JULIA VALENTINSBAND Band 19
eine Filiale eröffnen, aber ich befürchte, dass wir uns damit übernehmen könnten“, meinte Erin, „und deswegen stehe ich auf Kriegsfuß mit dem Karma.“
Verdammt noch mal, sie wusste, dass das nicht alles war.
„Mag sein, dass du dir wegen der neuen Filiale Sorgen machst“, bestätigte Wes, „aber das ist doch kein Grund, so bedrückt auszusehen.“
„Ich habe Angst.“ Endlich war es heraus. Sie hatte es ausgesprochen. Und es war ihr nicht nur um den Shop gegangen.
„Wovor hast du Angst?“
Erin riskierte einen Blick auf ihn. „Wahrscheinlich habe ich Angst, dass es schief geht. Wenn wir die zweite Filiale …“ Verwirrt brach sie ab, weil sie feststellte, dass das, was sie sagen wollte, sich schlecht in Worten ausdrücken ließ. „Der nächste Schritt, den ich gehe, wird irgendwie endgültig sein“, versuchte sie zu erklären, „wenn ich diesen Schritt gehe, dann gibt es kein Zurück mehr. Aber was, wenn es schiefgeht? Wo soll ich dann unterkommen? Und …“, sie schluckte, „… habe ich die Kraft, so einen Absturz zu überleben?“
„Ja, stimmt. Solche Übergangszeiten sind schwer auszuhalten.“
Die Worte hingen zwischen ihnen, und der Wind strich sanft um sie herum, als wollte er sie nicht zu hart anpacken.
Aber Wes ließ nicht locker. „Manchmal ist es einfacher, sich in seinem Leben gemütlich einzurichten. Warum nicht alles so lassen, wie es ist? Das ist bequem. Bequem, aber unbefriedigend.“
Erin ließ den Blick über das Meer schweifen. Das Mondlicht glitzerte auf der Wasseroberfläche, spiegelte sich auf der unbekannten Weite, die sich endlos vor ihr erstreckte. Es lag auf der Hand, dass ihr Gespräch sich nicht nur um den Laden drehte. Wes hatte besser verstanden, als ihr lieb war, dass ihre Angst sich nicht nur auf den Candy-Shop bezog. Es ging um ihr ganz eigenes Privatleben, und es hatte den Anschein, als ob er sich deswegen Sorgen um ihre Übergangszeiten machte, weil er gern darin vorkommen wollte.
Aber warum sollte es ihn interessieren, welche Übergänge sie in ihrem Leben zu bewältigen hatte? Wes Ryan, der Playboy, würde sich nicht so viel Mühe machen.
Oder doch?
Als Erin seinen Blick suchte, stellte sie fest, dass er sie intensiv anschaute. Ihr stockte der Atem, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
„Du willst einfach nicht riskieren, eine falsche Entscheidung zu treffen“, sagte er, „stimmt’s?“
Seine Bemerkung tat ihr weh, weil er sie daran erinnerte, dass sie mit William beinahe einen schrecklichen Irrtum begangen hatte. Es würde eine Weile dauern, bis sie den Mut finden würde, einen neuen Versuch zu wagen.
Aber Wes war noch nicht fertig. „Ich würde noch weitergehen“, fuhr er fort, „ich würde sogar behaupten, dass du Angst davor hast, aus deinem Leben mehr zu machen, als du im Moment schon hast. Und du kannst es Dir nicht vorstellen, weil die Angst dir immer wieder dazwischenfunkt.“
Das kann nicht sein Ernst sein, schoss es ihr durch den Kopf. Es konnte nicht sein, dass er eine größere Rolle in ihrem Leben spielen wollte. Dass er mehr sein wollte als nur eine beiläufige Affäre …
Plötzlich fühlte sie sich, als hätte sie der Schlag getroffen. Madame Karmas Prophezeiung war vielleicht doch nicht so lächerlich …
Lieber Himmel, dachte sie flehentlich, bitte hilf mir hier raus …
„Wes.“ Erin straffte den Rücken und spannte sich an. „Es gibt Dinge im Leben, die man am besten lässt, wie sie sind. Und es gibt Dinge, über die man besser nicht spricht.“
Wes warf ihr einen Blick zu. Er schien genau zu wissen, worauf sie anspielte. Ihr rann ein kalter Schauder über den Rücken, und ihr Herz raste.
„Erin, ich hatte nie Schwierigkeiten, die Leute zu überzeugen, dass sie das große Los gezogen haben, wenn sie sich auf einen Deal mit mir einlassen. Das hat mir geholfen, die Schule zu überstehen. Ich wusste, wie ich mich bei meinen Lehrern zu entschuldigen hatte. Mit einem netten Lächeln und einem Haufen Versprechungen. Genauso verhalte ich mich auch, wenn ich Geschäfte mache. Und in meinem Privatleben, besonders Frauen gegenüber. Ich habe die Nächte mit ihnen genossen. Aber ich bin nie besonders ehrlich mit ihnen umgegangen. Weder mit ihnen noch mit mir.“
„Wes …“
„Warte, ich bin noch nicht fertig.“ Er atmete geräuschvoll. „Genau zwei Mal habe ich versucht, ehrlich zu sein. Beim ersten Mal hat sich herausgestellt, dass sie ein Clippers-Fan ist“, erklärte er und lächelte trocken. „Das
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