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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit List und Küssen
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ihr,
sich aus ihrer Benommenheit zu befreien. »Marcus«, sagte sie abrupt,
»warum bist du hier?«
    Einen Augenblick starrte er sie an, als wäre
ihr ein zweiter Kopf gewachsen. »Ich war eingeladen«, erwiderte er eine
Spur empört.
    »Nein.« Ihr tat der Kopf weh, sie hätte sich gern die Augen
gerieben, und am liebsten hätte sie geweint. »Nicht hier auf dem Ball, ich
meine: Warum bist du hier in London?«
    Seine Augen verengten sich misstrauisch. »Warum fragst du mich
das?«
    »Weil du London hasst.«
    Er rückte sein Krawattentuch zurecht. »Also, ich hasse London
doch ni...«
    »Du hasst die Saison«, unterbrach sie ihn. »Das hast du mir
selbst gesagt.«
    Er wollte etwas entgegnen, doch nach einer halben Silbe unterbrach
er sich. Plötzlich fiel Honoria ein, dass er ein schlechter Lügner war. Schon
immer. Als sie klein waren, hatten er und Daniel einmal einen ganzen
Kronleuchter von der Decke gezogen. Honoria fragte sich immer noch, wie sie
das fertiggebracht hatten. Als Lady Winstead ein Geständnis forderte, hatte
Daniel ihr direkt ins Gesicht gelogen, und das so charmant, dass ihre Mutter
offenbar nicht sicher gewesen war, ob er nicht doch die Wahrheit sagte.
    Marcus hingegen war ein wenig rot geworden und hatte an seinem
Kragen gezerrt, als juckte ihn der Hals.
    Genau so, wie er es jetzt machte.
    »Ich habe hier ... gewisse Pflichten«, sagte er verlegen.
Gewisse Pflichten.
    »Verstehe«, sagte sie und wäre beinahe erstickt an dem Wort.
»Honoria, ist mit dir alles in Ordnung?«
    »Mir geht es blendend«, fuhr sie ihn an und hasste sich
selbst für ihren Jähzorn. Schließlich konnte er nichts dafür, dass Daniel ihm
die Sorge um sie aufgebürdet hatte. Man konnte ihm nicht mal vorwerfen, dass er
sich dazu bereit erklärt hatte. Von einem Gentleman war nichts anderes zu
erwarten.
    Marcus hielt ganz still, doch sein Blick
huschte im Raum umher, als sei dort irgendeine Erklärung für ihr merkwürdiges
Benehmen zu finden. »Du bist zornig ...«, murmelte er besänftigend,
vielleicht sogar eine Spur herablassend.
    »Ich bin nicht zornig«, stieß sie
hervor.
    Die meisten Leute hätten darauf erwidert, dass
sie aber zornig klinge, doch Marcus sah sie nur auf seine nervtötend beherrschte
Art an.
    »Ich bin nicht zornig«, murrte sie, weil er sie durch sein
Schweigen praktisch zu einer weiteren Antwort zwang.
    »Natürlich nicht.«
    Abrupt hob sie den Kopf. Das war tatsächlich herablassend
gewesen. Das andere hatte sie sich vielleicht eingebildet, aber das hier nicht.
    Er sagte nichts. Natürlich nicht. Marcus würde niemals eine Szene
machen.
    »Ich fühle mich nicht wohl«, platzte sie
heraus. Das zumindest entsprach der Wahrheit. Sie hatte Kopfschmerzen, sie war
überhitzt und aus dem Gleichgewicht und sie wollte jetzt nur noch nach Hause,
sich ins Bett legen und die Decke über den Kopf ziehen.
    »Ich bringe dich nach draußen, damit du ein
wenig Luft schnappen kannst«, sagte er steif und legte die Hand auf ihren
Rücken, um sie durch die Terrassentür zu schieben, die auf den Garten
hinausging.
    »Nein«, sagte sie, und das Wort klang übertrieben laut und
misstönend. »Ich meine, nein danke.« Sie schluckte. »Ich glaube, ich gehe
jetzt nach Hause.«
    Er nickte. »Ich hole deine Mutter.«
    »Das mache ich selbst.«
    »Ich bin nur zu gern ...«
    »Ich kann mich selbst um meine Angelegenheiten
kümmern«, fuhr sie ihn an. Lieber Himmel, ihr war der Klang ihrer eigenen
Stimme zuwider. Sie wusste, dass sie jetzt besser den Mund hielt. Sie fand
einfach nicht die richtigen Worte. Aufhören konnte sie aber auch nicht. »Du
brauchst mich nicht als deine Verpflichtung zu sehen.«
    »Wovon sprichst du?«
    Diese Frage konnte sie unmöglich beantworten, daher sagte sie
stattdessen: »Ich will nach Hause.«
    Er starrte sie so lange an, dass es sich wie
eine Ewigkeit anfühlte, und dann verneigte er sich formell. »Wie du
möchtest«, sagte er und ging davon.
    Und sie ging nach Hause. Wie sie es gewollt hatte. Sie hatte genau
das bekommen, was sie gewollt hatte.
    Es war einfach fürchterlich.

19. Kapitel
    Am Tag
der musikalischen Soiree
    Sechs
Stunden vor dem Auftritt
    Wo ist
Sarah?«
    Honoria sah von ihren Noten auf. Sie hatte sich am Rand Notizen gemacht. Nichts, was sie schrieb,
ergab irgendeinen Sinn, aber es verschaffte ihr immerhin die Illusion, dass sie
wenigstens teilweise wusste, was sie tat, und so achtete sie darauf, dass auf
jeder Seite mindestens eine Anmerkung stand.
    »Wo ist Sarah?«, fragte

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