Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
ist?“, fragte sie verzweifelt. „Ishaq, was habe ich getan?“
Er lächelte, halb verächtlich, halb bewundernd, und schüttelte den Kopf. „Du bist unglaublich“, erklärte er. „Ich frage mich, wo du das wohl gelernt hast.“
Sie war total verblüfft. Verdächtigte er sie etwa, einen Geliebten zu haben? Hatte sie einen? Nein, was immer er von ihr glauben mochte, was immer geschehen sein mochte, sie wusste ganz sicher, dass sie nicht fähig wäre, sich in einen anderen zu verlieben, solange sie das Kind ihres Mannes unter dem Herzen trug.
„Von dir, nehme ich an“, entgegnete sie, aber er tat ihre Antwort mit einem so geringschätzigen Heben der Augenbrauen ab, dass sie verstummte. „Sag mir, warum du nicht mit mir schlafen willst“, fragte sie, nachdem sie sich einigermaßen wieder gefangen hatte.
„Aber du hast doch gerade erst entbunden, Anna. Wir müssen uns beherrschen, oder etwa nicht?“
Überrascht trat sie einen Schritt zurück. „Oh! Ja, ich …“ Aber er könnte sie doch wenigstens zärtlich küssen und in die Arme nehmen. Aber vielleicht war ja gerade das das Problem zwischen ihnen. Vielleicht war er einer der Männer, die ihre Frau nur berührten, wenn sie Sex wollten. Das wäre furchtbar.
„Wenn ich mich doch nur erinnern könnte!“, rief sie verzweifelt.
Wortlos hielt er ihr die Pyjamajacke auf, damit sie hineinschlüpfen konnte. Inzwischen schien er sich wieder völlig unter Kontrolle zu haben. Er verhielt sich so unverbindlich wie ein Steward. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Merkwürdig, wie klein meine Brüste sind, dachte Anna. Beim letzten Mal hatten sie sich während der Schwangerschaft doch vergrößert, oder nicht? Aber das lag alles weit zurück.
„Glaubst du, die Erinnerung wird zurückkommen?“, flüsterte sie, während er ihr den Pyjama zuknöpfte. Es war ihr unbegreiflich, dass sie wegen eines Babys, das vor zwei Jahren gestorben war, einen so tiefen Schmerz empfand, sich aber nicht an die Geburt ihrer wundervollen kleinen Tochter erinnerte, die so lebendig war und die gerade schrie, was sie trotz des Brummens der Flugzeugmotoren genau hörte.
„Ich bin sicher“, gab Ishaq zurück.
„Das Muttermal hat sich wohl vererbt.“ Lächelnd berührte Anna die Stelle an seinem Auge. „Passiert das immer?“
Ishaq war beim letzten Knopf der Pyjamajacke angelangt und hob den Kopf. „Worauf willst du hinaus? Es ist das Kennzeichen der Ahmadis. Es beweist, dass Safiyah und ich gemeinsame Vorfahren haben.“
„Dachtest du, ich hätte einen Geliebten? Dachtest du, das Kind wäre von einem anderen?“
Sein Blick wurde noch abweisender und düsterer. Offenbar hatte sie einen wunden Punkt getroffen. „Das weißt du doch wirklich selbst, oder?“
Sein Misstrauen machte sie wütend. „Du lässt kaum einen Zweifel daran, dass du das dachtest. Doch jetzt, da der Beweis erbracht ist, dass du dich geirrt hast, was denkst du jetzt, Ishaq?“
„Ich soll mich geirrt haben?“, begann er, brach jedoch ab, als er sich herabbeugte, um ihr die Wildlederjeans von den Beinen zu streifen. Sein volles, gelocktes, schwarzes Haar glänzte bläulich im Schein der Lampen. Mühsam unterdrückte sie das Verlangen, mit den Fingern hindurchzufahren.
Die Pyjamahose war ihr viel zu groß, es war offensichtlich ein Herrenpyjama. „Wieso gibt es hier keinen passenden Pyjama für mich?“, fragte sie.
„Vielleicht deshalb, weil du normalerweise keine Pyjamas trägst.“
Ein Schauer überlief sie bei der Vorstellung, dass sie nackt neben ihm gelegen hatte. Sie fragte sich, was für köstliche Erinnerungen sie wohl verloren hatte. „Du aber schon?“
„Ich fliege oft allein“, erklärte er.
Auf einmal wurde ihr bewusst, dass er die ganze Zeit über absolut nichts über sich preisgegeben hatte. Fast auf alle ihrer Fragen hatte er nur vage, mit einer Gegenfrage oder überhaupt nicht geantwortet. Warum?, überlegte sie verwundert, war aber viel zu müde, um weiter darüber nachzudenken.
Er wies auf das Bett und forderte sie mit einer stummen Geste auf, sich hinzulegen.
Gehorsam schlüpfte sie unter die Decke. „Das tut gut“, murmelte sie, als sie lang ausgestreckt auf dem Rücken lag.
Ishaq wollte die Lampe neben dem Bett ausschalten, doch Anna legte ihre Hand auf seine. „Bring mir das Baby“, bat sie ihn.
„Du bist viel zu müde, und das Baby schläft doch.“
„Aber ich habe es schreien hören. Vielleicht hat es Hunger.“
„Die Kinderschwester kümmert sich
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