Julia Quinn
stieß sie hervor, »musst du immer so etwas ...«
»Reden Sie mit mir?« erkundigte er
sich und gab sich dabei noch nicht einmal Mühe, sein gönnerhaftes Grinsen zu
verbergen.
Das Einzige, was ihr übrig blieb,
war Unerschrockenheit. »Meine Entgleisung ist mir sehr peinlich, Mr.
Ravenscroft.«
»Tatsächlich? Das war mir gar nicht
aufgefallen.«
»Und wenn Sie auch nur ein winziges
bisschen von einem Gentleman in sich hätten«, erwiderte sie zähneknirschend, »dann
würden Sie ...«
»Aber ich bin nicht immer ein
Gentleman«, unterbrach er sie. »Nur, wenn es mir gefällt.«
Und ganz offenbar gefiel es ihm im
Augenblick nicht. Sie murmelte etwas Unverständliches,
dann ergriff sie wieder das Wort. »Mir kam die Idee, dass wir nach draußen
gehen könnten und die Höhe der Fenster hier mit denen in Prewitt Hall
vergleichen könnten.«
Blake stieß sich vom Tisch ab und
kam zu ihr. »Das ist ein vorzüglicher Einfall, Caroline.« Er bot ihr seinen
Arm. »Brauchen Sie Hilfe?«
Nach ihrer entwürdigenden Reaktion
auf seinen Kuss vor ein paar Tagen war Caroline der Ansicht, dass ihn zu
berühren grundsätzlich keine gute Idee war. Da eine Verlautbarung dieser
Meinung ihr jedoch eine noch größere Verlegenheit beschert hätte, nahm sie
davon Abstand und verkündete lediglich: »Nein danke. Ich bin mit diesem
Gehstock mittlerweile sehr geschickt.«
»Ach, ja. Der Stock. Er sieht mir
verdächtig nach einem antiken Stück aus, das mein Onkel George aus dem Orient
mitgebracht hat. Wo haben Sie ihn her?«
»Perriwick hat ihn mir gegeben.«
Blake schüttelte den Kopf, während
er ihr mit einer Hand die Tür aufhielt. »Das hätte ich mir denken können.
Perriwick würde Ihnen die Besitzurkunde für dieses Haus geben, wenn er
wüsste, wo ich sie aufbewahre.«
Sie warf ihm über die Schulter ein
übermütiges Lächeln zu, als sie an ihm vorbei in die Halle humpelte. »Wo,
sagten Sie, ist sie zu finden?«
»Gerissenes Biest. Ich habe sie in
der Sekunde, in der Sie Ihren Fuß über die Schwelle dieses Hauses gesetzt
haben, weggeschlossen und den Schlüssel seither wohl verwahrt.«
Caroline blieb der Mund offen
stehen; erst war sie entsetzt, doch dann musste sie lachen. »Trauen Sie mir so
wenig?«
»Ihnen traue ich doch. Was dagegen
Perriwick angeht ...«
Zu dem Zeitpunkt, als sie durch die
Hintertür den Garten betraten, kicherte Caroline so heftig, dass sie sich kurz
auf die Steinstufen setzen musste. »Sie müssen zugeben«, erklärte sie mit
einer allumfassenden Handbewegung, »dass der Rosengarten großartig aussieht.«
»Das muss ich vermutlich wirklich.«
Sein Tonfall war halb mürrisch, halb belustigt, und Caroline schloss daraus,
dass er ihr nicht mehr böse war.
»Ich weiß, dass es erst zwei Tage
her ist«, bemerkte sie, und musterte die Pflanzen flüchtig, »aber ich bin
überzeugt, die Blumen sehen an ihren neuen Plätzen schon viel kräftiger aus.«
Als sie zu Blake hochschaute, zeigte sein Gesicht einen seltsam zärtlichen Ausdruck.
Ihr wurde warm ums Herz, und plötzlich wurde sie von Schüchternheit überwältigt. »Lassen Sie uns die Fenster ansehen«, sagte sie rasch und erhob sich
behände. Sie hinkte über den Rasen und blieb vor dem Fenster zum Arbeitszimmer
stehen, um es genauer zu betrachten.
Blake beobachtete sie, wie sie den
Kopf schief legte, um den Abstand zum Boden einzuschätzen. Ihr Gesicht hatte in
der frischen Morgenluft einen gesunden rosigen Schimmer angenommen, und ihr
hellbraunes Haar glänzte in der Sommersonne beinahe blond. Sie sah so verdammt
ernsthaft und unschuldig aus, dass es ihm das Herz abdrückte.
Sie hatte ihm gesagt, er müsse
häufiger lachen. Sie hatte Recht, wurde ihm klar. Es war ein wundervolles
Gefühl gewesen, mit ihr heute Morgen zu lachen. Aber das war nicht mit der
Freude zu vergleichen, die es ihm bereitet hatte, als er sie zum Lachen
gebracht hatte. Es war so lange her, seit er zum letzten Mal das Leben eines
anderen fröhlicher gemacht hatte, dass er vergessen hatte, was für ein gutes
Gefühl das war.
Es lag ein gewisses Maß an
persönlicher Freiheit darin, sich von Zeit zu Zeit zu gestatten, einfach ein
bisschen albern zu sein. Blake beschloss, das nicht wieder zu vergessen, wenn
er erst einmal seine Bande zum Kriegsministerium durchtrennt hatte. Vielleicht
war es wirklich an der Zeit, damit aufzuhören, immer so verflixt ernst zu sein.
Vielleicht war es wirklich an der Zeit, sich selbst ein bisschen Spaß zu
gönnen. Vielleicht
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