Julia Saison Band 01
mich jedenfalls, dass Sie Christopher helfen.“ Ihre Stimme klang warm. „Er arbeitet viel zu viel.“
„Ja, das habe ich auch schon bemerkt.“
„Wo wohnen Sie denn?“
„Im Gästezimmer“, wandte Christopher schnell ein.
„Ist das nicht ein hübsches Zimmer? Ich habe dort mal übernachtet, als der Kammerjäger bei uns alles ausgeräuchert hat. Die riesige Hortensie vor dem Fenster ist wunderbar, nicht?“
„Ist das der Strauch mit den großen blauen Blüten?“, fragte Lilian.
Mollys Gesicht bekam einen verzückten Ausdruck. „Ja. Sie brauchen eisenhaltigen Boden, damit sie so blau werden. Ich kümmere mich ein wenig um Christophers Garten, aber ich kann Ihnen gern zeigen …“
„Hier ist dein Käse, Tante Molly“, unterbrach Christopher ihren Redeschwall. „In einer Stunde ist der Markt zu Ende, du musst dich beeilen, wenn du noch alle Stände abklappern willst.“
Molly warf ihm einen vielsagenden Blick zu, dann wandte sie sich an Lilian. „Ich weiß nicht, wie lange Sie noch hierbleiben, aber vielleicht können wir uns mal zum Lunch treffen. Ich würde Sie gern ein bisschen näher kennenlernen.“ Sie nahm Lilians Hand in ihre.
„Sehr gern“, sagte Lilian, und sie meinte es ehrlich.
„Es hat mich riesig gefreut, Sie wiederzusehen. Sie müssen mich unbedingt bald besuchen. Ich bin sehr froh, dass Sie hier sind.“
„Ja, ich auch“, sagte Lilian und merkte, dass sie auch das ehrlich meinte.
„Was für ein toller Markt“, sagte Lilian, als sie die Küche betraten. „Kaum zu glauben, was es dort alles gibt. Ist es immer so voll?“
„Ja, meistens. Der Markt hat einen ziemlich guten Ruf, und die Leute kommen von überallher. Viele wissen auch, dass sie hier den einen oder anderen Bekannten treffen.“
„Und du scheinst jede Menge Stammkunden zu haben. Das ist doch ein schönes Gefühl, oder?“ Sie stellte ihren Korb auf den Tisch.
Christopher stellte seine Sachen ebenfalls ab. „So, und was gibt’s zum Abendessen?“ Er warf einen Blick in die Einkaufstüten. „Was haben wir denn hier alles?“ Er nahm eine Flasche heraus und studierte das Etikett. „Körperöl“, las er und blickte zu Lilian erstaunt an. „Kann man das auch zum Kochen nehmen?“
„Manche Dinge braucht man eben“, erwiderte Lilian und nahm ihm die Flasche aus der Hand. „Und im Farmerkatalog gibt’s so was nicht.“
Er griff in eine andere Tüte und brachte einen hellblauen, geblümten Seidenschal zum Vorschein. „Ist das was zum Essen?“
„Die Seele braucht schließlich auch Nahrung.“
„Aha. Und haben wir auch noch etwas für die konventionelle Form der Ernährung? Wenn ich mich recht erinnere, bist du eine halbe Stunde auf dem Markt herumgelaufen, um Sachen fürs Abendessen zu kaufen.“
„Hab ich auch“, strahlte sie.
Verdutzt sah er zu, wie sie Styropor- und Aluminiumschalen auspackte. „Was ist denn das?“
„Essen.“ Ihre Augen leuchteten. „Es gibt indisches Lammcurry, Thaihühnchen, frittiertes Gemüse und Salat.“
Er schüttelte den Kopf. „Und ich dachte, du wolltest kochen.“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Du hast nur gesagt, ich soll was zum Abendessen besorgen.“
„Ja, schon, aber …“
„Na also. Und hier ist es.“
Wider Willen musste er lachen. „Hast du überhaupt jemals in deinem Leben gekocht?“
„Natürlich, ich bin Spezialist im Aufwärmen von Fertiggerichten“, sagte sie mit breitem Lächeln. „Und jetzt lass uns die Ziegen melken.“
8. KAPITEL
Christopher lief zu dem Gatter an der oberen Weide, um einen Teil der Ziegen hineinzulassen. Etwas entfernt sah er Lilian winken, die gerade das Gatter für den anderen Teil der Ziegen öffnete. Sie stand abseits und sah zu, wie Gilda die Herde zum Grasen hereinführte. Ihr Haar leuchtete in der Sonne.
Er hatte sich ausgemalt, dass sie es höchstens zwei, drei Tage aushalten würde und dass er seinen Spaß daran hätte, wie sie sich abquält. Aber jetzt waren schon anderthalb Wochen vergangen. Inzwischen trug sie ihre Latzhosen und Arbeitsstiefel, als hätte sie nie etwas anderes getragen. Und selbst darin hatte sie Stil.
Wie man sich doch täuschen kann, dachte er kopfschüttelnd. Noch vor zwei Wochen hätte er jeden für verrückt erklärt, der behauptet hätte, dass Lilian ohne zu murren auf seiner Farm arbeiten würde. Noch erstaunlicher war, dass sie schon fast zwei Wochen unter einem Dach schliefen, ohne dass er ihr näher gekommen war.
In Vermont waren die Männer eben noch
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