Julia Sommerliebe Band 24
fest.
Harry zog die Augenbrauen hoch. „Finden Sie?“
Sehr witzig. Sie stellte ihre Tasse ab. „Immerhin habe ich probiert.“
Harry amüsierte sich prächtig. Trotz ihrer kratzbürstigen Art konnte sie ihre wahren Gefühle kaum verbergen. Jede Regung, jeder Gedanke schien sich unmittelbar in ihren grünen Augen widerzuspiegeln. Er spürte, wie sein Beschützerinstinkt erwachte. Das würde sich hoffentlich wieder geben, sobald sie das Flugzeug bestieg. Aber warum sollte er die wenige Zeit bis dahin nicht nutzen?
Ohne zu überlegen griff er über den Tisch und nahm ihre Hand. Sie zog sie nicht zurück. Ihre Haut fühlte sich gut an unter seinen Fingern.
Bonnie konnte sich nicht erinnern, wann ein Mann zuletzt ihre Hand gehalten hatte. Ihr Verlobter war nicht der Typ dafür gewesen. Unter diesem Gesichtspunkt hatte sich der Schluck Kopi Luwak bereits gelohnt.
Hier und jetzt kam es ihr ganz selbstverständlich vor, Hand in Hand mit Harry zu sitzen. Lediglich ein keiner Urlaubsflirt, der zeigte, dass sie doch kein hoffnungsloser Fall war. Ihre Freundinnen zu Hause wären hellauf begeistert.
„Lass uns gehen. Der Bus fährt gleich los und bringt uns zu unseren Fahrrädern. Dann beginnt der eigentliche Ausflug.“ Er ließ ihre Hand bis zum Bus nicht los, und es war ihr ganz und gar nicht unangenehm.
Diesmal setzte er sich so dicht neben sie, dass sich ihre Beine die ganze Fahrt über berührten. Auch dagegen hatte Bonnie absolut nichts einzuwenden.
Im Dorf angekommen, suchte Harry mit fachmännischem Blick ein Fahrrad für Bonnie aus, das noch halbwegs in Schuss war. Wenigstens wirkten die Reifen einigermaßen intakt.
„Am besten drehst du ein paar Proberunden, bis alle ihre Räder haben.“ Zögerlich stieg sie auf und trat vorsichtig in die Pedale. Es war wirklich Jahre her, dass sie auf einem Fahrrad gesessen hatte. Wenigstens konnte sie mit den Füßen den Boden erreichen, ohne gleich umzufallen.
Zehn Minuten später waren alle mit Fahrrädern und Wasserflaschen versorgt, und die kleine Gruppe setzte sich unter Wayans Führung in Bewegung. Bis auf ihn und Harry saßen alle ziemlich steif im Sattel. Also war Bonnie wenigstens nicht die einzige Ungeübte.
Sie und Harry bildeten das Schlusslicht, während sie langsam die sanft abfallende Straße entlangrollten. Nachdem sie einige Male gefährlich hin und her geschwankt war, blieb er immer zwischen ihr und dem Straßengraben. „Denk daran, dass wir meilenweit vom nächsten Krankenhaus entfernt sind“, mahnte er.
Bonnie lachte. „Es ist doch gar nichts passiert.“ Tatsächlich fühlte sie sich auf dem ungewohnten Transportmittel von Minute zu Minute sicherer.
Die Sonne schien strahlend, und die meiste Zeit über hatten sie mit ihren Rädern die Landstraße für sich. Nur ab und zu überholte sie ein einheimisches Fahrzeug.
Sie passierten Reisfelder und Dörfer, und Harry erklärte Bonnie die Architektur der Tempel und Wohngebäude. „Siehst du die kleinen Schilder über den Eingangstüren der Häuser? Sie geben an, wie viele Erwachsene und Kinder in dem jeweiligen Haushalt leben.“
Bonnie verlangsamte ihr Tempo und sah genauer hin. Jetzt erkannte sie die feinen Striche. „Wie praktisch. Diese Familie hat also beispielsweise fünf Kinder.“
„Genau.“ Harry freute sich sichtlich, dass sie sich für seine Ausführungen interessierte. Bonnie ihrerseits war von der balinesischen Kultur fasziniert und fühlte sich insgeheim geschmeichelt, dass er sein Wissen mit ihr teilte.
„Die Menschen hier scheinen dir viel zu bedeuten.“
Er nickte. „Sehr viel. Ich glaube, niemand, der längere Zeit auf Bali verbringt, kann sich dem Zauber ihrer Kultur und Geschichte entziehen.“
„Warum arbeitest du dann nicht auf der Insel?“
„Ab und zu tue ich das.“ Bonnie horchte auf, aber er wechselte schon wieder das Thema. „Ich habe einen Bekannten im nächsten Dorf auf unserer Strecke. Die Kinder kommen dort oft auf die Straße gerannt, wenn wir vorbeifahren. Erschrick nicht, wenn sie mit erhobenen Händen auf dich zulaufen – sie wollen nur, dass du sie abklatschst. Wahrscheinlich haben sie sich das von den amerikanischen Touristen abgeschaut.“
Bonnie sah, dass der vordere Teil ihrer Gruppe angehalten hatte. Sie bremste ein wenig zu scharf und geriet aus dem Gleichgewicht. „Lach mich ja nicht aus“, warnte sie Harry, der betont unschuldig dreinblickte.
„Das würde ich niemals tun. Lass dein Rad am besten hier stehen. Wir machen einen kurzen
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