Julia Liebeskrimi Band 09
nieder. Er war in dieser Nacht schon zum zweiten Mal aufgestanden, um nachzusehen, ob Hope auch wirklich sicher in ihrem Bett lag und schlief.
Mary gab im Schlaf ein leises Stöhnen von sich und murmelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin, doch Daniel brauchte auch gar nichts zu verstehen, weil er die Ursache ihrer Unruhe ohnehin kannte. Als sie ihm heute Abend von dem Fremden erzählt hatte, der Hope angesprochen hatte, war ihm das Beben in ihrer Stimme und das Zittern ihrer Hände nicht entgangen.
Er seufzte, dann streckte er sich neben ihr aus und zog sie an sich.
„Sei ganz ruhig, mein Liebling“, flüsterte er und schmiegte sich an ihren Rücken. „Es ist alles gut. Schlaf einfach weiter.“
Innerhalb von Sekunden spürte er, wie sie sich entspannte, und kurz darauf hörte er ihre regelmäßigen Atemzüge. Und wenn er es jetzt selbst auch schaffte, seinem eigenen Rat zu folgen, würden sie vielleicht beide noch ein bisschen Schlaf bekommen.
Detective Reese Arnaud schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein, dann marschierte er zu seinem Schreibtisch zurück, um seine Unterlagen zu holen. Die letzte Nacht war für hiesige Verhältnisse eine ruhige Nacht gewesen. Ein tödlicher Unfall mit Fahrerflucht, eine Prostituierte, die vorgab, überfallen und vergewaltigt worden zu sein, und drei Raubüberfälle.
Obwohl er liebend gern die ganze Nacht in der Hölle verbracht hätte, wenn dadurch seine Chancen gestiegen wären, die beiden kleinen Mädchen zu finden, die seit letztem Monat vermisst wurden. Amy Anne Fountain und Justine Marchand, sechs beziehungsweise sieben Jahre alt. Ihre Eltern riefen täglich an, um sich nach dem neuesten Stand der Ermittlungen zu erkundigen, und jeden Tag musste er ihnen aufs Neue sagen, dass sie immer noch nicht alle Spuren ausgewertet hatten. Obwohl die deprimierende Wahrheit war, dass es überhaupt keine neuen Spuren gab. Die Polizei hatte nicht den geringsten Hinweis darauf, was mit den beiden Mädchen passiert war.
Wenig später nahm er seine Tasse mit in die Morgenbesprechung der Task Force. Als Ermittlungsleiter trug Reese letztendlich die Verantwortung, was bedeutete, dass man ihn am Ende für den Erfolg der Operation ebenso verantwortlich machen würde wie für ihr Scheitern. Und das machte ihn ebenfalls ganz krank.
Als er den Raum betrat, wanderte sein Blick unweigerlich zu den Fotos der beiden vermissten Mädchen. Ihre unschuldigen Gesichter waren der Stoff, aus dem seine derzeitigen Albträume gemacht waren. Wie wahnsinnig musste man sein, um sich an kleinen Kindern zu vergreifen?
„Was haben wir?“, fragte er. „Und jetzt will ich um Himmels willen endlich mal eine gute Nachricht hören.“
„Bedaure, Arnaud, aber damit kann leider niemand dienen.“
„Verdammt, ich habs ja befürchtet. Na schön, dann schießt schon los, was gibt es sonst Neues?“
„Also … wir sind uns nicht ganz sicher, ob es irgendetwas mit dem Fall zu tun hat, aber die Rektorin der Robert-E.-Lee-Grundschule hat Anzeige gegen unbekannt erstattet, weil sich gestern Nachmittag ein fremder Mann auf dem Gelände der Schule herumgetrieben hat.“
Arnaud war sofort wie elektrisiert. „Kann ihn irgendwer beschreiben?“
„Nur das Kind, mit dem er gesprochen hat.“
„Und das war nicht zufällig ein kleines Mädchen?“
„Doch, soweit ich weiß, schon. Moment mal … ja, richtig, hier steht es. Hope O’Rourke, sechs Jahre alt. Ihre Eltern sind Daniel und Mary O’Rourke.“
Arnaud fühlte Übelkeit in sich aufsteigen. O Gott … bitte nicht Hope. Hope O’Rourke war ein niedliches kleines Mädchen und zufälligerweise die beste Freundin seiner Tochter.
„Allmächtiger“, murmelte Arnaud. Plötzlich erschien ihm das alles ganz schrecklich nah.
Der Detective, der eben gesprochen hatte, schaute überrascht auf.
„Kennen Sie das Mädchen?“
„Sie ist Mollys beste Freundin und hat schon mehr als eine Nacht in meinem Haus verbracht.“
„Mann … das ist ja schrecklich“, sagte der Detective. „Was wollen Sie jetzt tun?“
Nachdem Daniels Sekretärin angeklopft hatte, steckte sie den Kopf ins Zimmer. „Ich weiß, dass Sie nicht gestört werden wollen, aber auf Leitung zwei ist ein Polizist, der Sie dringend sprechen möchte.“
Daniel nickte, dann nahm er ab und meldete sich.
„Daniel … hier ist Reese Arnaud. Wir müssen uns unterhalten.“
„Was gibt’s denn?“, fragte Daniel erstaunt.
„Wie wir erfahren haben, wurde Ihre Tochter gestern Nachmittag auf
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