Julia Quinn
»Versprochen!« Sie winkte
und lächelte ihr noch einmal zu, dann
eilte sie davon. Lady Danbury stand bestimmt am Gartenportal des Ballsaals und
begrüßte die Gäste.
»Was zum Teufel ...« Fluchend ritt
James an den zahllosen Kutschen vorbei, die langsam auf Danbury House zu rollten.
Der Maskenball. Dieser verdammte,
höchst ungelegen kommende Maskenball. Er hatte ihn völlig vergessen. Dabei
hatte er diesen Abend bis ins letzte Detail vorgeplant. Er hatte zu seiner
Tante gehen und ihr sagen wollen, dass es ihm nicht gelungen war, etwas über
den Erpresser herauszufinden. Er wollte ihr versprechen, es weiterhin zu
versuchen, ihr gleichzeitig aber auch klarmachen, dass er dabei sein eigenes
Privatleben nicht mehr länger vernachlässigen konnte.
Und danach wollte er zu Elizabeths
Häuschen reiten und sie bitten, seine Frau zu werden. Auf dem ganzen Heimweg
hatte er vor sich hin gelächelt und sich genau zurechtgelegt, was er ihr
sagen würde. Er hatte sogar daran gedacht, Lucas beiseite zu nehmen und ihn um
die Hand seiner Schwester zu bitten. Nicht dass er auf die Zustimmung eines
Achtjährigen angewiesen gewesen wäre, aber irgendwie gefiel ihm die
Vorstellung, den kleinen Jungen mit einzubeziehen. Ganz abgesehen davon ahnte
er, dass die Geste Elizabeth glücklich machen würde, und das war wahrscheinlich der Hauptgrund dafür, warum er so vorgehen wollte.
Nun aber würde er keine Gelegenheit
haben, ungestört mit seiner Tante sprechen zu können, und damit erledigte sich
wohl auch alles andere. Frustriert wegen der vielen Kutschen lenkte er sein
Pferd von der Hauptstraße und nahm die Abkürzung über das Feld, das direkt an
die Rasenflächen von Danbury Park angrenzte. Es war Vollmond, und die hell
erleuchteten Fenster des Hauses spendeten so viel Licht, dass er nicht
langsamer reiten musste auf seinem Weg zu den Stallungen.
Er versorgte sein Pferd und ging
dann in sein kleines Haus. Bei der Erinnerung, wie er Elizabeth hier vor wenigen Wochen heimlich ertappt hatte, lächelte er. Noch immer hatte er ihr nichts
davon erzählt, aber das machte nichts. Er hatte ein Leben lang
Zeit, mit ihr Erinnerungen zu schaffen und zu teilen.
James versuchte den Lärm zu
ignorieren, der vom Haupthaus zu ihm herüberdrang; die Stille und
Abgelegenheit seines Verwalterhauses war ihm lieber. Was er jedoch nicht
ignorieren konnte, war das Knurren seines leeren Magens. Vor lauter Vorfreude
auf Elizabeth war er so schnell nach Surrey geritten, dass er nicht einmal
angehalten hatte, um etwas zu essen. In seinem Haus gab es natürlich nichts,
und so ging er widerwillig wieder nach draußen. Mit etwas Glück konnte er in
die Küche gelangen, ohne von jemandem erkannt zu werden.
Mit gesenktem Kopf lief er durch die
Menge, die sich auf dem Rasen verteilte. Wenn er sich wie ein Bediensteter verhielt, würden auch Agathas Gäste nichts anderes in ihm sehen und ihn
hoffentlich in Ruhe lassen. Darüber hinaus erwartete bestimmt niemand, den
Marquis of Riverdale so schäbig und verstaubt hier anzutreffen.
Er hatte die Hälfte des Weges
bereits zurückgelegt, als er aus dem Augenwinkel eine blonde Schäferin
wahrnahm, die soeben über einen Stein stolperte und sich im letzten Moment mit
Hilfe ihres Schäferstabs wieder fangen konnte.
Elizabeth. Das musste sie sein.
Keine andere blonde Schäferin konnte auf so reizende Weise so ungeschickt sein.
Sie schien Richtung Haupteingang zu
eilen, und James lief ihr nach. Das Wissen, sie bald in seinen Armen halten zu
können, ließ sein Herz schneller schlagen.
Seit wann war er so ein romantischer
Narr? Wer wusste das schon. Und was spielte das auch für eine Rolle? Er war
verliebt. Endlich hatte er die eine Frau gefunden, die zu ihm gehörte.
Er holte sie ein, als sie um die
Ecke zur Vorderseite des Hauses biegen wollte. Ehe sie noch seine Schritte auf
dem Kies hören konnte, streckte er den Arm aus und packte sie am Handgelenk.
Erschrocken fuhr sie herum. James
beobachtete lächelnd, wie die Angst aus ihrem Blick wich und heller Freude
Platz machte.
»James!« rief sie aus! »Du bist
wieder da!«
Er nahm
ihre Hände und zog sie an seine Lippen. »Ich konnte nicht mehr länger
fortbleiben.«
Durch die
Trennung war sie schüchtern geworden, und sie konnte ihm nicht richtig in die
Augen sehen, als sie flüsterte: »Ich habe dich vermisst.«
Zum Teufel
mit dem Anstand. Er zog sie in seine Arme und küsste sie. »Komm mit mir«,
raunte er ihr zu.
»Wohin?«
»Irgendwohin.«
Sie ging
mit
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