Julia Sommerliebe Band 22
Wangenknochen wirkte sie so erfrischend wie eine kühle Brise. „Hi!“
„Selber hi.“
Sie klopfte auf eine kleine Kühltasche. „Ich habe Sandwiches mitgebracht. Sind wir so weit?“
Jason ließ den Blick über ihren Körper gleiten. Wieder einmal quälten ihn Schuldgefühle. Er befand sich auf gefährlichem Terrain. Wenn er schlau wäre, würde er ihr jetzt sagen, dass ihm etwas dazwischengekommen war – sein Gewissen nämlich – und dass er ihr heute leider doch nicht Gesellschaft leisten konnte.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie und vergrub die weißen Zähne in der Unterlippe.
Dies war seine Chance, sich vor sich selbst zu retten und sie gehen zu lassen, damit sie jemand anders traf, mit dem sie Spaß haben konnte, jemanden, der ihr mehr bot als nur ein paar unterhaltsame Tage am Strand.
„Richtig, etwas stimmt nicht“, gab er zu.
Betroffen starrte sie ihn an. „Was denn?“
„Ich … ich … kenne Ihren Nachnamen noch nicht“, antwortete er und atmete genervt über sich selbst aus.
Sie lächelte. „Ach, das ist schnell erledigt. Ich heiße Bell. Lucy Bell. Und Sie?“
„McCormick.“
„Also, Jason McCormick, ich verlasse mich darauf, dass Sie mir heute dabei helfen, nach dem Ausschau zu halten, wonach ich suche.“
Jetzt war er an der Reihe zu lächeln. „Ich versuche mein Bestes.“
Sie gingen um die Ecke zu den Fahrrädern, um sich eins auszusuchen. Die meisten ermöglichten einen aufrechten Sitz und hatten vorn oder hinten einen Fahrradkorb befestigt. Sie hatten zwar nicht die geringste Gemeinsamkeit mit seinem Sportrad, aber immerhin konnte man bequem damit fahren.
Eine ältere Frau kam aus dem Büro und blickte zwischen ihnen hin und her. „Ich glaube, ich habe das perfekte Fahrrad für Sie.“
Jason wechselte einen verwirrten Blick mit Lucy und musste ein Lachen unterdrücken, als die Frau mit einem Tandem zurückkehrte. „Der hintere Fahrer kann zwar nicht lenken“, erklärte die Frau munter, „aber dafür kommt der vordere ohne seine Mithilfe beim Treten nicht weit.“
Jason wollte schon protestieren, aber dann sah er Lucys begeisterten Gesichtsausdruck.
„Das macht bestimmt einen Riesenspaß!“, rief sie. „Was meinen Sie?“
Jason seufzte. „Das werde ich später bestimmt noch bereuen.“ Das galt nicht nur für die Radtour, fügte er im Stillen hinzu. Er bezahlte, und er und Lucy übten vor dem Verleih unter viel Gelächter und mehrfachen Beinahe-Stürzen, bis sie den Dreh schließlich raus hatten. Dann verstauten sie die Kühltasche im Fahrradkorb und machten sich auf den Weg zu dem erwähnten Strandabschnitt.
Während der Fahrt war Jason sich der Gegenwart der Frau hinter ihm nur allzu deutlich bewusst. Erstaunlich, wie schnell sie einen gemeinsamen Rhythmus gefunden hatten und wie perfekt sie die Balance hielt. Außerdem war sie total unkompliziert und schien gern ihre Zeit mit ihm zu verbringen – eine gefährliche Kombination, sowohl für seinen Verstand als auch für seinen Körper.
Es war ein weiterer schöner heißer Tag auf Captiva Island. Leichte Helme und Sonnenbrillen schützten sie vor dem gleißenden Sonnenschein, während sie den erfrischenden Fahrwind genossen.
Gelegentlich machte Jason Lucy auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam – zum Beispiel die kleine Holzkirche, die schon ewig auf der Insel stand, oder die öffentliche Bibliothek – und freute sich jedes Mal unangemessen darüber, wenn sie ihn von hinten anstieß, um ihm eine Frage zuzurufen.
Hatte sie überhaupt eine Ahnung, wie unwiderstehlich sie war? Sie war genau die Sorte Frau, die einen Mann wider besseres Wissen zu Dummheiten verleiten konnte.
Die Insel war so klein, dass sie den Strandabschnitt schon bald erreicht hatten, ein langgestrecktes Areal, dessen Zugang Strandspaziergängern durch vom Sturm angewehtes Laub verwehrt war. Wie versprochen war der Sand übersät mit Muscheln. „Glauben Sie, dass Sie hier finden, wonach Sie suchen?“, rief Jason über die Schulter.
Hinter ihm warf Lucinda einen Blick auf den einsamen Strand, die sanfte Brandung und die sich im Wind wiegenden Palmen, doch ihre Augen wanderten automatisch wieder zurück zu Jasons breiten Schultern, den feuchten Locken, die unter seinem Helm hervorquollen, und der Bewegung seiner Unterarmmuskeln. Ihr wurde plötzlich mulmig, aber sie zwang sich zu einem entspannten Tonfall. „Das werden wir gleich sehen, oder?“
Nachdem sie das Tandem abgestellt hatten, hatte Lucinda Schwierigkeiten damit, den
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