Julia Saison Band 05
etwas Farbe bekommen. Sie unterhielt sich leise mit Carlotta, und als er eintrat, verstummten beide und lächelten etwas gezwungen.
Carlotta weiß also auch Bescheid, schoss es Cal durch den Kopf. Nur ich nicht.
„Ich würde gern mit Ashley allein sprechen“, sagte er freundlich.
Sofort stand Carlotta auf, legte ihrer Freundin aber eine Hand auf die Schulter.
„Wir müssen die Zeremonie wohl verschieben, ich habe Probleme mit dem Kleid“, gestand Ashley errötend und zeigte ihm die aufgeplatzte Naht.
„Ja, wir sollten noch einen Moment damit warten“, stimmte Cal zu. „Carlotta, würdest du den anderen Bescheid sagen und dafür sorgen, dass wir hier nicht gestört werden?“
„Natürlich.“ Mit einem aufmunternden Lächeln in Ashleys Richtung ging Carlotta hinaus.
„Ist dir immer noch schwindelig?“, fragte Cal, während er sich einen Stuhl heranzog und sich ihr gegenübersetzte.
„Nein, jetzt bekomme ich ja wieder Luft.“
Ihre Lippen schimmerten rosig, und er hatte gute Lust, Ashley in die Arme zu schließen und zu küssen. Am liebsten hätte er sie nach Hause gebracht und mit ihr geschlafen, bis sie sich einander ganz nahe fühlten.
Aber so hatten sie es jahrelang gemacht, und es hatte ihrer Beziehung nicht gutgetan. Sie mussten endlich anfangen, sich ihren Problemen zu stellen.
„Du siehst verärgert aus“, sagte sie schließlich.
Die Untertreibung des Jahrhunderts.
„Dazu habe ich ja auch allen Grund, oder?“
Sie wirkte, als hätte sie sich gern irgendwo verkrochen und vermied es, ihn anzublicken. „Weil ich ohnmächtig geworden bin?“, fragte sie leise.
Cal bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. „Weil Mac und Carlotta etwas wissen, was ich nicht weiß. Hattest du eigentlich jemals vor, mir davon zu erzählen?“
Tränen stiegen ihr in die Augen. „Du hast von der Fehlgeburt erfahren“, riet sie traurig.
Also war sie offenbar schon einmal schwanger gewesen. Und er hatte keine Ahnung gehabt.
Es verletzte ihn so sehr, dass ihm fast die Stimme versagte. „Jetzt gerade. Von dir“, erklärte er. „Mac wollte mir nicht sagen, was passiert ist. Er meinte nur, ich solle mit dir sprechen.“
Ruhelos stand er auf. „Und wieso weiß Mac davon und ich nicht?“
„Weil er dabei war, als es passiert ist. Wir waren zusammen essen, in Raleigh. Das war im Sommer, bevor ich nach Hawaii gezogen bin. Ich wollte dir von der Schwangerschaft erzählen, nachdem du deine Prüfung im Juli bestanden hattest, aber dann hatte ich vorher die Fehlgeburt. Mac hat mich in die Notaufnahme gebracht, und ich habe ihn beschworen, mit niemandem darüber zu sprechen. Ich wollte es dir selbst sagen.“
Noch nie war Cal so wütend auf seine Frau gewesen, wie in diesem Moment. „Aber das hast du dann wohl vergessen“, stieß er hervor.
„Es ergab sich nie der richtige Moment. Ich wusste einfach nicht, wie ich es hätte sagen können. Und dir sollte es nicht auch noch so schlecht gehen wie mir.“
Aber natürlich hatte er trotzdem gespürt, dass etwas nicht stimmte – und hatte darunter gelitten, von ihren Gedanken und Gefühlen ausgeschlossen zu sein.
„Also hast du mich denken lassen, du wärst nur unglücklich, weil du deine Stelle als Assistenzärztin verloren hattest. Herrgott, wir haben damals sogar darüber gesprochen, das unverhofft freie Jahr zu nutzen, um ein Kind zu bekommen. Und da hast du mir erzählt, du wärst noch nicht bereit dafür!“
Allein der Gedanke, dass sich die Umstände seitdem unglücklich verketteten und beinahe ihre Ehe zerstört hätten, ließ ihn fast ausrasten.
„Und als Krönung des Ganzen hast du dann die Stelle auf Hawaii angenommen, um so weit weg wie möglich von mir zu sein!“, rief er aufgebracht.
„ Du hast mir doch zugeraten!“, gab sie ebenso erregt zurück.
„Ja, weil ich gesehen habe, wie unglücklich du bist. Ich wollte dich unterstützen. Wie hätte ich denn ahnen sollen, dass es dir gar nicht um deine Stelle ging!?“
„Und ich wollte dich beschützen, wollte dir die Trauer ersparen!“
Cal atmete tief durch. „Na schön“, sagte er, „mal angenommen, ich glaube dir das alles.“ Wobei er damit seine Schwierigkeiten hatte, denn ihre Argumente wirkten auf ihn wie lahme Ausreden. „Warum hast du mir danach nie etwas davon gesagt?“
„Weil es sowieso schon nicht gut lief mit uns. Ich wollte es nicht noch schlimmer machen“, flüsterte sie.
„Mit anderen Worten, du wolltest es mir überhaupt nicht erzählen“, schloss er
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