Julia Sommerliebe Band 24
Wahrscheinlich könnte er ihre Taille mit beiden Händen umfassen. Er hätte sie doch zu einem Dessert überreden sollen.
Die Pflege ihrer Großmutter musste sie viel Kraft gekostet haben. Mitgefühl stieg in ihm auf. Auf unerklärliche Weise schien die Mauer um seine Seele einen feinen Riss bekommen zu haben. Das durfte er nicht zulassen. Es wäre gegen jede Vernunft.
„Also dann, machen wir uns auf den Rückweg.“ Es war die Stimme der Vernunft, die aus ihm sprach.
3. KAPITEL
Harry fand in dieser Nacht keine Ruhe. Rastlos wälzte er sich im Bett hin und her. Wann hatte ihn zuletzt eine Frau um den Schlaf gebracht? Es musste Ewigkeiten her sein.
Aber Bonnie war anders als andere Frauen, so ruhig und ausgeglichen. In ihrer Gegenwart konnte er einfach er selbst sein und im Hier und Jetzt leben. Gleichzeitig schien sie ein Schatten von Traurigkeit zu umgeben, den er noch nicht deuten konnte. Zu gern hätte er mehr über sie erfahren, auch wenn seine Instinkte ihn davor warnten, sich auf einen anderen Menschen einzulassen. Harry seufzte und vergrub seinen Kopf in den Kissen. Warum war das Leben bloß so kompliziert?
Beim Frühstück am nächsten Morgen fanden seine Beine wie von selbst den Weg zu ihrem Tisch. Nur für den Fall, dass sie ihre Meinung geändert hatte …
„Guten Morgen, Bonnie.“
Sie sah kurz auf und widmete sich dann wieder ihrer Tasse grünem Tee. Offenbar hatte sie sich gestern nicht deutlich genug ausgedrückt. „Guten Morgen, Harry.“ Ihr Ton klang reserviert.
„Sie müssen Bonnies Freundinnen sein.“ Prüfend sah er in die Runde, und Bonnie musste sich beherrschen, um nicht laut herauszuplatzen. Anscheinend glaubte er noch immer nicht, dass sie wirklich so hieß.
„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“ Bonnie sah, wie die Mädchen ihn geradezu mit den Augen verschlangen. Zu viel Testosteron am frühen Morgen.
„Na klar“, stammelte Sacha mit glühenden Wangen und bot ihm den letzten freien Stuhl am Tisch an.
Harry setzte sich und warf ein strahlendes Lächeln in die Runde. „Haben Sie nicht Lust auf eine Radtour am Mount Agung? Der Guide ist ein Bekannter von mir und hat heute Morgen noch ein paar freie Plätze.“
„Wie viele denn?“, fragte Bonnie argwöhnisch.
„Drei oder vier.“
„Wir können leider nicht mitkommen“, seufzte Jacinta. „Wir haben für heute einen balinesischen Kochkurs gebucht.“
„Wie schade.“ Sein bedauernder Gesichtsausdruck wirkte fast überzeugend. „Was ist mit Ihnen, Bonnie ?“
„Wissen Sie, ich heiße wirklich so.“ Amüsiert blickte sie ihn an. Ob diese Radtour eine gute Idee war? Andererseits wäre es ihre letzte Gelegenheit, etwas von Land und Leuten zu sehen. Gestern am späten Abend hatte sie einen Anruf aus Uluru erhalten: Man benötigte dort dringend ihre Hilfe, sodass sie schon morgen würde abreisen müssen.
„Wann und wo ist der Treffpunkt, und wie kann ich mir sicher sein, dass Sie mich nicht einfach in irgendeinen abgelegenen Winkel der Insel locken wollen?“
„Sie haben wirklich eine blühende Fantasie. Aber darauf bin ich vorbereitet.“ Er zog eine bunte Broschüre aus der Hosentasche und reichte sie ihr zusammen mit seinem Mobiltelefon. „Sie können meinen Freund Wayan anrufen und sich bei ihm direkt erkundigen.“
Bonnie drehte die Broschüre hin und her und überlegte. Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. Ob sie ihm vertrauen konnte?
Heute trug er Jeans, T-Shirt und ein Paar abgetragene Turnschuhe. Dazu wieder diese lächerliche Armbanduhr.
Bonnie fasste einen spontanen Entschluss. Wenn diese Uhr eine Fälschung war, war der ganze Mann ein Blender. War sie echt, würde sie es darauf ankommen lassen. „Wo haben Sie Ihre Uhr gekauft?“ Sie erwartete, dass er ihr einen der zahlreichen Straßenverkäufer nennen würde, die mit billigen Imitaten handelten.
„In Genf.“
Seine Antwort kam ohne Zögern. Bonnie glaubte ihm, auch wenn sie nicht genau sagen konnte, warum. Also gut. „Wann geht es los?“
„In einer halben Stunde.“
Der Bus, der sie abholte, hatte eindeutig schon bessere Zeiten gesehen, dafür strahlten die einheimischen Tourguides mit der Sonne um die Wette. Sie lachten und scherzten mit den Touristen und bemühten sich eifrig, ihren Gästen das Land und seine Kultur näherzubringen.
Ihre Gruppe bestand aus vier Paaren: zwei junge Lehrerinnen aus Portugal, zwei französische Köche, ein Fitnesstrainer und seine Frau aus den USA – und Harry und Bonnie aus Australien.
Bonnie
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