JULIA VALENTINSBAND Band 19
die Körperhaltung wirkte alles andere als arrogant und selbstsicher. Aus seinem Blick schwand jede Hoffnung.
Er veränderte sich innerhalb weniger Sekunden, und es traf sie mitten ins Herz. Ihr wurde klar, dass sie solche Gefühle nicht dulden konnte. Sie wollte etwas anderes für ihn empfinden … wenn sie nur den Mut hätte, ihre Gefühle auch zuzulassen.
Aber es gelang ihr nicht. Jetzt, in diesem Augenblick, würde es sie zerstören. Also verwandelte sie sich wieder in die wütende und verletzte junge Frau, die sechs Jahre lang mit einem Mann verbracht hatte, der sie nicht zu schätzen wusste.
Ihre Körpersprache verriet, dass sie sich vollkommen zurückzog. Wes hatte verstanden. Wortlos ließ er Erin stehen. Die sanfte Brise schien ihr etwas ins Ohr wispern zu wollen. Fluch …
Erin redete sich ein, dass es ihr nichts ausmachte. Im Grunde genommen begrüßte sie diese Hexerei.
Denn vielleicht, ganz vielleicht konnte der Fluch sie vor einem zweiten großen Fehler bewahren.
8. KAPITEL
Wes hatte keine Ahnung, wie lange er die Kabine mied und draußen auf Deck herumspazierte. Zwei Stunden? Oder drei? Es kam nicht darauf an.
Für ihn zählte nur eins: Jedes Mal, wenn er innehielt und nachzuvollziehen versuchte, was gerade mit Erin geschehen war, stand ihm die ganze Geschichte kristallklar vor Augen.
Das Meer, dachte er, während er den Blick auf die unergründlichen Tiefen gerichtet hielt. Das Meer ist das Leben. Und ich bin wie dieses verdammte Schiff, das sogar dann noch wild hin und her schaukelt, wenn es sicher vor Anker liegt.
Erin hätte ihm genauso gut erzählen können, dass sie ihn nur als Objekt betrachtete. Ein Spielzeug, das nur dazu da war, sich ein bisschen zu amüsieren. Und um die Wahrheit zu sagen: Der Wes, der er früher gewesen war, wäre begeistert gewesen. Dabei hatte er ehrlich sein wollen … und ausgerechnet dieses Mal hatte das Schicksal sich gegen ihn gewendet und blies ihm mit voller Wucht ins Gesicht.
Warum also sollte ich es noch einmal mit Erin versuchen, fragte er sich enttäuscht. Warum nicht in das alte Leben zurückkehren? Bisher hatte das Schicksal es doch gut mit ihm gemeint, und ein bequemeres Leben konnte er sich nicht vorstellen. Warum also war er auf der Jagd nach etwas anderem? Nach irgendetwas, was ihn auf lange Sicht doch nur verletzen würde?
Vergiss Erin, befahl er sich und verließ den Platz an der Reling, wo er sich eine Weile ausgeruht hatte. Du bedeutest ihr nichts. Keine Kreuzfahrt der Welt kann daran etwas ändern.
Schließlich betrat Wes den Schiffsbauch und machte sich auf den Weg zum Kasino auf dem neunten Deck. Es lohnte sich nicht, noch einmal die Kabine aufzusuchen. Es würde ihm doch nur ein neuer Spiegel vorgehalten, und er müsste dem Playboy Wes Ryan ins Gesicht sehen. Ganz zu schweigen davon, dass er sein Verlangen für Erin kaum würde zügeln können …
Wie schön, endlich wieder das normale Leben um sich zu haben, seufzte Wes, als er das Kasino betrat und die Spielautomaten und Blackjack-Tische betrachtete.
Was auch immer man an diesem Wochenende als „normal“ bezeichnen wollte.
Er ließ den Blick über die Leute am Roulette-Tisch schweifen. Die Frauen trugen glitzernde Kleider aus Satin und Seide, hatten sich Perlenketten um den Hals gehängt und klammerten sich an ihre Männer mit glattem glänzenden Haar, die bereits ihre Krawatten gelockert hatten. Aus der Disco nebenan hämmerte die Musik in dumpfen Rhythmen. Die Musik war hart und schnell. Bestimmt lassen sich die Frauen auf der Tanzfläche zu den verrücktesten Verrenkungen hinreißen, dachte er insgeheim, vielleicht sollte ich mal reinschauen.
Wes zögerte, als er zwei Frauen neben dem Roulette-Tisch bemerkte, die ihm einladende Blicke zuwarfen. Eine rothaarige und eine blonde.
Blond. Kurze Haare, freche Frisur. Genau wie Erin …
Er wandte sich ab, beschloss, sich einen Drink zu gönnen, eilte zur Bar und bestellte einen Whiskey. Während er auf den Drink wartete, ließ er den Blick aufmerksam über das lebhafte Geschehen im Kasino schweifen. Aber er achtete darauf, die beiden Frauen möglichst zu meiden. Denn er wollte nicht daran erinnert werden, was ihn in der Kabine erwartete.
Oder was ihn dort gerade nicht erwartete.
Pling, pling, pling, ratterten die Spielautomaten, und an den Blackjack-Tischen jubelten die Leute, als der Spielmacher verkündete, dass die Bank kurz vor der Pleite stand.
Das glitzernde Ambiente und die Geräusche verschwammen in einem grauen
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