JULIA SOMMERLIEBE Band 21
nachzugeben.“
Linda hielt die Luft an. Wusste sie tatsächlich, auf was sie sich mit diesem Mann einließ? Selbst in seinem perfekt geschnittenen, modernen Anzug sah er aus, als ob er sich im falschen Jahrhundert befinden würde.
„Trägst du morgen auch ein orientalisches Gewand?“, fragte sie.
„Aber natürlich.“ Er zog an seiner Zigarre und blies einen kleinen Rauchring in die Luft. „Wenn ich an einer wichtigen Zeremonie teilnehme, trage ich immer die Insignien eines Scheichs. Dir ist doch wohl bewusst, dass ich ein Scheich bin?“
Verunsichert lächelte sie. „Wer hätte gedacht, dass ein einfaches englisches Mädchen wie ich mal einen Mann mit Titel heiratet. Werde ich dann auch einen Titel tragen?“
Er legte den Kopf schräg. „Die Angestellten in meinem Haushalt werden dich mit lellah anreden, das bedeutet Lady. Morgen um die Zeit wirst du Lady Linda sein.“
„Oh …“ Es war nicht zu übersehen, dass ihre Lippen zitterten. „Du heiratest mich, Karim, und weißt doch so wenig über mich.“
„Das, was ich für wichtig erachte, weiß ich.“ Mit besitzergreifendem Blick sah er sie an. „Wenn du dich so sehen würdest wie ich es tue, würdest du verstehen, was ich meine.“
„Kleider machen Leute“, entgegnete sie trocken. „Ich weiß, dass ich nicht schön bin. Ich habe eine Stupsnase, mein Mund ist zu breit, und meine Haare sind nicht so wunderschön dunkel wie die der Spanierinnen.“
„Aber alles zusammengenommen ist es eine sehr ansprechende Kombination.“ Er beugte sich vor und umfasste mit seiner Hand ihr rechtes Fußgelenk. Eine Berührung, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Er wusste, genau wie sie, dass er mit seiner Berührung etwas in ihr auslöste, dem sie hilflos ausgeliefert war. Mochte sie auch noch so sehr zweifeln, waren all ihre Bedenken ausgelöscht, wenn er sie nur zärtlich streichelte. Auch jetzt war sie wie hypnotisiert, als er mit seinen Fingern über die seidenweiche Haut ihres Beines strich.
„Dein Körper entflammt mich“, murmelte er rau. „Ich will jeden Zentimeter deiner weißen Haut berühren, deine weichen goldenen Haare und deinen Pulsschlag unter meinen Fingern spüren. Es genügt doch, wenn wir wissen, dass wir einander nicht fremd sind, wenn wir uns berühren.“
Genügt das wirklich, dachte Linda, nachdem er sich wieder in seinen Sitz zurückgelehnt hatte und mit dem Steward den Lunch besprach. Eine wilde, unwiderstehliche Macht hatte sie in die Arme von Karim el Khalid de Torres getrieben. Anders konnte sie sich all das nicht erklären. Denn sonst hätte sie sicherlich nie einen Mann geheiratet, den sie nicht liebte, und von dem auch sie nicht geliebt wurde.
„Eisgekühlter Champagner mit frischem Orangensaft, lellah ?“ Karims amüsierte Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
„Oh … ja, bitte.“
„Für mich einen Maltwhisky“, erklärte Karim dem Steward, der sich höflich vor ihm verbeugte, ehe er zurück zur Bordküche ging.
„Anscheinend bist du kein orthodoxer Araber“, bemerkte Linda.
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe auch nie behauptet, dass ich ein Heiliger oder Sünder bin. Ich bin nur ein Mann mit den üblichen Lastern und Tugenden.“
Ein Mann, sinnierte sie, der noch nie ein gebrochenes Herz hatte; ein Mann, der es meisterhaft verstand, einer Frau Freude zu bereiten oder sie leiden zu lassen. All das las sie in seinen kraftvollen Zügen … von seinen unverschämten Lippen, mit deren Küssen er ihre Fragen zum Schweigen brachte, aber nicht ihre Zweifel.
„Während du dich in deinen Gedanken verloren hast, habe ich Lunch bestellt“, sagte er. „Ich glaube, ich weiß, was deinem Gaumen gefällt.“
Ein Hauch von Rosa überzog ihre Wangen. Seine Art, die Dinge auf verführerische Art auszudrücken, ließ sie erzittern, als ob sie ein Instrument in seinen Händen wäre. Sie kannte dieses Gefühl, wenn sie ihr Cello mit dem Bogen zum Klingen gebracht hatte.
„Was hast du denn bestellt?“, fragte sie.
„Trüffel in Wein gedünstet, Steaks mit Pfefferbutter und verschiedenem Gemüse. Und zum Dessert Stachelbeerkuchen mit Sahne.“
„Mmh, das klingt köstlich.“
„Köstlich“, wiederholte er sinnend, während er mit verhangenen Lidern ihren Mund betrachtete. „An was hast du denn eben gedacht?“
„Ach, nur dass ich nicht genau weiß, ob ich wach bin oder träume. Es ist alles so schnell gegangen.“
„Du hast also das Gefühl, dass ich dich in dieses Flugzeug verschleppt
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