JULIA SOMMERLIEBE Band 21
und ihrem Onkel nach San Lopez gefahren. Ramos wird zweifellos dort eine du ena für sie finden.“
„Ich könnte mich um sie kümmern, wie verabredet …“
„Nein!“ Sein scharfer Ton brachte Linda zum Schweigen. „Das kommt gar nicht infrage.“
„Aber warum nicht?“ Linda sah ihn herausfordernd an. „Sie sind doch ein Mann, der großen Einfluss hat. Also wäre es für Sie kein Problem, den Behörden zu erklären, warum ich keine Arbeitserlaubnis habe.“
„Das könnte ich“, stimmte er zu, während er vorsichtig eine Nektarine mit einem scharfen Silbermesser abschälte, „aber ich habe nicht die Absicht, es zu tun.“
„Wie können Sie so etwas sagen?“ Linda konnte es kaum glauben. „Sie zwingen mich also, hier zu bleiben?“
„Ja“, gab er ungerührt zurück und hielt ihr auf der Klinge ein Stück der Frucht hin. „Probieren Sie mal.“
„Ich will nicht.“
„Seien Sie nicht kindisch.“
Widerwillig nahm sie das Stück Nektarine und schob es in den Mund. Dieser Mann jagte ihr Angst ein. Wie sollte sie sich auch gegen ihn zur Wehr setzen, mit seinen breiten Schultern und den muskulösen Armen?
Gestern hatte sie noch die Sicherheit gehabt, dass Don Ramos zumindest in Reichweite war, aber jetzt, da er und seine Schwester nicht mehr im granja waren, war sie El Khalid auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Und er wusste genau, dass sie Angst vor ihm hatte, das zeigte sein ganzes Verhalten und die Art und Weise, wie er sie mit seinen tiefdunklen Augen fixierte.
„Wenn Sie so versessen darauf sind, eine companera zu sein, könnten Sie ja meine werden“, sagte er fast beiläufig. „Ich brauche ab und zu eine, und Sie wären sehr gut geeignet.“
„Das … das kann doch nicht Ihr Ernst sein!“ Ungläubig sah Linda ihn an. „Ich bin hierher gekommen, um ein Kind zu betreuen, nicht einen Mann.“
„Ihre Aufgaben wären fast die gleichen.“ Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und steckte sich eine Zigarillo zwischen die Lippen. Während er die Spitze mit einem goldenen Feuerzeug anzündete, betrachtete er Linda durch die helle Flamme. Dann klappte er das Feuerzeug wieder zu und steckte es zurück in die Tasche. „Ich hätte gerne jemanden, der mir vorliest. Außerdem liebe ich Musik. Ich glaube, Sie sollten Pepita das Klavierspielen beibringen, nicht wahr?“
„Ja. Es ist neben dem Cello mein Lieblingsinstrument. Don Ramos hat mir gesagt, dass im granja ein Klavier steht.“
„Dann spielen Sie auch Cello?“
„Ja.“
„Sie sind eine recht fähige junge Frau.“
„Was Musik betrifft, ja.“
„Und bei anderen Dingen?“ Lässig zog er an seiner Zigarre, als sei es für ihn schon ausgemachte Sache, dass sie für ihn arbeitete. „Worin sind Sie denn noch gut, senori ta ?“
„Jedenfalls bin ich nicht gut darin, die Art von weiblicher Gesellschafterin zu sein, die Sie sich vorstellen“, gab sie zurück. „Das ist … doch wohl die Höhe!“
„Sie können sicher sein, dass ich nur ehrenwerte Absichten habe. Aber da wir schon davon sprechen. Wären Sie ein Feigling, würden Sie sicher nicht in meinem Haus sein. Dios mios , Sie würden mir hier nicht gegenübersitzen. Eine rebellische Frau kann ich ertragen, aber nicht eine, in deren Adern nur Wasser fließt, comprende ?“
Trotzdem flatterten ihre Nerven, und sie verknotete die Hände im Schoß. Denn seine Miene wirkte so unnachgiebig, als hätte er das Wort Nein noch nie von einer Frau gehört.
„Zuerst möchte ich Ihnen ein bisschen von mir erzählen.“ Kurz warf er einen Blick auf die glühende Zigarrenspitze. „Ich bin soltero , was nichts anderes heißt, als dass ich nie das Bedürfnis hatte zu heiraten. Andererseits habe ich Besitztümer in Spanien und im Orient. Also bin ich es mir selbst schuldig, für einen Erben zu sorgen, der meinen Namen weiterträgt und mein Vermögen erbt. Ein Grundbedürfnis jedes Mannes, das ich nun zu befriedigen gedenke. Was mich betrifft, spielen Gefühle bei meinem Angebot keine Rolle. Ich bin ein Mann, senorita , der geboren ist, ohne Liebe in sich zu tragen. Ich habe in all den Jahren noch nie einen Menschen getroffen, der mein Herz mit grenzenloser Freude erfüllt hätte. Und ich habe nur sehr wenig Interesse an dem Phänomen, das man Liebe nennt.“
Er hielt inne, während sein Blick über Lindas Gesicht glitt. „Bei Ihnen, senorita inglesa , erkenne ich Charakter, Distanziertheit und das Bedürfnis, Ihre Pflicht zu erfüllen. Deshalb mache ich Ihnen den Vorschlag, die Frau
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