Julia Saison Band 05
grimmig.
Kopfschüttelnd schaute sie zu ihm auf. „Ich habe mich einfach nicht getraut. Ich dachte, du könntest es mir nie verzeihen, wenn du erfährst, wie lange ich es dir verschwiegen habe.“
Nun ja, das war die eine Sache. Es verletzte ihn wirklich tief, dass seine Frau, mit der er alles teilen wollte, ihn von etwas so Wichtigem ausgeschlossen hatte. Aber draußen wartete seine ganze Familie darauf, mit ihnen die zweite Vermählung zu feiern. Und sie hatten sich alle viel Mühe gegeben, diese Feier auszurichten.
„Ich werde die Frauen holen, vielleicht können sie das Kleid reparieren“, sagte er müde und wandte sich zur Tür.
„Was?“ Ashley sprang auf und folgte ihm. „Du willst doch nicht etwa heute Abend so weitermachen, als wäre nichts gewesen?“
„Nun ja, wir haben Gäste, einen Pfarrer, ein Menü, eine Torte …“
„… und außerdem den größten Krach unseres Lebens!“
„Was hat das mit unserem Eheversprechen zu tun?“, fragte Cal ruhig.
Wie bitte? Das fragte er noch? Genau darum ging es doch, oder? Wie konnte er das nicht verstehen! Es machte sie unglaublich traurig. Genau das hatte sie immer vermeiden wollen – dass er so enttäuscht von ihr war wie jetzt. Schon der Blick, mit dem er sie ansah …
„Schau, natürlich bin ich enttäuscht von deinem Verhalten“, sagte er, „und ich glaube, das ist auch verständlich. Aber das ändert nichts daran, was wir jetzt tun müssen.“
Ashley erstarrte und hob dann trotzig den Kopf. „Ja, da hast du recht.“
„Wo willst du denn hin?“ Jetzt war sie es, die an ihm vorbei zur Tür drängte. „Du kannst doch nicht schon wieder einfach weglaufen.“
Als ob sie eine Wahl hätte! Unter Tränen blickte sie ihn an. „Ich kann aber auch nicht damit leben, jeden Tag deine Enttäuschung zu ertragen“, sagte sie mit zitternder Stimme. „Du sollst deine Entscheidung nicht ständig bereuen. Mein ganzes Leben lang habe ich versucht, den Erwartungen meiner Eltern gerecht zu werden, und habe mich dabei ständig unzulänglich gefühlt. Und ich will nicht mit jemandem verheiratet sein, der sich eine perfekte Frau wünscht, die niemals Fehler macht. Falls du es noch nicht gemerkt hast, Cal – ich bin nicht perfekt. Und das werde ich auch nie sein. Und von unserem Kind solltest du das auch nicht erwarten!“
„Ashley“, sagte Cal warnend, „wenn du jetzt gehst, ist es aus.“
„Das ist es schon lange“, gab sie traurig zurück. „Wir wollten es nur nicht wahrhaben.“
10. KAPITEL
„Und das war’s dann also?“, fragte Helen Hart am nächsten Morgen, als sie Ashley im Farmhaus abholte.
Ashley führte ihre Schwiegermutter an den zwei gepackten Koffern vorbei in die Küche.
„Was soll ich sonst machen?“, gab sie tonlos zurück. „Cal wird mir niemals verzeihen.“
Es tat so weh, sich das einzugestehen, und schon wieder schossen ihr die Tränen in die Augen. „Das habe ich wohl immer schon geahnt und deshalb wollte ich es ihm auch nie erzählen.“
Helen legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie an sich. Wenn doch nur Cal am Vorabend so verständnisvoll und mitfühlend reagiert hätte!
„Du hast versucht dich zu schützen“, sagte Helen tröstend.
„Und Cal wollte ich das alles auch ersparen.“ Ashley erwiderte die Umarmung und zog Helen dann ins Wohnzimmer, wo sie sich hinsetzen konnten. „Leider habe ich ihn damit nur verletzt und von mir fortgetrieben.“
Helen wartete, bis Ashley sich die Nase geputzt hatte. „Ein Kind zu verlieren, ist eins der schlimmsten Dinge, die einer Frau passieren können“, sagte sie bewegt. „Ich war sieben Mal schwanger, aber ich habe nur sechs Kinder.“
„Davon hat Cal nie etwas gesagt.“
„Er weiß auch nichts davon. Keins der Kinder weiß es.“
Aber mir erzählst du es, dachte Ashley und fragte leise: „Warum hast du es ihnen nicht gesagt?“
„Es hat zu weh getan, darüber zu reden, selbst mit Cals Vater.“
„Aber er wusste davon?“
„Oh ja.“ Helen nickte langsam. „Er war dabei, als es passierte, und hat mich ins Krankenhaus gebracht. Aber danach haben wir nie wieder darüber gesprochen. Ich habe natürlich gemerkt, dass er auch traurig war, aber ich wurde ja kaum mit meinem eigenen Kummer fertig und wollte seinen gar nicht erst an mich ranlassen.“
Das verstand Ashley nur zu gut.
„Also taten wir, als ob nichts gewesen wäre, und nach einem halben Jahr wurde ich wieder schwanger und brachte neun Monate später Cal zur Welt. Und noch vier gesunde
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