JULIA VALENTINSBAND Band 19
Überzeugung, aus ihm könne nie etwas anderes werden als ein Übergang –, diese Wahrheit würde ihm das Herz brechen.
Aus dem Restaurant drang der würzige Duft warmer Tortillas zu ihnen hinaus. Erin neigte den Kopf zur Seite und musterte ihn aufmerksam, als wollte sie prüfen, was hinter der Fassade vorging, die er so mühsam aufrechterhielt.
Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen unerwartet weichen Kuss auf den Mund.
Sofort rieselte ihm ein wohliger Schauder über den Rücken. Wes zitterte innerlich und legte die Hand auf ihre Hüfte, als ob er einen Anker brauchte.
„Hast du Hunger?“, fragte sie. Ihr warmer Atem strich über seine Lippen.
Wes brachte keinen Ton hervor und nickte nur. Es war nur eine kleine Geste gewesen, aber sie hatte ihn schier überwältigt. Ja, er hatte Hunger. Und sein Hunger betraf hauptsächlich Erin.
Aber sie sprach von Burritos und Enchiladas. Von nichts anderem.
Erin nahm seine Hand und zog ihn ins Restaurant. Selbst wenn sie sich einen ausgiebigen Lunch gönnten, würde es ihm nicht besser gehen.
Weil es nicht diese Art der Nahrung war, die ihm fehlte.
7. KAPITEL
Erin und Wes trödelten den ganzen Nachmittag herum, kauften ein, aßen und tranken in den Restaurants und Bars. Sie fühlte sich viel besser, als sie schließlich zum Schiff zurückgingen, das in einer Stunde wieder ablegen sollte.
Warum hätten sie sich früher auf den Rückweg machen sollen? Es gab keinen Grund. Denn nach der Enttäuschung in der letzten Nacht hatte sie begriffen, dass der Fluch sowieso jede Annäherung zwischen Wes und ihr zunichtemachen würde. Und deshalb hatte sie beschlossen, sich auf andere Weise mit Wes zu vergnügen. Das Karma sorgte ohnehin dafür, dass sie nicht im Bett landeten. Erin war überzeugt, dass sie mit Wes jede Menge Spaß haben konnte, ohne dass das Karma ihnen dazwischenfunkte. Alles in allem hatte sie einen wundervollen Nachmittag mit ihm verbracht, und Wes hatte nichts zu wünschen übrig gelassen.
Sie hielten sich in der Kabine auf und wählten beide ihre Kleidung für das Dinner aus. Erin hatte Wes förmlich angefleht, sie auf jeden Fall zum Dinner zu begleiten, weil sie unbedingt die Schnecken als Vorspeise probieren wollte. Sie beobachtete ihn aufmerksam. Den ganzen Tag über war er sehr still gewesen. Warum auch nicht? Er hatte seine Gründe gehabt, sie zu dieser Kreuzfahrt einzuladen. Wes hatte vorgeschlagen, sämtliche Kosten für sie zu übernehmen. Obwohl sie darauf bestanden hatte, ihren Anteil selbst zu bezahlen, hegte er trotzdem irgendwelche Erwartungen. Es konnte gar nicht anders sein. Aber weil er ein Gentleman war, drängte er sie zu nichts.
Und das überraschte Erin. War es nicht vielmehr so, dass der berüchtigte Wes Ryan sich einfach nahm, wonach er verlangte? Das sagte man ihm jedenfalls nach. Entsprach es der Wahrheit – oder handelte es sich bloß um ein Gerücht? Und was sie noch mehr interessierte: Was steckte noch in diesem Mann? Was hatte dieses geheimnisvolle Funkeln in seinen Augen zu bedeuten, das sie jedes Mal bemerkte, wenn er glaubte, dass sie ihn gerade nicht anschaute?
Obwohl all diese Fragen ihr die ganze Zeit durch den Kopf gingen, war das Dinner genau so fantastisch, wie sie es sich erträumt hatte. Die Schnecken waren in einen wohlschmeckenden Sud eingelegt. Außerdem gab es Hummer. Mmmh, Hummer. Wes genoss es, ihr beim Essen zuzuschauen. Also tat sie ihm den Gefallen und zeigte ihm mit spielerischen Andeutungen, was sie in der Nacht zuvor alles versäumt hatten. Obwohl sie mit den anderen Gästen am Tisch angeregt plauderte, hatte sie das Gefühl, mit Wes allein zu sein. Ihre Aufmerksamkeit galt ihm allein, dem männlichen Duft, den er ausströmte, seinen kräftigen Schenkeln, die unter dem Tisch nur wenige Zentimeter von ihren entfernt waren.
Um zu verhindern, dass die Seekrankheit zurückkam, entschieden sie sich, nach dem Essen einen Spaziergang an Deck zu machen. Die Wolken am Himmel hatten sich verzogen, und die Nacht war sternenklar. Ein sanfter Windstoß zerzauste sein Haar, als Wes stehen blieb und sich gegen die Reling lehnte. Hinter seinem Rücken plätscherte das Wasser gegen die Bordwand der Lady Oriana, die durch die ruhige See glitt. Wes hatte den Kragen seines weißen Hemdes geöffnet, dazu trug er eine dunkle Hose und schwarze Schuhe aus italienischem Leder.
Erin trug ein farbenfrohes Abendkleid. Sie blieb neben ihm an der Reling stehen, schaute aufs Meer hinaus und klimperte mit
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