Julia Saison Band 05
sie in seiner Nähe war.
Sie hatte ihn vom allerersten Blick an geliebt, als sie Cal im ersten Collegejahr kennenlernte. Vielleicht lag es am Altersunterschied – er war vier Jahre älter als sie und damals schon mit dem Grundstudium fertig gewesen –, aber sein Selbstvertrauen und sein lässiger Südstaatencharme waren für sie eine unwiderstehliche Kombination. Bei ihm fühlte sie sich vollkommen sicher und gleichzeitig unglaublich begehrt. Wie die wunderbarste Frau der Welt.
Wenn sie getrennt waren, stellten sich allerdings immer wieder Zweifel ein, ob ihre Liebe wirklich für die Ewigkeit geschaffen war. Doch wenn er sie so wie jetzt küsste, wusste sie einfach, sie gehörte zu ihm.
Sie hätte ewig so weitermachen können, doch leider öffnete sich die Tür, und jemand räusperte sich diskret.
„Ich brauche wohl nicht zu fragen, was Sie hier bei uns machen“, bemerkte die Krankenschwester leise lachend.
Nur widerwillig hob Cal den Kopf. „Wir feiern!“, verkündete er.
Entspannt schmiegte sich Ashley an ihn und legte den Kopf an seine Schulter.
Die Krankenschwester strahlte. „Ach, dann haben Sie ihm von der Stelle auf Maui erzählt. Ist das nicht perfekt?“ Sie wandte sich an Cal. „Wissen Sie, wie viele von uns für den Rest ihres Lebens auf Urlaub verzichten würden, wenn sie dort arbeiten dürften?“
Nach ihren Worten breitete sich Stille aus. Cal blickte finster, und die Krankenschwester wirkte bestürzt. Ashley hob eine Hand, bevor sie sich entschuldigen konnte.
Die Schwester schaute von einem zum anderen, lächelte etwas gezwungen und zog sich in Richtung Tür zurück.
„Ihr beide habt bestimmt noch viel zu besprechen“, sagte sie beim Hinausgehen.
Doch auch nachdem sie außer Hörweite war, sagte Cal nichts. An seinem Gesichtsausdruck erkannte Ashley allerdings deutlich, dass er verletzt war und sich ausgeschlossen vorkam.
Das hatte sie nicht gewollt. Ihr schlechtes Gewissen meldete sich heftig. Aber wie immer befand sie sich in einer Zwickmühle. Wenn sie das attraktive Stellenangebot auf Maui ablehnte, würden alle schrecklich enttäuscht sein – ihre Eltern und ihre Mentorin hier in Honolulu, Dr. Connelly, und alle anderen, die sie auf ihrem Weg unterstützt hatten. Und Cal konnte sie es sowieso nicht recht machen. Natürlich erwartete er, dass sie in ihrem Beruf erfolgreich war, aber er wollte auch nicht, dass die Arbeit ihnen ihre gemeinsame Zeit stahl – allerdings wurde sie als Geburtsärztin mindestens ebenso oft zu ungeplanten Notfällen gerufen wie er als Chirurg. Von daher war dieser Anspruch allein schon kaum zu erfüllen.
Da er auf eine Erklärung zu warten schien, sagte sie schließlich: „Ich hätte es dir schon noch erzählt.“
Kühl blickte er sie an. „Das bedeutet wohl, du hast das Angebot noch nicht abgelehnt!?“
Ashley zuckte die Schultern. Sie fühlte sich schlecht vorbereitet und unwohl in ihrem hellblauen Arztkittel und der lockeren Baumwollhose. Eine andere Kleidung wie ein sexy Sommerkleid hätte ihr vielleicht mehr Selbstvertrauen gegeben.
Sogar ihre Frisur war zerzaust. Sie löste den Knoten im Nacken, strich sich die losen Strähnen aus dem Gesicht und drehte das Haar wieder ordentlich zusammen.
„Ich habe es erst letzte Woche erfahren“, sagte sie lahm.
„Aber deine Kollegen wissen schon Bescheid.“
Natürlich wollte er der Erste sein, dem sie von solchen großen Neuigkeiten erzählte. Da die Stelle auf Maui bisher ihr einziges Jobangebot war, hatte sie damit noch gewartet. Sie hatte in den letzten Wochen einfach keine Zeit gehabt, sich irgendwo zu bewerben, und diesen mangelnden Elan würden weder ihre Eltern noch Cal verstehen. Er konnte zwischen sechs Angeboten entscheiden, als er mit seiner Assistenzzeit fertig geworden war. Allerdings hatte er sich auch die ersten fünf Monate ihrer Ehe ausschließlich um Bewerbungen und Vorstellungsgespräche gekümmert. Im Gegensatz dazu hatte sie im letzten halben Jahr ihre wenigen freien Tage nur dafür verwendet, Zeit mit Cal zu verbringen.
„Einige der Schwestern waren zufällig dabei, als ich den Anruf aus Maui bekam“, erklärte sie.
„Aha. In North Carolina haben wir mittlerweile auch schon Telefon.“ Es klang verärgert und enttäuscht.
Ihm zu missfallen, hatte ihr schon immer schlimm zugesetzt. „Ich wollte das lieber persönlich mit dir besprechen“, erwiderte sie mit zitternder Stimme.
Doch ihre Bemerkung schien alles noch schlimmer zu machen. „Du denkst doch wohl nicht
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