Julia Sommerliebe 0020
als sie sich die Tauchmasken aufsetzten, mussten sie beide über den ungewohnten Anblick lachen. Dann glitten sie gemeinsam ins Wasser.
Victoria hatte keine Angst vor dem Meer. Sie war eine gute Schwimmerin und folgte Rodolfo ohne Schwierigkeiten. Durch ihre Maske konnte sie bis auf den Meeresboden sehen. Bunte Fische tummelten sich unter ihr, Seepflanzen und Muscheln schimmerten im sonnendurchfluteten Wasser. Als sie die Grotte erreichten, wich das schillernde Licht dunklen Schatten. Kurze Zeit später hielt Rodolfo an einem Felsvorsprung inne, an dem sie sich ausruhen konnten.
Victoria nahm ihre Maske ab und betrachtete die schillernden Blau- und Grüntöne an den Felswänden. „Das ist ein faszinierender Ort“, rief sie begeistert.
„Das sind Leuchtstoffe im Stein, die dieses Schimmern erzeugen“, erklärte er. „Fühlst du dich gut? Wollen wir weiter?“
„Ja, mir geht es großartig. Ich könnte noch stundenlang weiterschwimmen.“
Sie streiften sich die Masken wieder über und schwammen tiefer in den gewundenen Grottentunnel hinein. Rodolfo kannte sich offensichtlich gut aus.
Doch auf dem Rückweg spürte Victoria plötzlich einen Sog, der binnen Sekunden immer stärker wurde und sie hinunterzuziehen versuchte. Fieberhaft schwamm sie gegen den Strom an, doch die Kraft des Wassers war unerbittlich. Es war ein Gefühl, als wollte eine dunkle Macht sie in die Tiefe ziehen. Rodolfo bemerkte nichts und entfernte sich immer weiter von ihr.
Victoria geriet in Panik. Einen nervenaufreibenden Augenblick lang kämpfte sie mit ihrer Tauchmaske und dem Schnorchel, bis es ihr endlich gelang, beides hinunterzureißen.
„Rodolfo!“, rief sie so laut es ihre atemlose Stimme zuließ. Dabei schluckte sie immer wieder Wasser. „Rodolfo, bitte! Hilf mir!“ Entsetzt spürte sie, wie ihre Kräfte nachließen.
Gerade als sie dachte, das Wasser würde siegen und sie müsse hier und jetzt ertrinken, sah sie, wie er kehrtmachte.
Entsetzt schwamm er so schnell er konnte zurück. Irgendetwas ging hier vor sich! Vor vielen Jahren hatte er einmal von dem Phänomen des Sogs in dieser Grotte gehört. Aber er hatte es für ein Gerücht gehalten und niemals gedacht, dass es tatsächlich Realität werden könnte. Als er Victoria erreichte, schlang er von hinten seine Arme um ihren Oberkörper und zog sie mit aller Kraft an die Oberfläche und aus dem Strudel heraus. Das Wasser hatte eine ungeheure Macht, und es kostete ihn enorme Anstrengung, dagegen anzukämpfen. Doch schließlich spürte er, wie der Sog allmählich nachließ.Victoria keuchte, schnappte nach Luft und klammerte sich hilfesuchend an ihn.
„Victoria, cara …“ Ihren Kopf über Wasser haltend, schwamm er langsam zurück auf die offene See. Die Bordmannschaft erkannte schon von weitem, dass etwas nicht stimmte. Innerhalb von Sekunden wurde Victoria in ein kleines Rettungsboot gehoben. Dort lag sie, immer noch um Atem ringend, in Rodolfos Armen.
„Was ist passiert, Liebling? Was war das im Wasser?“, flüsterte er besorgt, nachdem sie wieder einigermaßen gleichmäßig atmete.
„Es war, als würde mich irgendetwas nach unten ziehen. Es war so stark, ich konnte nichts dagegen tun. Ich dachte, ich …“
„Ruhig, ganz ruhig. Entspann dich, du musst jetzt nicht reden. Es ist alles gut. Ich mache mir Vorwürfe, dass ich dich so einer Gefahr ausgesetzt habe. Ich hätte nicht so leichtsinnig sein dürfen. Aber ich werde dafür sorgen, dass die Grotten ab heute abgesperrt werden. Es ist zu riskant. Mein Gott, wenn ich dich nicht entdeckt hätte …“
„So etwas ist seit über fünfzig Jahren nicht passiert, Hoheit“, bemerkte einer der älteren Besatzungsmitglieder, als sie die Jacht erreichten.
„Ich weiß. Aber ich hätte daran denken müssen“, erwiderte Rodolfo ungehalten, während er an Bord kletterte. Dann trug er Victoria in den Salon und legte sie vorsichtig auf die Polster. Jemand brachte Wasser und Cognac, und er hielt Victoria ein Glas an die Lippen.
„Hier, nimm einen Schluck. Du wirst dich gleich besser fühlen.“
„Es geht schon wieder“, flüsterte sie und versuchte, sich auf den Ellenbogen aufzustützen. „Ich habe nur einen kleinen Schock, das ist alles.“
„Ich weiß. Aber jetzt ist alles gut.“ Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute sie an. „Ich hätte mir nie verziehen, wenn dir irgendetwas passiert wäre.“
Einige Sekunden lang blickten sie sich in die Augen. Erneut fing Victorias Herz an zu
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