Julia Sommerliebe 0020
klopfen. Würde er sie wieder küssen? Sie spürte, wie die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu tanzen begannen. Selbst in diesem geschwächten Zustand sehnte sie sich nach seiner Berührung. Und dann senkte er auch schon seine Lippen auf ihren Mund. Nicht heiß und fordernd wie gestern, sondern zärtlich, langsam, so als wollte er mit diesem Kuss alle Ängste vergessen machen. Sanft zog er sie in seine Arme, und spätestens jetzt glaubte Victoria, vor Sehnsucht zerfließen zu müssen. Mit einem Mal vergaß sie alle Bedenken und genoss seine Küsse, die jetzt, da sie sie erwiderte, leidenschaftlicher wurden. Hingebungsvoll schlang sie ihre Arme um seinen Nacken, ihr ganzer Körper schien von köstlichen Gefühlen geradezu überwältigt.
„Victoria, ich will dich so sehr“, flüsterte Rodolfo mit tiefer, ein wenig heiserer Stimme. „Ich begehre dich, wie ich bisher nur einmal in meinem Leben eine Frau begehrt habe.“
Und ja: Auch sie wollte ihn. So wie sie in ihrem Leben noch nie einen Mann gewollt hatte. Niemals hätte sie auch nur geahnt, dass man ein so starkes Verlangen verspüren konnte. Aber was passierte, wenn sie diesem Verlangen tatsächlich nachgab? Was waren die Folgen? Und das Wichtigste: Spielte es überhaupt eine Rolle, welche Folgen es hatte?
Plötzlich und abrupt stand Rodolfo auf, so als erschienen ihm seine leidenschaftlichen Worte mit einem Mal unangebracht. Schließlich war Victoria gerade erst einer echten Lebensgefahr entkommen. „Wir nähern uns der Küste“, sagte er und räusperte sich. „Ich hole dein Kleid.“
Eine halbe Stunde später erreichten sie das Castello. Mit wackeligen Schritten versuchte Victoria, aus dem Porsche zu steigen. Doch Rodolfo war schneller, lief an ihre Seite und hob sie auf seine Arme. Ohne auf ihren Protest zu hören, trug er sie ins Schloss, die breite Treppe hinauf und bis in ihr Zimmer. Dort legte er sie auf die weiße, mit Spitzen versehene Tagesdecke ihres riesigen Bettes.
„Du musst dich jetzt ausruhen“, sagte er bestimmt und deckte sie zu. „Später, wenn es dir besser geht, können wir reden.“
Matt lächelnd sah sie zu ihm auf. Der Cognac und der Schock hatten sie müde gemacht. Schon nach wenigen Minuten war sie eingeschlafen.
Unten stand Rodolfo auf der Terrasse und blickte nachdenklich aufs Meer hinaus. Etwas Seltsames war heute geschehen, etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Die Angst, die er gespürt hatte, als Victoria in dem Wassersog gefangen war, war nicht die bloße Sorge um einen Gast gewesen. Nicht mal die Sorge um eine attraktive Frau. Nein, etwas anderes steckte dahinter – etwas, das ihn schmerzlich an Giada erinnerte. Je länger er darüber nachdachte, desto unruhiger wurde er. Was waren das für Gefühle, die er für Victoria hegte? War es nur vorübergehendes Verlangen, das befriedigt werden musste und dann wieder abklingen würde? Nein, seltsamerweise fühlte es sich anders an. Es war … echte Zuneigung. Eine Art zärtliche Sehnsucht.
Lächerlich!, ermahnte er sich schnell. Er kannte dieses Mädchen kaum, und was er über sie wusste, sprach nicht gerade für sie. Was, wenn sie wieder anfing, diese Tabletten zu nehmen? Was würde das für seinen Ruf und nicht zuletzt das Ansehen der Insel bedeuten, wenn er eine Affäre mit einem labilen Hollywood-Starlet unterhielt? Doch tief im Innern wusste er, dass Victoria unschuldig war. Die Tablettensucht war nur der verzweifelte Versuch gewesen, die lähmende Schüchternheit zu besiegen. Victoria war ein sensibles Mädchen, dem das knallharte Filmbusiness zusetzte und das versuchte, das neue Leben mit Medikamenten in den Griff zu bekommen. Jetzt aber, da sie sich der Gefahr bewusst und vorerst in Sicherheit war, würde sich das Problem wahrscheinlich von selbst erledigen.
Doch was würde die Zukunft bringen? Schon in sechs Wochen sollten die Dreharbeiten zu ihrem neuen Film beginnen. Ohne jemanden an ihrer Seite, der wirklich auf sie aufpasste, konnte sie leicht in die alte Routine verfallen.
Er ballte seine Hände zu Fäusten. Aber nicht, wenn er es irgendwie verhindern konnte! Was zwischen ihnen passiert war, änderte nichts an seinem Entschluss, Victoria zu beschützen. Wie er das anstellen sollte, wusste er noch nicht. Aber er würde einen Weg finden.
5. KAPITEL
Victoria schlief ein paar Stunden lang. Als sie aufwachte, fühlte sie sich ausreichend erholt, um mit Rodolfo zu Abend zu essen.
Sie betrat das große, elegante Wohnzimmer, dessen Atmosphäre an längst
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