleidet im Schneidersitz auf den Fußboden in Sydneys Zimmer. Sie ließen die Videobänder laufen, spulten zurück und schauten sich die Aufnahmen ein zweites, drittes und viertes Mal an, wobei sie sich eifrig Notizen machten, welches die beste Einstellung war.
„Da! Halt mal an!“ Sydney beugte sich nach vorn, um sich eine Stoppnummer vom Videorekorder abzuschreiben. „Diese Einstellung des Turms möchte ich als Hintergrund nehmen, wenn wir die Legende von der weinenden Frau erzählen.“
„Wer erzählt sie eigentlich?“, wollte Tish wissen, während sie sich die Nummer ebenfalls aufschrieb.
„Eigentlich wollte ich mir einen Sprecher suchen, wenn wir nach L. A. zurückkommen, aber …“
„Aber was?“
Sydney klopfte mit ihrem Stift auf ihr Knie. „Aber jetzt denke ich darüber nach, ob ich nicht vielleicht Reece Henderson dazu überreden könnte. Er hat genau die Stimme, nach der ich suche. Wie rauer Samt, einfach traumhaft.“
Die Kamerafrau schnaubte. „Wenn ich nicht verheiratet wäre, wüsste ich mit einem Mann wie Reece Henderson weiß Gott etwas Besseres anzufangen, als mir von ihm nur etwas vorlesen zu lassen.“
„An mehr ist er nicht interessiert.“
„Woher weißt du das?“
„Ich habe ihn zum Essen eingeladen“, gestand Sydney mit einem trockenen Grinsen. „Er hat mich abblitzen lassen.“
„Er hat dich abblitzen lassen? Hm. Das heißt, er ist entweder A, verlobt, B … verheiratet, C … schwul oder D, in seine Großmutter verliebt.“
„Nach dem, was er sagt, ist es weder A noch B, und dem Kuss nach zu urteilen, den er mir kürzlich gegeben hat, bin ich mir sehr sicher, dass es C auch nicht ist. Was D anbelangt, bin ich überfragt.“
„Nur zu Ihrer Information“, kam die rausamtige Stimme durch die Tür, „es ist keines der oben genannten, sondern E.“
Tishs Kopf fuhr herum. Sydney stöhnte auf und schloss die Augen.
„Sag, dass es nicht er ist“, flehte sie.
„Tut mir leid, Syd, das kann ich nicht.“ Die tiefe Altstimme der Kamerafrau vibrierte vor Lachen. „Hallo, Reece. Möchten Sie nicht hereinkommen und sich an unserer Unterhaltung beteiligen?“
„Nicht unbedingt. Ich bin nur vorbeigekommen, um Ihrer Chefin für die morgigen Dreharbeiten das Okay zu geben.“
Tish gab Sydney einen Stoß in die Rippen. „Hast du das gehört, Syd?“
„Ja.“ Sydney öffnete ihre Augen einen Spalt, um ihrer Freundin einen finsteren Blick zuzuwerfen, bevor sie ihre Beine entwirrte und sich anschickte aufzustehen.
„Und um Ihr Angebot anzunehmen“, fügte Reece beiläufig hinzu. „Steht es noch?“
Sydney wäre fast wieder zurückgeplumpst. Reese’ Anblick auf der Schwelle, sein schwarzes, vom Wind zerzaustes Haar und diese blauen Augen, die vor Belustigung funkelten, waren keine große Hilfe bei dem Unterfangen, ihre Fassung wiederzufinden.
„Äh … ja, ich denke schon.“
Oh, das war brillant! Sie riss sich zusammen und setzte ein strahlendes Lächeln auf.
„Ja, natürlich steht es noch. Wann haben Sie denn Lust? Mit mir zu Abend zu essen?“, fügte sie umgehend hinzu, aber nicht schnell genug, um Tishs Kichern verhindern zu können.
Diese anbetungswürdigen Schultern hoben sich. „Haben Sie schon gegessen?“
Sydney schaute ihn verständnislos an. Sie hätte auf Anfrage jede einzelne Kameraeinstellung des Tages nennen können, wie viele Meter Film sie verbraucht hatten, ja selbst die Kosten pro Minute für den heutigen Tag hätte sie im Kopf schnell überschlagen können. Aber um sich an so profane Dinge wie Essen zu erinnern, brauchte sie einen Moment.
„Nein, hat sie nicht“, warf Tish ein und stand auf. „Sie hat sich gleich nach unserer Rückkehr an die Arbeit gemacht. Und das Mittagessen hat sie auch ausfallen lassen.“
Sydney, die sich noch immer nicht ganz gefasst hatte, wies die allzu hilfreiche Freundin darauf hin, dass sie ebenfalls noch nichts gegessen hatte. „Warum
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