Julia Sommerliebe Band 22
abzuwimmeln oder sich mit ihm zu verabreden und dann einfach nicht aufzutauchen? Die erste Option war direkter, brachte jedoch vielleicht unangenehme Fragen mit sich, und die zweite kam ihr einfach nur erbärmlich vor.
Lucinda war ratlos. Sie hatte nicht damit gerechnet, Gefühle für Jason zu entwickeln. Was sollte sie nur tun? Im Grunde genommen hätte sie nie gedacht, überhaupt jemals solche Gefühle für einen Mann zu empfinden.
„Lucy, manchmal findet man etwas genau in dem Moment, in dem man aufhört, danach zu suchen!“
Überrascht hob Lucinda den Kopf. Hatte sie etwa gerade laut gedacht, oder hatte er ihre Gedanken erraten?
Jason kniete sich in den Sand und vergrub die Finger an der Stelle, wo sie einen Abdruck mit ihrer Schuhspitze hinterlassen hatte. Er zog etwas heraus und schüttelte den Sand ab. Dann legte er es lächelnd auf ihre Handfläche.
Eine Junonia.
8. KAPITEL
Die Muschel, deren cremeweißes Inneres in eine glatte braungefleckte Oberfläche überging, war perfekt geformt. Sie sah so unscheinbar aus, dass man sich kaum vorstellen konnte, wie selten und kostbar sie war. Staunen überwältigte Lucinda.
„Sie hat eine Junonia gefunden!“, hörte sie jemanden rufen. „Da drüben!“
Plötzlich scharte sich eine aufgeregt schwatzende Menschenmenge um sie. Alle reckten neugierig den Hals, um einen Blick auf die Muschel zu werfen. Kurz darauf tauchte eine Frau vom Muschelclub auf, scheuchte alle beiseite und hielt eine Kamera hoch. „Ich brauche ein Foto von Ihnen für das Lokalblatt.“
Lucinda öffnete protestierend den Mund, wurde jedoch davon abgelenkt, dass Jason den Arm um ihre Taille legte und sie an sich zog. Als sie die Augen wieder auf die Frau richtete, war es bereits zu spät.
„Zeigen Sie mir genau die Stelle, wo Sie sie gefunden haben“, forderte die Frau sie auf und zog schwungvoll einen Notizblock aus der Tasche.
Wie betäubt zeigte Lucinda vor sich auf den Sand, und die Frau machte sich Notizen. „Für den Artikel brauche ich noch Ihre Namen.“
Da Lucinda schwieg, sprang Jason für sie ein. „Jason McCormick von Captiva und Lucy Bell aus Orlando.“
„Herzlichen Glückwunsch!“, sagte die Frau und winkte ihnen zum Abschied zu.
Bis über beide Ohren strahlend, küsste Jason Lucinda auf den Mund. „Freust du dich denn gar nicht?“
Sie nickte, noch immer benommen. „Doch, aber das kam so … unerwartet. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“
„Dass du mit mir frühstückst zum Beispiel.“ Seine Augen funkelten belustigt. „Aus irgendeinem unerfindlichen Grunde bin ich nämlich am Verhungern.“
Das Blut schoss ihr ins Gesicht, als sie plötzlich wieder an die letzte Nacht dachte. Ihr Hals schnürte sich zusammen. Sie wusste genau, dass sie verschwinden musste, bevor die Dinge noch komplizierter wurden als ohnehin schon, aber das Verlangen, mit ihm zusammen zu sein, war einfach zu groß. Was machte es schon für einen Unterschied, ob sie zwei Stunden früher oder später abreiste? Sie schadete damit niemandem außer sich selbst.
„Ich mache verdammt gute Pfannkuchen“, sagte Jason und wackelte verführerisch mit den Augenbrauen.
Lucinda lachte halb belustigt und halb wehmütig. Wie würden die Dinge mit Jason sich wohl entwickeln, wenn sie sich unter anderen Umständen kennengelernt hätten? Während sie Hand in Hand am Strand zurückgingen, warf sie einen Blick auf sein attraktives Profil und fragte sich, wie er reagieren würde, wenn sie ihm die Wahrheit sagte.
Dass sie weder Lucy Bell hieß noch rothaarig war. Dass sie einen Plan ausgeheckt hatte, um ihn kennenzulernen und Zeit mit ihm zu verbringen, um ihm Informationen für eine Kundin zu entlocken. Dass sie nicht damit gerechnet hätte, sich in ihn zu verlieben.
Bei dem Gedanken daran wurde ihr ganz übel. Trotzdem spielte sie die Situation weiter im Kopf durch, während Jason die Zutaten für das Frühstück auf die Arbeitsfläche stellte.
Er stöhnte frustriert auf. „Keine Eier mehr. Gibst du mir noch zehn Minuten? Ich fahre nur rasch einkaufen.“
„Für mich brauchst du das nicht zu machen“, antwortete Lucinda, die von Minute zu Minute nervöser wurde.
„Ich will sowieso die Zeitung holen. Brauchst du auch noch etwas?“
Eine Dosis Wahrheitsserum. „Nein danke.“
„Okay. Ich bin gleich wieder da.“ Er griff nach dem Haustürschlüssel, gab ihr einen Abschiedskuss und ging pfeifend davon.
Nachdem er die Tür hinter sich zugezogen hatte, vergrub Lucinda stöhnend den
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