Julia Sommerliebe 0020
wusste sie natürlich nicht. Seb sehnte sich so sehr danach, es ihr zu erzählen, ihr von seinen Ängsten und Fehlern zu berichten und mit ihr darüber zu sprechen, wie es künftig mit ihnen weitergehen sollte … falls es nicht schon zu spät war. Denn Ginas Zweifel waren so deutlich, dass es ihm wehtat.
Erst als sie am frühen Abend durch Mediziner vom Festland abgelöst wurden, verließen sie den Unglücksort. Während der Rückfahrt herrschte angespanntes Schweigen zwischen Seb und Gina. Bei der Villa angekommen, wollte sie gleich in ihr Zimmer im Gästeflügel gehen.
„Bitte, Gina, ich …“ „Ich bin sehr müde, Seb“, erwiderte sie. „Ich möchte jetzt duschen und dann ins Bett.“
Pure Angst erfüllte ihn, als Gina seinem Blick auswich. „Das verstehe ich“, zwang er sich zu sagen. „Vielen Dank für alles, was du heute getan hast. Du warst einfach toll.“
Sie nickte nur müde und wandte sich ab. Widerstrebend ließ Seb sie gehen und verfluchte sich innerlich. Er hatte ihr nie wehtun wollen. Und Gina war verletzt, das sah er ihr deutlich an. Er hatte keine Ahnung, was er nun tun sollte – zu ihr gehen oder ihr den Abstand lassen, den sie wollte?
Er schickte Evelina nach Hause, sah nach Maria und ging dann duschen. Schließlich aß er in der Küche ein wenig von der Mahlzeit, die Evelina für ihn und Gina vorbereitet hatte.
Danach ging er ins Bett, erschöpft und mit schmerzenden Händen. Ohne Gina erschien ihm sein Bett leer und viel zu groß. Seb fühlte sich allein und unruhig – ohne Gina in den Armen zu halten, konnte er nicht einschlafen. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und stand auf, um nach ihr zu sehen. Als er sie in ihrem Zimmer nicht fand, ging er zu Maria, wo Gina es sich auf dem Sessel neben dem Bett bequem gemacht hatte.
Seb konnte ihren Schmerz und die Angst, sie endgültig verloren zu haben, nicht ertragen. Behutsam hob er Gina auf die Arme und trug sie in sein Schlafzimmer.
„Psst, amore mio“, flüsterte er, als sie schlaftrunken protestierte. Er legte sie sanft ins Bett, deckte sie zu und legte sich dann neben sie, um ihre Tränen fortzuküssen. „Es tut mir so leid, Gina“, sagte er und zog sie an sich. „Bitte verzeih mir.“
Seb hielt sie die ganze Nacht lang in den Armen und betrachtete sie, während sie schlief. Als er jedoch morgens aufwachte, lag Gina nicht mehr neben ihm. Beunruhigt stand er auf, zog sich an und wollte sie suchen. In der Villa entdeckte er niemanden. Doch schließlich fand er Maria auf der Terrasse, zusammen mit Evelina, die sich entschuldigte und in die Küche zurückzog.
„Gina ist spazieren gegangen“, sagte Maria. In ihrem Blick lagen Verständnis und auch Tadel. „Sie brauchte Zeit, um allein in Ruhe nachzudenken.“
Verdammt! Gina sollte sich keine Gedanken machen, bevor er die Gelegenheit gehabt hatte, mit ihr zu sprechen und ihr alles zu erklären. Seb hielt es kaum aus, er musste zu ihr.
„Ist sie an den Strand gegangen?“, fragte er hastig.
„Nein, caro Seb. Sie hat nicht gesagt, wohin sie wollte. Und ihr Handy hat sie auch nicht mitgenommen.“
Unruhig begann Seb, auf der Terrasse hin- und herzulaufen.
„Sebastiano!“, hörte er Evelina plötzlich rufen. „Ein Anruf für dich. Angeblich ist es wichtig.“
„Danke.“ Seufzend wandte er sich Maria zu. „Bitte entschuldige, ich sollte das Gespräch wohl besser annehmen.“
„Natürlich. Und mach dir bitte nicht allzu viele Sorgen“, sagte sie und strich ihm über die Hand.
Doch ihre Worte konnten Seb nicht beruhigen. Und die unerwarteten Nachrichten, die er kurz darauf erhielt, erhöhten seine Anspannung zusätzlich.
„Das war die Polizei von Florenz“, berichtete er, als er auf die Terrasse zurückkam. „Man hat den Mann verhaftet, der mich vermutlich damals im Juli mit dem Messer angegriffen hat.“ Er setzte sich, um den Kaffee zu trinken, den Evelina hinausgetragen hatte.
„Er war der Polizei bekannt, hat sich seit dem Zwischenfall aber versteckt gehalten, bis er gestern in Turin aufgegriffen und nach Florenz gebracht worden ist. Ich soll heute dorthin fahren und ihn identifizieren, bevor er vor Gericht gestellt wird.“ Er seufzte schwer. „Das kommt zu einem denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.“
„Sebastiano, du musst nach Florenz fahren“, sagte Evelina eindringlich.
„Ja, ich weiß, und sie haben auch schon einen Flug für mich gebucht. Aber ich möchte nicht abreisen, solange die Dinge zwischen mir und Gina ungeklärt sind.“ Nervös
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