JULIA VALENTINSBAND Band 19
den hellblauen Perlen an den Armbändern, die er ihr gegen die Seekrankheit geschenkt hatte. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal an einem einzigen Tag so viel gegessen habe … Vielleicht an Weihnachten mit meiner Familie? Meine Mom ist eine fantastische Köchin.“
Wes drehte sich in ihre Richtung und berührte sie flüchtig an der Seite. Erins Haut prickelte, und die Erinnerungen an die vergangene Nacht schossen ihr plötzlich durch den Kopf. Sie spürte seine Lippen auf ihren Wangen, im Nacken, auf ihrer Brust …
Jeder normale Mann konnte erwarten, dass sie in dieser Nacht genau dort weitermachten, wo sie in der letzten aufgehört hatten. Denn schließlich war sie nicht mehr seekrank. Erins Puls raste, als sie darüber nachdachte, und sie starrte die Armbänder an.
„Wes, ich finde, dass wir ein großartiges Wochenende verbringen“, erklärte sie leise, „dass wir mal richtig ausspannen können. Und das ganze Chaos hinter uns lassen. Mir gefällt es sehr gut.“
Wes schwieg. Dann streckte er die Hand aus und schlüpfte mit dem Finger unter das Armband. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie seine Haut auf ihrem Gelenk spürte. Es war, als ob sie es kaum noch erwarten konnte, und sie sehnte sich so sehr nach ihm, dass es fast schmerzte.
Vorsichtig zog er den Finger wieder hervor, griff nach ihrer Hand und drehte sie so um, dass die Handfläche zum Himmel zeigte. Zärtlich streichelte er ihren Handrücken, und seine Haut fühlte sich rau an.
Dann hob er ihre Hand ein wenig an und zeichnete mit der Fingerspitze ihre Lebenslinie nach. Erin schauderte. Er wusste offenbar genau Bescheid, wie fest er drücken musste.
„Sieht so aus, als hätte Madame Karma recht gehabt“, begann er, und seine Stimme klang leise und weich. „Als sie dir ein langes Leben prophezeit hat.“ Dann zeichnete er eine andere Linie nach. „Aber was ist das? Nein, mit deinem Beruf hat es nichts zu tun. Hm.“
Seine Berührung rieselte wie ein sanfter elektrischer Stoß durch ihren Körper.
„Was siehst du denn da?“, hakte Erin nach und fragte sich gleich darauf, warum sie ihm eigentlich diese Frage gestellt hatte. Auf keinen Fall durfte sie ihm erzählen, was die Wahrsagerin ihr über den „Mann ihrer Träume“ prophezeit hatte. Sie musste diese Unterhaltung dringend beenden. Aber wie sollte sie, wenn er mit dem Daumen über ihr Gelenk rieb, genau oberhalb des Armbandes? Ihr zitterten die Knie, und das Blut schoss ihr erhitzt durch die Adern.
„Was ich sehe?“, fuhr Wes fort und strich mit dem Daumen leicht über ihre Haut. „Ich sehe, dass der Fluch nichts mit deiner Lebenslinie oder deinem Candy-Shop zu tun hat. Aber du willst mir dein Geheimnis nicht verraten.“
Am liebsten hätte sie ihm alles erzählt. Sie wollte so sehr, dass er ihr noch näher kam. Aber irgendetwas hielt sie zurück. Es durfte einfach nicht sein, sich mit Wes über solche Dinge zu unterhalten. Es durfte nicht sein, dass er sich ernsthaft für sie interessierte.
Wieder einmal war es ihr nicht gelungen, die Erinnerung an William abzuschütteln, und der Schmerz hatte gesiegt. Erin entschloss sich, das Thema zu wechseln, und nicht mehr über Gefühle zu reden.
„Falsch. Madame Karma hat ausschließlich über die Lebenslinie und über den Candy-Shop mit mir gesprochen. Der Umsatz im Laden könnte besser sein, wenn ich mich mehr an den Publikumsgeschmack anpassen würde“, erklärte Erin, „das muss ich schnellstens ändern.“ Bloß nicht über die Liebe reden, mahnte sie sich insgeheim, immer beim Geschäft bleiben. Er darf nicht erfahren, was sie mir in Liebesangelegenheiten prophezeit hat. „Cheryl ist nicht nur meine beste Freundin. Sie ist auch meine Geschäftspartnerin, und ich kann es mir nicht erlauben, sie mit mir abstürzen zu lassen, weil ich von einer Pechsträhne verfolgt bin. Besonders …“ Erin brach ab. Ihre Nerven spielten nicht mehr mit.
Großartig, schimpfte sie lautlos in sich hinein, es macht mich schon nervös, übers Geschäft zu reden. Gibt es an diesem Wochenende eigentlich noch irgendein unverfängliches Thema?
Wes hörte auf, mit ihr zu flirten, und umschloss ihre Hand. „Was ist los?“
Erin biss sich auf die Unterlippe und war plötzlich der Meinung, dass es sie erleichtern müsste, Wes die ganze Geschichte zu erzählen. Denn es war nicht einfach, immer nur Cheryl mit ihren Ängsten zu konfrontieren, die schließlich selbst eine wichtige Rolle darin spielte.
„Cheryl will unbedingt noch
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