Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
wies sie Penny an: „Nimm ein Kosmetiktuch und tupf dir damit kurz die Lippen ab.“ Penny tat es und lehnte sich dann vor, um sich im Spiegel zu betrachten.
Die Frau, die ihr entgegenblickte war … hübsch. Lidschatten und Mascara ließen ihre Augen noch größer und blauer aussehen und auch ein bisschen geheimnisvoll. Ihre Haut war makellos wie Porzellan, und das geschickt aufgetragene Rouge ließ ihre Wangenknochen noch höher wirken.
„O mein Gott“, flüsterte sie. „Wer ist diese Frau, und was ist mit Penny Doyle geschehen?“
„Bin ich eine Künstlerin oder nicht? Und jetzt müssen wir zusehen, dass du in dein Party-Outfit kommst.“
Das Kleid hing in einem schützenden Plastiksack an ihrer Schlafzimmertür. Crystal nahm es heraus und hielt Penny den silbernen Traum hin, so dass sie nur noch hineinschlüpfen musste. Sie drehte sich um und ließ Crystal den Reißverschluss schließen. Dann nahm sie ihre silbernen Sandalen mit den hohen Absätzen aus dem Karton, zog sie an und begutachtete sich schließlich vor den Spiegeltüren zu ihrem Wandschrank.
„Unglaublich“, stieß sie hervor, während sie sich von allen Seiten betrachtete.
Crystal stand hinter ihr und lächelte. „Du siehst umwerfend aus.“
„Ich sehe auf jeden Fall nicht mehr wie ich selbst aus.“
Das Kleid war langärmlig und hochgeschlossen – ein Zugeständnis an die konservativen Kleidervorschriften in El Zafir. Aber das fließend weiche Material war mit Silberfäden durchwebt und funkelte genauso brillant wie die Kronleuchter des Ballsaals. Unwillkürlich fragte Penny sich, was Rafiq dazu sagen würde, wenn er sie sah.
Crystal trat auf sie zu und machte ein Kreuz vor Pennys Gesicht. „Geh, mein Kind. Fliege. Sei frei. Lass dein Herz leicht und unbeschwert sein, oder so ähnlich …“
Penny lachte. „Ich glaube, die Düfte von der Kosmetik sind dir zu Kopf gestiegen.“
„Und Hals- und Beinbruch“, fügte ihre Freundin noch hinzu.
„Genug“, stöhnte Penny, während sie zum Bett hinüberging, um dort nach ihrer kleinen, silbernen Abendtasche zu greifen. „Ich denke, ich hatte jetzt so viele gute Wünsche von dir, wie dieses arme, alte Herz vertragen kann. Ich wünschte, du würdest mitkommen.“
„Ich werde die Kinder beaufsichtigen, weil Fariq heute Abend bei dem Ball anwesend sein muss. Er ist jetzt gerade bei Hana und Nuri. Sie waren so enttäuscht, dass sie nicht mitkommen dürfen, dass ich ihnen eine Überraschung versprechen musste.“
„Du bist wirklich eine echte gute Fee.“
„Ich gebe mein Bestes. Jetzt geh. Ruiniere dein Make-up nicht, indem du dir Sorgen machst. Du siehst toll aus.“ Dann schaute Crystal sie ernst und nachdenklich an. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Abend dein Leben verändern wird.“
Penny konnte darauf nichts erwidern. Ihr Herz zog sich zusammen, und ihr Hals verengte sich. Dann nickte sie, drückte die Hand ihrer Freundin und ging.
Sie wollte ihr Leben nicht verändern. Wenn es tatsächlich gute Feen gab, die Wünsche erfüllten, dann wollte sie nur Rafiq und seine Familie stolz machen.
9. KAPITEL
Rafiq starrte die Erscheinung im Türrahmen an. Penny war in den Ballsaal gekommen, als sich die meisten Gäste zu einem ersten Willkommenstrunk versammelten. Nach dem Abendessen würden der Tanz und die Wohltätigkeitsversteigerung beginnen. Alles in allem hatte er ein gutes Gefühl, was den Ausgang der Veranstaltung anging. Schon die Karten für das exklusive Ereignis waren teuer gewesen und kamen in vollem Umfang dem karitativen Zweck zugute. Das zusammen mit den Versteigerungen und Spenden sollte eine gehörige Summe einbringen. Und Pennys Hilfe im Vorfeld war unschätzbar gewesen.
Er hatte ihre Anwesenheit in dem Moment gespürt, als sie den Saal betreten hatte, so als wäre sein männliches Radar ausschließlich auf ihre weibliche Frequenz ausgerichtet. Die verführerische Figur, die da am Eingang stand, war in der Tat Penny Doyle, doch in diesem Augenblick glich sie eher einer Prinzessin.
Sie raubte ihm den Atem.
Sein Herz setzte bei ihrem Anblick einen Moment aus, um dann nur umso schneller zu rasen. Während er zu ihr hinübersah, bemerkte er, wie ein Mann zu Penny trat, der nur wenige Jahre älter war als sie selbst. Sie strahlte ihn an und war schon bald in ein Gespräch mit ihm verwickelt. Spannung verkrampfte Rafiqs Inneres, während er die Szene wie durch einen dichten Nebel wahrnahm.
Rasch durchquerte er den Saal und stand kurz darauf neben Penny, die
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