Julia Saison Band 01
Rest der Kreuzfahrt auf dein Handy verzichten.“
Sie starrte ihn empört an. „Und wenn jemand mich dringend erreichen will?“
„Bist du Herzchirurgin, dass es um Leben und Tod geht?
„Nein, aber …“
„Steck das Ding weg, nur für zwei Tage. Das wird dir gut tun.“
Wie auf Kommando fing das Gerät an zu piepen. „Ah, der Akku ist leer“, stellte Christopher befriedigt fest. „Gute Gelegenheit, das Ding gleich ganz wegzulegen.“
Sie betraten den Spielsalon, der wie ein orientalischer Palast dekoriert war. Die Trasks nahmen gleich die längste Bank in Anspruch. Für Molly holte Carter einen Sessel.
„Okay“, sagte Hadley und teilte die Bingokarten aus. „Wer gewinnt, zahlt das Dinner.“
„Wir befinden uns auf einer Kreuzfahrt, Liebling“, erinnerte Gabriel sie. „Das Dinner ist schon bezahlt.“
Kaum hatte jeder seine Karten auf der Hand, flogen die Gebote hin und her, unterbrochen von scherzhaften Bemerkungen. Lilian gab sich alle Mühe, dem Geschehen zu folgen. Endlich konnte auch sie eine Karte ablegen.
Christopher sah sie an. „Hey, du hast eine! Zwar bist du mit drei Punkten im Rückstand, aber immerhin.“
Lilian schnitt eine Grimasse.
Plötzlich rief jemand: „Bingo!“ Es war Molly, die begeistert ihre Karte schwenkte.
Lilian seufzte resigniert.
„Und, findest du das Spiel immer noch langweilig?“, fragte Christopher.
Zu ihrer eigenen Überraschung musste sie sich eingestehen, dass sie großen Spaß daran hatte. Sie kannte die angesagtesten Clubs in Europa und Amerika und war durch die Shopping-Meilen von Paris und Mailand flaniert. Aber irgendwie war das hier viel aufregender und lebendiger. Vielleicht lag es daran, dass alle so fieberhaft dabei waren, oder dass Christopher neben ihr saß. Jedenfalls hatte sie selten eine so unterhaltsame Stunde erlebt.
„Und was machen Sie mit dem Gewinn?“, fragte Carter. Er saß neben Molly im Arkadensaal und sah ihren Enkelkindern beim Tischtennisspielen zu.
„Mit den fünfhundertsiebenunddreißig Dollar?“ Molly blickte ihn amüsiert an. „Ich weiß nicht. Geschenke für meine Enkel kaufen, nehme ich an. Aber vielleicht mache ich auch etwas ganz Unnützes damit, zum Beispiel das Bild rahmen lassen, das meine Großmutter gestickt hat, als ich ein kleines Mädchen war.“
„Wie wäre es mit einer Fortsetzung der Kreuzfahrt?“
„Nein, eher nicht. Mir gefällt die Reise zwar, aber ich muss wieder nach Hause. Ich vermisse meinen Laden und mein Haus.“ Etwas verlegen zuckte sie die Achseln. „Ich glaube, ich bin eher ein Reisemuffel.“
Carter schüttelte den Kopf. „Ich wünschte, ich hätte so viel Spaß am Leben wie Sie.“
Verwundert sah sie ihn an. „Das kann ich kaum glauben. Ein so erfolgreicher Mann wie Sie?“
Der Tischtennisball sprang über den Tischrand hinweg und rollte zu ihren Füßen. Carter hob ihn auf und warf ihn wieder den Jungen zu. „Was heißt schon Erfolg? Nach einer Weile bedeuten einem Reichtum und Erfolg nichts mehr, es wird zur Gewohnheit. Viel wertvoller ist es, ein glücklicher Mensch zu sein.“
„Aber sind wir nicht alle in unserem Leben gefangen?“
„Meinen Sie damit, dass wir uns alle mehr oder weniger mit Nichtigkeiten beschäftigen?“
Sie sah ihn an. „Vielleicht. Aber mir sind die alltäglichen Dinge wichtig. Essen kochen, den Garten pflegen, Wäsche aufhängen, das alles ist für mich … ich weiß nicht … irgendwie eine Art Gebet.“
Sein Blick machte sie verlegen. „Molly Trask, Sie sind die ungewöhnlichste Frau, die mir je begegnet ist.“
„Das nenne ich einen schönen Empfang.“ Mit verzücktem Gesicht steckte Carol ein Marshmallow in das Schokoladenfondue.
Lilian sah ihr amüsiert zu. Der Kapitän hatte zum Empfang geladen, und alle Passagiere standen in der riesigen Lounge, die an eine viktorianische Bibliothek oder einen vornehmen Herrenclub erinnerte – alles aus poliertem Mahagoni, mit antiken Stehlampen und komfortablen Ledersesseln.
Christopher wandte sich an seinen Schwager. „War dir bei der Heirat schon klar, wie exzentrisch sie ist?“
J.J. trank einen großen Schluck von seinem Bier. „Das Leben mit Carol ist eine permanente Entdeckungsreise.“ Er drückte seine Frau liebevoll an sich.
„Darf ich Sie fotografieren?“, fragte die Schiffsfotografin, eine lebhafte, rothaarige Person.
Gabriel blickte sie etwas bedauernd an. „Kommt drauf an, wie viel Zeit Sie haben.“
„Ein Foto von den Mädels“, rief Carol und schlang ihre Arme um
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