Julia Sommerliebe Band 23
wortgewandt zu sein.
Stattdessen wollte sie ihm lieber tausend Fragen stellen. Zum Beispiel, warum er unbedingt die Villa verkaufen wollte. Oder warum er gestern Nacht so wütend gewesen war.
Wer bist du eigentlich, Leandro Filametti?
Und was ist bloß mit mir los, dass ich mich auf einmal nach etwas sehne, das mir vorher noch nie wichtig war?
„Und?“ Leandro räusperte sich und wischte geistesabwesend Spinnweben vom Türrahmen. „Haben Sie heute schon etwas Spannendes vor?“
„Nein, überhaupt nicht“, gestand Zoe. „Vielleicht gehe ich nachher noch schwimmen …“ Unwillkürlich musste sie wieder an ihr nächtliches Bad im See denken. Und daran, wie Leandro plötzlich neben ihr aufgetaucht war. Wie das Wasser im Mondschein von seiner Haut geperlt war, wie sie sich beinahe geküsst hatten. Erneut stieg ihr das Blut in den Kopf.
„Verstehe.“ Leandro räusperte sich noch einmal. „Hätten Sie vielleicht Lust, sich ein bisschen die Gegend anzusehen?“
„Mit Ihnen?“, platzte es aus Zoe heraus.
Leandro kniff die Lippen zusammen. Sein Blick verdüsterte sich kurz, aber dann lächelte er. „Ja, so hatte ich mir das gedacht.“
Zoe schüttelte das Staubtuch aus und faltete es ordentlich zusammen. Auf keinen Fall sollte er merken, wie sehr er sie mit seinem Vorschlag verwirrte. Was hatte er vor? Sollte das etwa ein Friedensangebot sein? Oder war das etwa eine Einladung zu einem Date?
Und was wollte sie eigentlich selbst?
„Sehr gern.“ Lächelnd sah sie zu ihm hoch. Seine Miene war unbewegt. „Das ist wirklich nett von Ihnen.“
Nett. Ein ziemlich bedeutungsloses, unverfängliches Wort. Ob unser Ausflug wohl auch so wird? fragte sie sich. Bedeutungslos und unverfänglich?
Wahrscheinlich nicht. Eher würden sie sich beide versuchen einzureden, er wäre bedeutungslos und unverfänglich. In Wirklichkeit würde es nur so knistern. Und sie hätten jede Menge damit zu tun, sich zurückzuhalten. Um jeden Preis, denn gestern hatten sie festgestellt: Das mit ihnen beiden konnte nichts werden.
Aber Zoe war das im Moment egal. Sie verbrachte gerne Zeit mit Leandro. Und wo sie schon mal hier war, konnte sie sich auch gut die Gegend ansehen und ihre Freizeit außer Haus verbringen.
Ganz egal, wie der Tag verlief, sie würde einfach versuchen, ihn zu genießen.
„Gut“, sagte er. „Dann treffen wir uns in einer halben Stunde unten, okay?“
„In Ordnung“, gab Zoe zurück. Und schon war er wieder verschwunden.
5. KAPITEL
Zoe duschte sich und zog sich schnell frische Sachen an: ein unaufdringliches rosafarbenes T-Shirt und olivgrüne Shorts. Das Haar band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen.
Dieser brave, schulmädchenhafte Aufzug war für sie eine Art Schutz, damit wollte sie Leandro auf Abstand halten. Dabei war sie sich gar nicht so sicher, wer hier eigentlich vor wem geschützt werden sollte.
Leandro wartete schon unten, als sie die Treppe hinunterging. Er lächelte ihr kurz zu – wie ein Arbeitgeber eben seiner Bediensteten zulächelte. Damit hatten sie also wieder ihre ursprünglichen Rollen eingenommen.
Es ist besser so, sagte sie sich. Sicherer. Und es gibt überhaupt keinen Grund, enttäuscht zu sein. Ein kleines Nagen tief in ihrem Inneren ignorierte sie wissentlich.
Und Leandro war auch tadellos freundlich zu ihr.
„Nehmen wir das Boot?“, schlug er vor. Sie gingen durch den Hinterausgang in den Garten und zum Anleger hinunter.
Wenige Minuten später glitten sie auch schon über das unbewegte Wasser des Sees. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel.
„Was möchten Sie mir denn zeigen?“, rief Zoe ihm über das laute Motorengeräusch zu.
Leandro lächelte ihr verschwörerisch zu. „Alles.“
Sie lehnte sich zurück und versuchte dabei, seinen Worten nicht zu viel Bedeutung zukommen zu lassen. Trotzdem kribbelte es ihr am ganzen Körper.
War das jetzt nicht schon mehr als pure Freundlichkeit? War die Doppeldeutigkeit vielleicht sogar beabsichtigt gewesen? Jetzt waren die Verhältnisse zwischen ihnen doch nicht mehr so klar wie eben. Aber das störte Zoe nicht weiter.
Sie setzte ihre Sonnenbrille auf und beschloss, einfach mal ihr Gehirn auszuschalten und zu genießen, was kam. Ohne sich über alles, was Leandro Filametti von sich gab, großartige Gedanken zu machen. Einfach würde das zwar nicht werden, aber irgendwie bekam sie das schon hin.
Leandro betrachtete Zoe, die es sich gerade ihm gegenüber auf dem Sitz bequem machte. Die langen, braun gebrannten Beine hatte
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