Julia Saison Band 17
auch genau dort mit seiner Suche begonnen. Er hatte die Wahrheit gesagt, als er meinte, er würde einigen Schaden anrichten. Doch er hatte gelogen, als er behauptet hatte, er wüsste nicht, wie es wäre, ein Kind zu haben.
Die ganze Zeit über, während er grub, quälte ihn diese Lüge. Aber sollte er sich Annette anvertrauen, nur weil sie ihm von ihrem Exverlobten erzählt hatte?
Vielleicht lag es daran, dass Jared sich trotz all der Jahre, die vergangen waren, seit er seine Tochter verlassen hatte, noch immer schuldig fühlte. Empfand er deshalb das Bedürfnis, sich einmal einem anderen Menschen gegenüber alles von der Seele zu reden?
Aber das ging nicht. Er konnte die Vorstellung nicht ertragen, wie Annette ihn ansehen würde, wenn sie hörte, dass er auf seine Weise genauso unmoralisch gehandelt hatte wie ihr Exverlobter.
Hinter ihm wurde die Fliegengittertür zur Seite geschoben. Jared wusste sofort, dass Annette dort stand, denn er spürte ihre Nähe so intensiv, als würde sie ihn berühren.
„Hast du Hunger?“, fragte sie.
Entschlossen schüttelte er seine finsteren Gedanken ab. „Willst du mich etwa auch noch dafür belohnen, dass ich deinen Garten aufgerissen habe?“
Sie lachte. „Ich bin nicht sicher, ob du mein Essen noch als Belohnung bezeichnen würdest, wenn du es erst mal probiert hast.“
Er schaute über die Schulter. Zwar trug sie noch immer den weiten weißen Pullover und ihre Khakihose, aber ihr Anblick genügte trotzdem, um seinen Blutdruck in die Höhe zu treiben. Sie brauchte bloß aufzutauchen, und schon durchzuckte ihn ein heftiges Verlangen. Das war wirklich gefährlich.
Er richtete sich auf, wobei er sich die Jeans abklopfte. „Du kochst bestimmt sehr gut.“
„Na ja, ich bin keine Spitzenköchin, aber auch nicht ganz schlecht“, gab Annette zurück. „Mach doch einfach eine Pause und überzeug dich selbst.“
Lächelnd trat sie zur Seite, während er seine Handschuhe auszog, sie auf die Terrasse fallen ließ und dann zu ihr kam. Auf der Kunstgrasmatte mit einem Plastik-Gänseblümchen in einer Ecke wischte er sich sorgfältig die Stiefel ab. Dabei bemühte er sich, den Geruch von Annettes Haar nicht allzu tief einzuatmen.
Drinnen wurde er von dem köstlichen Aroma des Essens empfangen. Im Bad wusch er sich den Schmutz ab, um halbwegs präsentabel auszusehen, und hängte seinen Cowboyhut auf einen Haken an der Badezimmertür.
Beim Hinausgehen fiel sein Blick zufällig auf sein Spiegelbild, und er unterdrückte den Impuls, sich mit den Fingern durch das dunkle, wellige Haar zu fahren. Wieso sollte er sich diese Mühe machen? Es war ja nicht so, als ob er Annette Olsen beeindrucken wollte.
Dann ging er in die gemütliche kleine Küche mit den fröhlichen gelben Halbgardinen und dem verschrammten Küchenschrank, auf dem sich Kochbücher mit so gesund klingenden Titeln wie „Muttis Bioküche“ stapelten.
Annette, die für Jared einen Stuhl hervorzog, bemerkte seinen Blick. „Keine Angst, ich habe keinen Sojakäse oder Quinoa ins Essen getan.“
„Was zum Henker ist denn Kinwah?“
Wieder lachte sie. Es schien für sie ganz natürlich zu sein, während Jared jahrelang nicht hatte lachen können.
Aber jetzt lächelte er. „Davon habe ich noch nie gehört.“
„Ehrlich gesagt wusste ich nicht mal, wie man Quinoa richtig ausspricht, als ich es das erste Mal in einem Rezept las“, gab sie amüsiert zurück. „Dann habe ich herausgefunden, dass es sich um eine Art Getreide mit sehr hohem Proteingehalt handelt. Vielleicht koche ich eines Tages mal welches für dich.“
Eines Tages.
Die Worte legten sich leicht wie eine Feder auf seine Schultern. Jared traute sich kaum, sich zu bewegen, aus Furcht, ihr Angebot könnte sich plötzlich in Luft auflösen.
Andererseits, warum sollte ihm das etwas ausmachen?
Annette brachte ihm einen Teller mit gegrilltem Käse-Sandwich, eingelegten Gurkenscheiben und ein paar mehrfarbigen, besonders dünnen Chips. Dazu gab es noch eine Schale dampfender Suppe. Das Besteck lag schon bereit, und Jared breitete eine rot gestreifte Serviette auf seinem Schoß aus, fast wie in einem Edelrestaurant.
Irgendwie stimmte das auch, vor allem wegen Annette. Sie schien jedem Ort besondere Klasse zu verleihen.
Jared spießte eins von den dünnen Dingern auf.
„Das sind Gemüsechips.“ Mit ihrem eigenen Teller setzte sie sich zu ihm an den Tisch. „Und ich muss dich warnen, die machen süchtig.“
„Du meinst, ein Mann kann damit
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