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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit List und Küssen
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»Jetzt wird es dir bestimmt
wehtun.«
    Sie tauchte den Stoff noch einmal ein, suchte sich ein sauberes
Stück und machte sich dann an den Abschnitt der Wunde, den sie bisher gemieden
hatte, am oberen Ende. Er sah hässlicher aus als der Rest – viel gelber und
geschwollener.
    Sie tupfte die Stelle behutsam ab, und als ihr Patient nichts
weiter tat, als ein wenig im Schlaf zu murmeln, presste sie ein bisschen
fester. »Immer langsam«, flüsterte sie, zwang sich, tief zu atmen. »Stück
für Stück.«
    Sie konnte es schaffen. Sie konnte ihm helfen. Nein, sie konnte
ihn in Ordnung bringen. Irgendwie hatte sie den Eindruck, als wäre alles in
ihrem Leben auf diesen Augenblick zugelaufen. »Deswegen habe ich letztes Jahr
nicht geheiratet«, sagte sie zu ihm. »Sonst könnte ich jetzt nicht hier
sein und mich um dich kümmern.« Darüber dachte sie einen Augenblick nach.
»Natürlich könnte man einwenden, dass du ohne mich gar nicht erst in diese
Situation geraten wärst. Aber darüber wollen wir jetzt nicht weiter
nachdenken.«
    Sie machte weiter, reinigte die Wunde sorgfältig, hielt dann inne,
um den Hals zu dehnen. Sie blickte auf das Stück Stoff in ihren Händen. Zwar
sah es immer noch ekelhaft aus, aber es machte ihr nichts mehr aus.
    »Na, siehst du«, sagte sie zu ihm. »Das heißt doch sicher,
dass ich besser darin werde.«
    Sie war ehrlich davon überzeugt, dass sie Fortschritte machte. Sie
bemühte sich, praktisch und nüchtern an die Sache heranzugehen, doch
plötzlich, wie aus heiterem Himmel, direkt, nachdem sie so munter erklärt
hatte, sie werde besser »darin«, entrang sich ihrer Kehle ein tiefer,
erstickter Laut. Halb war es ein Schluchzen, halb ein entsetzliches Keuchen,
und sie fühlte sich vollkommen davon überrumpelt.
    Marcus konnte sterben. Die Erkenntnis überwältigte sie mit
all ihrer erdrückenden Gewissheit. Er konnte sterben, und dann wäre sie ganz
und gar allein. Dabei hatten sie einander in den letzten Jahren kaum gesehen,
mit Ausnahme der letzten Wochen natürlich.
    Aber sie hatte doch immer gewusst, dass er
da war. Das war ein gutes Gefühl. Die Welt war einfach ein besserer Ort, mit ihm.
    Und nun starb er vielleicht. Ohne ihn wäre sie verloren. Wieso war
ihr das bisher nicht bewusst gewesen?
    »Honoria!«
    Honoria drehte sich um. Ihre Mutter kam ins Zimmer gestürmt.
    »Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte«, sagte Lady
Winstead. Dann sah sie Marcus' Bein. »Oh Gott.«
    Honoria spürte, wie ein weiterer dieser
keuchenden, schluchzenden Laute in ihr aufstieg. Irgendwie lag es am Anblick
ihrer Mutter, daran, wie ihre Mutter Marcus ansah. Es war wie damals, als sie
mit zwölf vom Pferd gefallen war. Sie hatte gedacht, mir ihr sei alles in
Ordnung, sie war den ganzen Weg nach Hause gelaufen, zerschunden und zerkratzt,
mit blutigem Gesicht.
    Und dann hatte sie ihre Mutter gesehen, und die Miene ihrer
Mutter, und angefangen zu heulen.
    Hier war es wieder genau dasselbe. Sie hätte am liebsten geheult.
Lieber Gott, sie wollte jetzt nichts anderes tun, als sich abzuwenden und zu
weinen und zu weinen.
    Aber das konnte sie nicht. Marcus brauchte sie. Sie musste jetzt
ruhig bleiben. Und kompetent. »Mrs Wetherby kümmert sich um heißes
Wasser«, erklärte sie. »Sie müsste jeden Moment zurückkommen.«
    »Gut. Davon brauchen wir jede Menge. Und Brandy. Und ein
Messer.«
    Honoria sah ihre Mutter überrascht an. Sie klang, als wüsste sie,
wovon sie sprach. Ihre Mutter.
    »Der Arzt wird ihm das Bein abnehmen wollen«, sagte Lady
Winstead grimmig.
    »Was?« Honoria hatte das nicht einmal in Betracht
gezogen. »Und vielleicht läge er damit auch richtig.«
    Honorias Herz setzte aus. Bis ihre Mutter sagte: »Aber jetzt noch
nicht.«
    Schockiert starrte Honoria ihre Mutter an. Sie konnte sich nicht
entsinnen, wann sie das letzte Mal eine solche Entschiedenheit an den Tag
gelegt hatte. Als Daniel gegangen war, hatte er ein Stück ihrer Seele mit sich
genommen. Lady Winstead war seither vollkommen verloren gewesen, konnte sich
für nichts und niemanden einsetzen, nicht einmal für ihre Tochter. Es war
beinahe, als könnte sie sich nicht dazu durchringen, Entscheidungen zu
treffen, denn das hätte bedeutet, dass sie das Leben akzeptierte so, wie es
war, nachdem ihr geliebter Sohn England verlassen hatte, möglicherweise für
immer.
    Aber vielleicht hatte sie nur etwas gebraucht, was sie wachrüttelte.
Einen kritischen Moment.
    Vielleicht brauchte sie es, gebraucht zu
werden.
    »Aus dem

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