Julia Sommerliebe 0020
vorstellen, auf Dauer irgendwo anders zu leben?“
„Ich …“ Plötzlich erinnerte sich Victoria an Annes Bemerkungen. Ihre Agentin wollte unbedingt, dass sie nach Malvarina zog. Sämtliche Gründe, warum sie nicht hierher wollte, wurden ihr plötzlich wieder bewusst. Wollte Rodolfo sie etwa nur um den Finger wickeln, damit sie in seine Insel investierte?
„Es tut mir leid. Das war eine persönliche Frage, es geht mich nichts an“, sagte er schnell. „Aber wenn du dir ein paar Grundstücke und Objekte auf der Insel anschauen möchtest, kann ich gerne etwas arrangieren.“
„Danke“, antwortete Victoria frostig. „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich jetzt zu Bett gehe? Ich bin ziemlich müde nach dem anstrengenden Tag.“
„Natürlich. Bestimmt bist du erschöpft. Ich begleite dich nach oben und vergewissere mich, dass du alles hast.“
„Das ist wirklich nicht nötig“, erwiderte sie eilig. Sie war bereits aufgestanden und wich einen Schritt zurück. „Ich finde mich schon zurecht. Gute Nacht.“ Damit drehte sie sich um, lief ins Haus, durchquerte zügig die Halle und flüchtete sich hinauf in ihr Zimmer.
Was hatte er nur falsch gemacht, dass sie so seltsam reagierte? Verwirrt schaute Rodolfo Victoria nach. Wie ein Gespenst verschwand sie in ihrem schillernden Kleid im Castello. War es etwa der Vorschlag gewesen, sich ein paar Grundstücke anzusehen? Er hatte es doch nur gut gemeint. Vermutlich war diese Frau noch viel sensibler, als man auf den ersten Blick vermutete. Noch immer spürte er ihre leidenschaftlichen Küsse auf seinen Lippen. Sein Verlangen, sie zu besitzen, war beinahe überwältigend, und er musste tief durchatmen.
Eine Weile schaute er hinaus aufs Meer, ehe er beschloss, ebenfalls zu Bett zu gehen. Er musste Victoria Zeit geben. Die Ereignisse der letzten Tage hatten ihr zugesetzt, und im Moment war sie noch viel zu durcheinander. Außerdem war sie sein Gast, und das durfte er auf keinen Fall ausnutzen.
Als er auf dem Weg in seine Privaträume an Victorias Zimmer vorbeikam, musste er unwillkürlich schmunzeln. Es war das erste Mal seit langem, dass er die Gesellschaft einer Frau wirklich genoss.
4. KAPITEL
Ein einziger heller Sonnenstrahl, der durch die blauen Brokatvorhänge fiel, weckte Victoria am nächsten Morgen.
Zuerst hatte sie keine Ahnung, wo sie war. Einen Moment lang rätselte sie, ob es sich vielleicht um ein Filmset handelte. Dann erblickte sie ihr Gepäck in einer Ecke des Raums. Nach und nach drangen die Geschehnisse des gestrigen Tages wieder in ihr Bewusstsein und sie erinnerte sich – an den schrecklichen Morgen, den Flug zur Insel und schließlich an den leidenschaftlichen Kuss mit Rodolfo auf der Terrasse.
Beim Gedanken daran durchlief ein wohliges Kribbeln ihren Körper. Noch nie war sie so geküsst worden. Die Vorstellung, dass es vielleicht wieder passieren könnte, machte sie nervös. Gleichzeitig spürte sie jedoch eine nie gekannte, aufgeregte Anspannung. Natürlich war Rodolfo nur auf eine kurze Affäre aus, eine unterhaltsame Liaison, um sich die Zeit zu vertreiben. Vermutlich war das der wahre Grund, warum er sie hierher eingeladen hatte. Aber egal, was er für Gründe hatte, sie konnte damit umgehen … ganz sicher. Schließlich war sie alt genug, um eine Affäre zu genießen, ohne in den betreffenden Mann verliebt zu sein. Es war jedenfalls höchste Zeit, dass sie in Sachen Leidenschaft ein paar Erfahrungen sammelte. Und vielleicht war Rodolfo ja genau der richtige Mann dafür. Schließlich schien er keine Bedingungen zu stellen, und er war ein vollendeter Gentleman. Außerdem fühlte sie sich zu ihm hingezogen wie noch zu keinem Mann zuvor.
Eine Stunde später war Victoria bereit fürs Frühstück und ging nach unten. Sie trug einen kurzen weißen Baumwollrock, ein Designerstück, dazu ein enges rosa T-Shirt und flache Ballerinas.
„Ich hoffe, du hast gut geschlafen?“, begrüßte Rodolfo sie, als sie zu ihm an den Frühstückstisch trat.
Victoria lächelte. Mein Gott, wie gut er aussah in seinen Jeans und dem weißen Poloshirt!
„Wunderbar, danke.“
„Bitte setz dich doch.“ Inzwischen war er aufgestanden und wartete höflich ab, bis sie an dem rustikalen Holztisch Platz genommen hatte. Gar nicht, wie man es sich in einem Schloss vorstellt, schoss es Victoria durch den Kopf. Sie fühlte sich sofort wohl und nahm genüsslich einen Schluck von dem frisch gepressten Orangensaft.
„Ich habe mir erlaubt, unseren Hausarzt
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