Julia Sommerliebe Band 24
Politische Erwägungen sind bestimmt nicht schlechter als andere Gründe. Ich kenne etliche gute Ehen, die auf einer wackligeren Basis geschlossen wurden.“
„Avery.“ Jetzt sprach Malik. Ganz leise und ohne sie anzusehen. „Du hast genug gesagt.“
„Na hör mal, ich habe gerade erst angefangen. Und du bist die ganze Zeit stumm! Du solltest dich mit deiner Verlobten zusammensetzen und …“ Sie brach ab, weil Malik gebieterisch die rechte Hand hob.
Kalila nagte an ihrer Unterlippe. „Eure Hoheit, für mich ist es kein Problem, dass Ihr mich nicht liebt. Ich liebe Euch auch nicht. Um ehrlich zu sein …“
„Ehrlichkeit wird oft überschätzt“, fiel Avery der Prinzessin ins Wort. Sie wollte verhindern, dass Kalila etwas sagte, das sie später bereute. „In diesem Fall zum Beispiel ganz sicher.“
„Ich muss sagen, was ich fühle“, erklärte die Prinzessin.
Avery seufzte. „Na gut, wenn Sie unbedingt wollen. Aber eins steht fest: Schüchtern sind Sie nicht. Wenn Sie mich fragen, können Sie bestens in jeder Gesellschaft bestehen.“
Kalila holte tief Luft: „Seine Hoheit ist sehr anziehend, gleichzeitig aber auch einschüchternd.“
„Nur, wenn er den Prinzen herauskehren muss. Unter der strengen Fassade ist er jedoch total sanft.“ Avery entging nicht, dass Malik die Augenbrauen hochzog. Sie räusperte sich. „Also gut, vielleicht nicht direkt sanft, aber anständig. Prinzipientreu. Einfach ein guter Mensch.“
„Das reicht“, entschied Malik. „Wir werden diese Sache jetzt regeln und sie dann nie wieder erwähnen.“
Höchste Zeit, dass er das Heft in die Hand nimmt, fand Avery.
Malik blickte seine Braut an. „Du willst keinen Mann heiraten, der einmal Sultan sein wird?“
Avery ächzte. Was um alles in der Welt machte er da? So würde er sie kaum überzeugen, ihn zu heiraten!
Die Prinzessin schüttelte den Kopf. „Nein. Ich wäre ein hoffnungsloser Fall.“
Da sie sich nicht auf Malik verlassen konnte, mischte sich Avery schon wieder ein: „Sagt Ihr Vater das etwa? Das ist Quatsch. Sie sind reizend, Kalila. Es gibt jede Menge Themen, zu denen Sie etwas beisteuern können. Außerdem geht es bei all diesen Terminen doch nur darum, Menschen dazu zu bringen, über sich selbst zu reden. Das ist ganz einfach. Ich mache das bei meinen Partys ständig.“
„Ich bin aber anders als Sie.“
„Gerade das macht Sie zur perfekten Partnerin für Malik.“ Avery strahlte, um die positive Botschaft besser rüberzubringen. „Es gibt keine bestimmten Eigenschaften, die man als Ehefrau eines Sultans haben muss. Sie sind freundlich und zugänglich. Die Menschen werden Sie mögen.“
„Aber ich werde es hassen.“
„Mit der Zeit wird es einfacher, glauben Sie mir. Sie werden sehr beliebt sein. Ich wünschte nur, Sie hätten mit jemandem über Ihre Bedenken gesprochen, statt wegzulaufen.“
„Habe ich doch. Mit Ihnen! Sie waren meine Inspiration. Ich kann Ihnen nicht genug für den Rat danken, mich meinen Ängsten zu stellen.“
Nie wieder rate ich irgendwem irgendwas, schwor sich Avery. „Damals habe ich im übertragenen Sinne gesprochen. Ich wollte bestimmt nicht, dass Sie in die Wüste gehen, nur weil Sie sich vor ihr fürchten.“
„Es ging nicht um die Wüste. Meine größte Angst ist die vor meinem Vater. Seit ich denken kann, hat er mir Furcht eingeflößt, um mich zu kontrollieren.“
Avery fühlte mit Kalila, doch ihr Mitgefühl wurde von der unangenehmen Ahnung überlagert, dass ihr die Sache zu entgleiten drohte. „Ihr Vater weiß nicht, dass Sie fort sind. Alle haben Sie gedeckt.“
„Zum ersten Mal habe ich etwas getan, was ihm missfällt. Ich wusste: Wenn ich davonlaufe, verzeiht er mir das nie. Dann duldet er mich nicht mehr in seinem Haus. Ich werde nicht länger seine Tochter sein.“ Ergeben faltete Kalila die Hände. „Genau das will ich.“
„Na, dann ist doch alles wunderbar, denn Sie können schon bald Maliks Frau sein! Ihr Ausflug in die Wüste ändert daran nichts. Ich bin sicher, wir finden eine Lösung, mit der alle Beteiligten zufrieden sind.“ Avery machte eine Pause, weil die Prinzessin sie ungläubig anstarrte.
Sie war sicher, dass Kalila sie für übergeschnappt hielt. Kein Wunder, schließlich hatte sie gestanden, dass sie nicht die Ehefrau des Sultans sein wollte. Obendrein war sie verrückt nach ihrem Bodyguard. Malik würde sie nicht mehr heiraten wollen, und Avery konnte es ihm nicht verübeln. So viele Ehen enden schlimm. Wie sollte sie
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