JULIA SOMMERLIEBE Band 21
und sie hörte ihn sagen: „ Mia joya !“
„Sie sind doch verrückt!“, keuchte sie.
„Wie ein Wahnsinniger.“ Er stellte sie wieder auf die Füße. „Jetzt komm. Ich will dir ein Armband anlegen.“
„Ich habe bereits ein Armband.“
Er hob ihre linke Hand und warf einen flüchtigen Blick auf den Armreif. „Eine Erinnerung an deine Schulzeit, was? Der Reif, den ich in meinem Safe verwahre, ist aus reinstem Gold. Ich habe ihn in Marokko entdeckt und eigentlich nie gewusst, warum ich ihn erstanden habe. Jetzt habe ich die Antwort. Es ist nämlich Brauch in Spanien, einer noiva einen Armreif zu schenken, statt eines Ringes.“
„Sie haben doch viel mehr von einem Araber, El Khalid.“
Er warf ihr sein böse funkelndes Lächeln zu „Hast du Angst, dass ich dich in meinen Harem wegschließe?“
„Haben Sie das nicht vor?“, murmelte sie.
„In meinem Wüstenhaus gibt es zufällig wirklich einen.“
Linda spürte, dass er besitzergreifend ihre Hand umklammerte. Bald würde er auch alles andere von ihr in Besitz nehmen. Aber nicht voller Liebe und Zärtlichkeit, die zwei Menschen füreinander empfinden, die sich in gegenseitigem Respekt nähergekommen waren. Sie und El Khalid würden als Fremde vor dem Altar stehen. In wenigen Minuten würde sie seine goldene Fessel annehmen, die er um ihr Handgelenk legen würde.
Sie … Linda Layne, die stets so vernünftig gewesen war.
4. KAPITEL
Vorsichtig fuhr Linda mit den Fingerspitzen über ihr Kleid. Es war aus wunderschön weicher, goldgelber Seide, umschmeichelt von einem Cape aus dunklem Zobel, der mit Seide eingefasst war. Karim hatte auf dem Cape bestanden, genauso wie er darauf bestanden hatte, dass sie ihn beim Vornamen nannte … der sich auf ihren Lippen genauso fremd anfühlte wie die Tatsache, dass sie mit ihm nach Fes Eldjid flog.
Das teure Kleid und das wertvolle Cape konnten jedoch ihre Bedenken nicht zerstreuen. Denn ihr gegenüber in dem Privatjet saß Karim. Sein abwesender Blick zeigte ihr, dass er sich in seiner eigenen Gedankenwelt befand und sich ihrer kaum bewusst war.
Inzwischen versuchte sie gar nicht mehr sich einzureden, dass sie sich nicht körperlich zu ihm hingezogen fühlte. Und während sie ihn unter verhangenen Lidern ansah, konnte sie nicht umhin, ihn in seinem braunen Anzug mit dem weißen Hemd und den dunklen Manschettenknöpfen aus Onyx zu bewundern.
Geistig fühlte sie sich ihm immer noch nicht näher als an dem Tag, da sie sich zum ersten Mal gesehen hatten. Und trotzdem saß sie jetzt hier und flog mit ihm nach Fes, wo sie bald Mann und Frau werden sollten. Im Bauch des Flugzeugs wartete in teuren Koffern eine komplette Ausstattung wunderschöner Kleider, die sie in Barcelona in einem der besten Modehäuser gekauft hatten und die ihre wenig glanzvolle Garderobe ersetzte, die sie am Tag des Unfalls verloren hatte. In sprachlosem Erstaunen hatte Linda mitbekommen, wie Karim der Geschäftsführerin mitteilte, dass seine novia , also seine Verlobte, mit feins ter Seidenunterwäsche, Abend- und Tageskleidern, Blusen, Röcken und Schuhen, dazu Reitkleidung und Freizeitkleidung ausgestattet werden solle.
„Ihre Verlobte kann sich glücklich schätzen“, meinte die Frau lächelnd.
Er kauft mich, dachte Linda, und ich kämpfe nicht länger dagegen an.
Nicht, dass die wunderschönen Kleider oder das wertvolle Armband an ihrem Handgelenk ihr nicht gefallen hätten. Aber die letzten Tage in Spanien hatte sie oft Zweifel gespürt, und trotzdem wusste sie, dass es der Mann selbst war, der sie weiter an ihrem Versprechen festhalten ließ.
Heimtückisch hatte er sie mit einem Zauberbann belegt, und die Aussicht, seine Frau zu werden, war viel aufregender als die Vorstellung, in das langweilige Essex zurückzukehren. In solch einer Umgebung war es unmöglich, seinen eigenen Lebensstil zu finden. Die Menschen ähnelten sich in erschreckender Weise, genauso wie die Straßen und Häuser. Auch das Leben der einzelnen Familien ähnelte dem der anderen auf erstickende Art.
Also hatte Linda sich lieber für den unbekannten Teufel entschieden, statt für den, den sie kannte. Und jetzt saß er da, in Gestalt des dunklen und nachdenklichen Karim el Khalid de Torres.
Sie erinnerte sich daran, wie er der Frau in dem Modesalon erzählt hatte, dass er die Haarfarbe seiner novia bewundere und dass er sie in Stoffen sehen wollte, die ihrer Farbe schmeichelten.
Ihre Hand stahl sich nach oben, und sie nestelte an dem kleinen Hut, den sie
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