Julia Saison Band 17
mit einer anderen Frau angebändelt.
Alex fühlte sich, als würde ihn jedes einzelne Hormon seines Körpers dazu drängen, Bradford zur Rede zu stellen. Ihn zu fragen, was ihm eigentlich einfiel, die einfühlsamste und mutigste Frau auf der ganzen Welt zu verletzen. Nur konnte er das schlecht tun … weil er kürzlich genau dasselbe getan hatte.
Auch er hatte Georgia abgewiesen und sich geweigert, das Geschenk, das sie ihm mit ihrer Liebe machen wollte, anzunehmen. Wie Bradford hatte auch er sie einfach gehen lassen.
Mit einem Mal wurde Alex klar, dass Daniel Bradford sich ebenso wenig für eine Ehe mit Georgia eignete wie er selbst – und dass er diese Frau ebenso wenig verdiente.
Er gab Roger ein Zeichen, damit der ihn auf den Boden zurückholte. Als er unten ankam, streifte er hastig die Gurte ab und verließ das Kletterzentrum, bevor die Versuchung zu groß wurde, Bradford jene Frage zu stellen, die ihm unter den Nägeln brannte: Wie haben Sie es geschafft, über Georgia hinwegzukommen?
Ein Jahr.
So lange war es her, dass Georgia zuletzt in einem Studio von Radio EROS gesessen hatte. Es sah jenem Studio zum Verwechseln ähnlich, aus dem sie vor zwölf Monaten geflüchtet war, nachdem Dan ihren Antrag abgelehnt hatte.
Damals hatte sie sich nichts Grässlicheres vorstellen können, als unter den zwischen Neugierde und Entsetzen schwankenden Blicken von EROS-Mitarbeitern in dem Fahrstuhl zu stehen, dessen Türen sich scheinbar nie wieder schließen wollten. Heute wurde sie eines Besseren belehrt. Es gab Grässlicheres: nämlich erneut das Territorium jenes Mannes zu betreten, den sie zuletzt vor über zwei Monaten gesehen hatte. Den Mann zu treffen, nach dem sie sich in der Weihnachtszeit gesehnt und um den sie am Neujahrstag geweint hatte. Die Aussicht, ihm heute zu begegnen, versetzte sie in Panik. Ausgerechnet am Valentinstag, an dem man die Liebe feiern sollte.
„Möchten Sie etwas trinken?“, erkundigte sich die Redakteurin.
„Gern, einen Tee, bitte.“ Er würde ihre Hände wärmen, wenn auch nicht ihr Herz. Das wusste sie, weil sie schon seit Monaten erfolglos darauf hoffte.
Die Redakteurin warf dem jungen Mädchen neben sich einen Blick zu, woraufhin der Teenager aus dem Studio huschte, um Tee zu kochen. „Praktikantin“, erklärte die Redakteurin knapp.
Mädchen für alles, dachte Georgia und solidarisierte sich instinktiv mit dem jungen Mädchen.
„Setzen Sie sich doch, Georgia. Unsere Fragen haben Sie bekommen?“
„Ja. Welcher Kurs hat mir am besten gefallen? Womit werde ich weitermachen? Was habe ich aus meinem Jahr gelernt?“
„Wenn Sie darüber hinaus etwas sagen möchten, können Sie das gern tun.“
Damit spielte die Redakteurin auf Dan an. Bisher hatte Radio EROS Wort gehalten und ihn nicht erwähnt, seit der Vertrag unterschrieben worden war. „Wenn es sich ergeben sollte“, erwiderte Georgia, entschlossen, sich auf den letzten Metern nicht unter Druck setzen zu lassen.
„Ich habe den Abschlussbeitrag von Alex gehört. Wirklich gut.“
„Wenn man vom Teufel spricht“, bemerkte die Frau, die gerade, gefolgt von einem Mann, hereinkam. Offenbar waren es die beiden Moderatoren.
Schon bei der Nennung seines Namens hatte Georgias Körper sich automatisch verspannt. Jetzt saß sie stocksteif da und widerstand der Versuchung, sich zu der dunkel getönten Glaswand umzudrehen.
Auch die Redakteurin tat, als bekäme sie nichts davon mit, dass der Manager von Radio EROS im Nachbarstudio aufgetaucht war. Ihr Blick streifte die Glaswand nur ganz kurz. „Super“, brummte sie. „Wenn der Chef einen beobachtet, arbeitet es sich doch gleich viel besser.“
Ihre Kollegin lachte.
Die respektlose Bemerkung gefiel Georgia nicht. Sie selbst hatte ja nichts mehr mit Alex zu tun, aber für diese Frauen war er der Vorgesetzte. Ein anständiger – wenn auch komplizierter – Mann mit einem schwierigen Job.
„Keine Sorge“, sagte die Redakteurin, die Georgias Miene falsch interpretierte. „Er kann uns nicht hören, bis ich den Knopf drücke. Die Studios sind schalldicht.“
„Dann sollten Sie besser hoffen, dass er nicht von den Lippen ablesen kann.“ Georgia wunderte sich, warum es sich so gut anfühlte, seine Partei zu ergreifen. War sie derart versessen darauf, eine Verbindung zwischen ihnen beiden herzustellen?
Sie war mit gemischten Gefühlen zum Sender gekommen: fünfzig Prozent Schmerz und fünfzig Prozent gespannte Erwartung, Alex über den Weg zu laufen. Wie
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