Julia Saison Band 01
sich selbst nach einem solchen Platz im Leben.
„Ich kann sehr gut verstehen, dass du die Ziegen magst“, sagte sie lächelnd. „Sie sind wirklich außergewöhnliche Tiere.“
„Ja, manchmal kommen sie mir wie Menschen vor, nur dass es mit ihnen viel lustiger ist.“
„Ich habe dich eher für extrovertiert gehalten. Ich meine, du hast jahrelang in Washington gelebt, wie hast du das unter all den Menschen ausgehalten?“
„Vielleicht habe ich mich ja gerade deshalb verändert, weil ich immer mit so vielen Leuten zu tun hatte.“
„Komisch, und ich dachte immer, Menschen ändern sich nicht wirklich.“
„Ich denke schon, dass das möglich ist, wenn man will. Oder wenn etwas Einschneidendes im Leben passiert. Deke hat sich geändert, und dein Vater versucht es auch. Es ist zwar illusorisch, einen anderen ändern zu wollen, aber jeder kann für sich selber entscheiden, wie er sein will.“
„Und du hast dich entschieden, ein Gutsbesitzer zu werden.“
Er lächelte, dass seine Zähne blitzten. „Ah, ich bin in deinem Ansehen gestiegen. Vor ein paar Wochen war ich noch ein Ziegenbauer.“
„So hatte ich das gar nicht gemeint, ich wollte dich wirklich nicht beleidigen.“
Inzwischen hatten die kleinen Ziegen ihre akrobatische Darbietung beendet und spielten Fangen. In den Büschen zirpten die Grillen. Christopher nickte nachdenklich. „Ich hätte das nicht so ernst nehmen dürfen. Ich wollte nicht, dass der Abend so endet.“
Bei seinen Worten klopfte Lilians Herz heftiger. Oft rangelten sie miteinander wie die kleinen Ziegen, doch immer war zwischen ihnen auch die Anziehungskraft zu spüren. Mit jedem Blick und jedem Wort kam ihr gegenseitiges Verlangen zum Ausdruck.
„Ich frage mich …“, begann sie.
„Ich mich auch.“ Er steckte den Zeigefinger in ihre Gürtelschnalle und zog Lilian näher zu sich heran. „Ich frage mich eine ganze Menge. Zum Beispiel, wie es wohl wäre, wenn wir einmal ganz allein an einem verschwiegenen Ort wären, wo ich jede Stelle deines Körpers küssen und streicheln könnte.“
Das Blut rauschte so laut in Lilians Ohr, dass sie kaum noch die Geräusche um sich herum wahrnahm. Sie spürte seine warmen Hände, die über ihre Hüften glitten, und konnte nur noch daran denken, wie es wohl wäre, sich vollkommen nackt an ihn zu schmiegen.
Christopher konnte nur mit Mühe sein Verlangen bändigen. Wir könnten nach drinnen gehen, dachte er, während er sich ihrem Mund näherte. Ein einziges Mal die Arbeit Arbeit sein lassen und seiner Lust nachgeben. In fünf Minuten könnten sie nackt in seinem Bett liegen und endlich ihre Körper eins werden lassen.
Während er sich über sie beugte, kam ein Wagen hupend die gekieste Einfahrt hoch. Abrupt ließ Christopher Lilian los und blickte dem Störenfried missmutig entgegen.
„Wer ist das denn?“, fragte Lilian.
„Sieht so aus, als ob Carter zurückkommt.“
„Dass du auf der Farm hilfst“, sagte Carter kopfschüttelnd. „Ich kann es nicht fassen.“
„Ja, das ist eine lange Geschichte“, murmelte Lilian, während sie nebeneinander in die Küche gingen.
Carter betrachtete sie unter seinen buschigen Augenbrauen. „Kein Problem für mich, ich habe Zeit.“ Er ging zum Tisch und zog zwei Stühle hervor.
Lilian hatte sein erstauntes Gesicht gesehen, als er vorhin angekommen war. Anscheinend hatte Molly ihm kein Wort davon erzählt, dass sie hier war. Ihr Respekt gegenüber dem Familienoberhaupt der Trasks steigerte sich zunehmend.
„Möchtest du etwas trinken? Wasser oder Kaffee?“, fragte Lilian.
„Kaffee wäre schön.“ Carter sah seiner Tochter zu, wie sie mit geübten Handgriffen den Kaffee zubereitete und sich in der Küche bewegte, als wäre es ihre eigene. „Du scheinst schon eine ganze Weile hier zu sein“, stellte er fest.
Lilian zuckte die Achseln. „Vielleicht zwei Wochen, vielleicht auch länger.“ Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, ihr kam es schon wie eine Ewigkeit vor. Ihr früheres Leben in Los Angeles war in weite Ferne gerückt. „Ich glaube, es war an dem Tag, als du abgereist bist.“
„Das heißt, du bist sofort nach unserem Telefonat losgefahren.“
„Ich habe mir Sorgen gemacht und wollte mit dir reden.“
„Worüber denn?“, fragte Carter und fügte hinzu: „Ach so. Ja klar.“
Als sie wütend hierhergefahren war, hatte Lilian noch ganz genau gewusst, was sie Carter sagen wollte, aber jetzt?
„Nachdem du dich von Celine getrennt hattest, dachte ich, du würdest
Weitere Kostenlose Bücher