Julia Saison Band 05
machte er hier, im Aufenthaltsraum für das Personal des Honolulu General Hospital? Langsam drehte sie sich um und stellte fest, dass sie sich nicht getäuscht hatte: Im Türrahmen stand der Mann, mit dem sie schon fast drei Jahre verheiratet war.
Und wie immer sah er umwerfend aus.
Cal trug ein Seidenhemd mit tropischem Aufdruck, das seine breiten Schultern äußerst vorteilhaft zur Geltung brachte. Die Bundfaltenhose betonte seine schlanke Taille und die langen Beine. Das aschblonde Haar war kurz geschnitten und aus dem Gesicht gekämmt, seine leicht gebräunte Haut ließ ihn gut erholt aussehen. Sein markantes Kinn – ein sichtbares Zeichen dafür, wie stur alle Harts waren – bedeckte ein Bartschatten.
Cal war kein Modeltyp, denn dafür waren seine Züge zu unregelmäßig. Die Nase zierte eine Narbe von einem Sportunfall, und seine Augenbrauen und Wimpern waren so hell, dass man sie kaum sah. Doch in Kombination mit den dunkelgrauen Augen und dem entschlossenen Mund ergab sich ein Bild, für das Ashley immer noch alles stehen und liegen ließ. Ganz zu schweigen davon, wie geschmeidig er sich bewegte. Mit federnden Schritten, die seine Kraft und Fitness verrieten, kam er auf sie zu. Er konnte es ganz offensichtlich nicht abwarten, sie in die Arme zu schließen – und dann möglichst schnell ein ruhiges Plätzchen und ein bequemes Lager zu finden.
„Cal.“ Noch immer völlig überrascht starrte sie ihn an.
„Na, immerhin erinnerst du dich an meinen Namen“, witzelte er.
Doch hinter dem scherzhaften Ton verbarg sich noch etwas anderes. Er war eindeutig verärgert oder, schlimmer noch, verletzt. Es überforderte sie, urplötzlich mit seinen Gefühlen konfrontiert zu sein, denn sonst gab er fast nie etwas von sich preis. Nicht einmal ihr gegenüber.
Aber vielleicht würde sich das jetzt ändern!?
Ashley schluckte und legte den Kopf in den Nacken, um ihn ansehen zu können. Mit seinen eins fünfundachtzig überragte er sie um gut zehn Zentimeter.
„Was machst du hier?“, fragte sie. „Ich dachte …“
Cal hob eine Augenbraue. „… dass ich geduldig warte, bis es der Lady in den Sinn kommt, mir mitzuteilen, ich könne sie endlich abholen?“
Er stand jetzt so dicht vor ihr, dass sie den verführerischen Duft seines Rasierwassers einatmen konnte, doch seine Worte machten sie nervös.
Sie duckte sich unter einem Banner mit der Aufschrift Herzlichen Glückwunsch, Ashley! hindurch und ging zu ihrem Schrank, um den Rest ihrer Sachen in einen Umzugskarton zu packen.
„Wer hat denn was von Abholen gesagt?“, fragte sie gedehnt.
Eigentlich hatte sie sich in Ruhe auf dieses zweifellos schwierige Gespräch vorbereiten wollen. Sie hatte vorgehabt, die richtigen Argumente zu wählen und sich ihre Worte genau zurechtzulegen.
Cal kam wieder auf sie zu. „Eben. Wir haben bis jetzt noch gar nicht darüber gesprochen, wie es weitergehen soll. Und dabei ist heute dein letzter Tag hier. Deshalb habe ich jetzt einfach die Initiative ergriffen, um meine Frau nach Hause zu holen.“
Er sprach mit leiser, verführerischer Stimme.
Ashley atmete tief durch und wandte sich ihm zu. „Was ist nur los mit dir?“
Seine geballten Gefühle überforderten sie im Moment. Wie ein Schutzschild hielt sie unwillkürlich eine Regenjacke vor sich, die sie gerade zusammenlegen wollte.
Cal nahm sie ihr aus der Hand und warf die Jacke in den Karton. „Was soll die Frage?“
Ihr Herz klopfte immer noch heftig, jetzt aber aus anderen Gründen. Sie wandte sich wieder dem Schrank zu und griff nach einigen Büchern.
„Sonst bist du immer umgänglich und geduldig, wenn es um solche Sachen geht“, sagte sie, als sie die Bücher in die Kiste legte.
Heute allerdings nicht.
In seinen Augen blitzte es gefährlich, als er sich mit einer Hand am Schrank daneben abstützte und ihr ganz nahe kam.
„Und genau da liegt wahrscheinlich das Problem, Ash. Vielleicht habe ich zu viel Talent zum Warten und zu wenig darin, mir das zu holen, was ich haben will.“
Ach du liebe Güte . „Und das wäre?“, fragte sie.
Cal zog sie in die Arme und drückte Ashley eng an sich. „Das hier zum Beispiel“, murmelte er und küsste sie.
Der erste Kuss nach einer so langen Trennung löste immer einen Sturm von Gefühlen aus. Und dieser hier machte da keine Ausnahme. Cals Lippen schmeckten nach Pfefferminz, denn er hatte immer Kaugummi bei sich. Als sie seine starken Arme um sich spürte, fühlte sie sich endlich aufgehoben. Wie jedes Mal, wenn
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