Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
Vom Netzwerk:
der Obersten Rada und dann noch einmal auf dem Maidan.
    Die Menschen, die Viktor Juschtschenko auf dem Maidan zujubelten, wollten noch lange nicht auseinandergehen. Von Stolz und Dankbarkeit überwältigt, skandierten sie endlos den Namen ihres neuen Präsidenten. Diese Menge, die jetzt das Volk verkörperte, war weit davon entfernt, einen neuen Personenkult um Juschtschenko zu schaffen. Die Menschen wussten, wem der ukrainische Präsident es vor allem verdankte, dass er am Ende doch gesiegt hatte. Hand in Hand mit ihm stand eine zierliche Frau mit derart glückstrahlendem Gesicht, als sei sie selbst gerade zur wichtigsten Person der Ukraine gewählt worden. Immer wieder wurde aus der Menge deshalb auch Julia Timoschenkos Name gerufen. Der Maidan wusste, dass in den Korridoren der Macht jetzt ein heftiger Kampf um den Posten des Ministerpräsidenten der neuen Regierung entbrennen musste. Der Maidan wünschte ihr Erfolg.
    Im Unterschied zu den meisten Gefolgsleuten des neu gewählten Präsidenten.
    Achtzehntes Kapitel
Julia Timoschenkos Utopie
    Die Revolution frisst ihre Kinder – ein bekannter Satz und eine klassische Formel. Gültig für alle Zeiten und Völker. Ein erbarmungs­loses Schicksal, das seinen Schatten vorauswirft, sobald der Sieg errungen ist. Unterschiede gibt es nur in Nuancen.
    Eine blutige Revolution frisst ihre Kinder mit sichtbarem Behagen. Sie vollzieht an ihnen das tragische Schicksal der zuvor vernichteten Gegner. Robespierre und Danton unter der Guillotine oder die Lenin’sche Garde in Stalins Lagern – sie alle haben für eigene Verbrechen gebüßt. Die Vergeltung ist so erbarmungslos wie die Revolution. Blutige Rebellionen enden in Diktaturen.
    Revolutionen der Nomenklatura enden anders. In der Regel ohne Blutvergießen. Aber sie sind zuweilen nicht weniger dramatisch als die gewaltsamsten Kämpfe um die Macht.
    Sieger stellen die Ordnung wieder her, die sie gestürzt haben und verändern wollten. Verbündete begreifen plötzlich, dass sie nur der Hass auf den gemeinsamen Feind zusammengeführt hat. Wenn es diesen nicht mehr gibt, beäugen sich die Sieger beim Teilen der Beute nicht selten mit Neid, Furcht und Hass.
    Es fing schon bei der Postenverteilung an. Viktor Juschtschenko musste wahre Wunder an Erfindungsreichtum vollbringen, um alle seine Mitstreiter nach Gebühr zu belohnen. Er ahnte, dass er mit Julia Timoschenko nicht Hand in Hand würde arbeiten können. Er wollte, dass sie von sich aus auf den Posten des Ministerpräsidenten verzichtete, und war bereit, ihr dafür jedes andere Amt im Staate zuzugestehen. Nach dem des Regierungschefs strebte mit aller Macht Petro Poroschenko, der »Schokoladenkönig« der Ukraine, der ebenfalls die Revolution vorangetrieben und gesponsert hatte. Mit Juschtschenko verband ihn eine jahrelange Freundschaft, er hatte sogar sein Kind aus der Taufe gehoben. Aber Julia Timoschenko forderte unbeirrt, der Präsident müsse Wort halten. Ein sehr unangenehmes Gespräch führte sie auch mit Poroschenko. Der flehte sie geradezu an, ihm den Posten zu überlassen. Julia wies ihm gegenüber die Vereinbarung vor: »Sieh her, das hat Juschtschenko unterschrieben …« Poroschenko jedoch blieb bei seiner Forderung. Sie wiederum erwiderte scharf: »Ich verzichte auf keinen Fall!«
    Juschtschenko musste schließlich nachgeben. Auf dem Flug zu Putin nach Moskau unterzeichnete er die Weisung, sie zur amtierenden Ministerpräsidentin zu ernennen. Ort und Zeit waren sehr passend gewählt.
    Der gekränkte Poroschenko übernahm den Vorsitz des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung mit deutlichem Widerwillen. Von der Tribüne der Rada verhieß eine unendlich glückliche Julia Timoschenko am 4. Februar der Ukraine ein »Wunder«. Daran zu glauben, war durchaus real. Soeben hatten sie die Abgeordneten mit bisher nicht gekannter Einmütigkeit zur Ministerpräsidentin gewählt. Es zog sie in den Kampf. Das Problem war nur, dass man sich inzwischen nicht mehr im Krieg befand. Zumindest nicht in dem Krieg, in dem sie gegen Feinde gekämpft hatten, deren Namen alle kannten. Jetzt herrschte Frieden, wo die Erfahrungen der Revolution nutzlos waren, wenn nicht gar Schaden anrichten konnten.
    Mit erleichtertem Aufatmen (es hat kein Blutvergießen gegeben!) waren die Bürger der Ukraine nach Hause gegangen und erwarteten von ihren neuen Führern nun konstruktive Arbeit. An Wunder glaubten sie kaum, hofften aber darauf, dass Versprechen erfüllt würden. Die Staatsmacht

Weitere Kostenlose Bücher