Julia Quinn
verletzt, sonst nichts!«
»Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
Es war gar nicht so einfach bei dem sperrigen Kostüm, aber schließlich stand
die Dame doch wieder auf den Füßen.
»Es tut mir schrecklich Leid, dass
ich in Sie hineingelaufen bin«, entschuldigte sie sich. »Aber ich war
schon so spät dran und wusste, dass mein Mann unten bestimmt bereits ungeduldig
wird ...«
»Halb so schlimm, wirklich«,
versicherte Elizabeth. »Wissen Sie, im Grunde bin ich Ihnen sogar dankbar. Das
ist wahrscheinlich das erste Mal, dass nicht ich einen solchen Unfall
verursacht habe. Ich bin nämlich entsetzlich ungeschickt.«
Ihre neue Freundin lachte. »Nachdem
wir uns also auf so ungewöhnliche Weise begegnet sind,
erlauben Sie mir, so unkonventionell zu sein und mich Ihnen einfach vorzustellen. Ich bin Mrs. Blake Ravenscroft, aber ich wäre gekränkt, wenn Sie mich
nicht Caroline nennen würden!«
»Und ich bin Miss Elizabeth
Hotchkiss, die Gesellschaftsdame von Lady Danbury.«
»Gütiger Gott, wirklich? Ich habe
gehört, sie kann ein richtiger Drachen sein!«
»Unter der rauen Schale verbirgt
sich ein weicher Kern, ich mag sie sehr. Doch zum Feind möchte ich sie nicht
haben.«
Caroline nickte und betastete ihre
Frisur. »Bin ich sehr zerzaust?«
»Nicht mehr, als man von einem
Kürbis erwarten würde!«
»Ja, ich nehme auch an, Kürbisse
dürfen es sich leisten, etwas legerer auszusehen!«
Elizabeth musste erneut lachen,
diese Frau war ihr mehr als sympathisch.
Caroline streckte den Arm aus.
»Wollen wir nach unten gehen?« Elizabeth nickte, und gemeinsam gingen sie
zur Treppe. »Wissen Sie, Sie haben wirklich meinen ganzen Respekt«, meinte
Caroline und hob lachend wie zum Salut ihre Maske hoch. »Mein Mann war als Kind
oft hier, und er behauptet, immer noch Angst vor Lady Danbury zu haben.«
»War Ihr
Mann mit ihren Kindern befreundet?«
»Nein, eigentlich mit ihrem Neffen,
dem Marquis of Riverdale. Ich hoffe sehr, dass er heute Abend auch hier ist.
Eingeladen ist er bestimmt. Haben Sie ihn schon einmal kennen gelernt?«
»Nein, aber erst letzte Woche hat
man mir von ihm erzählt.«
»Ach ja?« Vorsichtig begann
Caroline, die Stufen hinunterzusteigen. »Was macht er denn so? Ich habe schon
seit über einem Monat nichts mehr von ihm gehört.«
»Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Lady Danbury gab letzte Woche eine kleine Gartenparty, und da schickte er wohl
eine Nachricht an einen der Gäste und bat ihn, umgehend nach London zu
kommen.«
»Nein, so
etwas! Das sieht James ähnlich.«
Elizabeth musste bei der Nennung
dieses Namens lächeln. Sie hatte ihren eigenen James und konnte es kaum
erwarten, ihn endlich wieder zu sehen.
Caroline blieb stehen und sah
Elizabeth voll freundschaftlicher Neugier an. »Und wem galt das?«
»Was denn?«
»Dieses Lächeln! Streiten Sie es
nicht ab, ich habe es genau gesehen!«
»Ach so.« Elizabeths Wangen
wurden warm. »Nun, ich habe einen Verehrer, der ebenfalls James heißt.«
»Wirklich?« Carolines blaue
Augen funkelten verschmitzt. »Sie müssen ihn mir unbedingt vorstellen!«
»Er ist leider nicht hier. Er ist
Lady Danburys neuer Verwalter und musste vor kurzem dringend nach London reisen. Eine Familienangelegenheit, glaube ich.«
»Wie schade. Ich habe das Gefühl,
dass wir beide bereits gute Freundinnen sind. Ich hätte ihn gern kennen
gelernt.«
Elizabeth war gerührt. »Wie lieb von
Ihnen, das zu sagen.«
»Meinen Sie das im Ernst? Ich bin so
froh, dass Sie mich nicht für zu vorlaut halten. Ich bin nicht in der gehobenen
Gesellschaft groß geworden und habe die schreckliche Angewohnheit, loszureden,
ohne vorher nachzudenken. Meinen Mann macht das wahnsinnig!«
»Ich bin sicher, er betet Sie
an.«
Carolines Augen leuchteten, und
Elizabeth begriff, dass sie wohl eine Liebesehe geschlossen hatte. »Ich habe
mich so verspätet, dass er mir wahrscheinlich den Hals umdreht«, gab
Caroline zu. »Er macht sich immer so schnell Sorgen um mich.«
»Dann sollten wir uns wohl lieber
beeilen.«
»Ich kann es kaum abwarten, Sie mit
Blake bekannt zu machen!«
»Das wäre wundervoll, aber zuerst
muss ich Lady Danbury suchen und sichergehen, dass sie mich nicht braucht.«
»Ja, da ruft wohl die Pflicht. Aber
Sie müssen mir versprechen, dass wir uns nachher wieder sehen!« Caroline
lächelte trocken und zeigte auf ihr Kostüm. »Man kann mich in der Menge sicher
ziemlich leicht erkennen!«
Sie waren am Fuß der Treppe
angekommen. Elizabeth entzog Caroline ihren Arm.
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