JULIA VALENTINSBAND Band 19
Kerzen auf den Schreibtisch gestellt und angezündet hatte.
Im Kerzenlicht öffnete sie ihren Laptop und freute sich darüber, dass sie den Akku voll aufgeladen hatte. Angestrengt redete sie sich ein, dass sie die Ereignisse des Abends schleunigst vergessen sollte – besonders Madame Karma und das Phantom namens Ian McCall –, und machte sich an die Arbeit.
Nach einer Weile stellte sie fest, dass es ihr zu warm war. Die Klimaanlage war ausgefallen. Chloe zog sich das Sweatshirt aus und trug jetzt nur noch den Rock und das dünne Top. Sie drehte sich die Haare zu einem Knoten und steckte ihn mit zwei Bleistiften aus der Schublade auf dem Hinterkopf fest.
Sie hatte wirklich für jeden Notfall vorgesorgt.
Dann beugte sie sich wieder über die Tastatur. Aber Sekunden später hob sie wieder den Kopf.
War da nicht ein Geräusch gewesen?
Chloe neigte den Kopf zur Seite, starrte in die Dunkelheit und lauschte … dann lachte sie über sich selbst und konzentrierte sich wieder auf ihre Zahlen.
Rums.
Okay. Da muss etwas sein, beschloss sie, schob den Stuhl zurück und stand auf. Das Geräusch stammte zwar nicht aus ihrem Büro, aber aus einem der anderen Räume auf der Etage. Sie ging zur Tür, öffnete sie und warf einen Blick auf den pechschwarzen Flur.
Rums.
Der dumpfe Schlag drang nicht aus der Arztpraxis, sondern aus dem Antiquitätenladen. Das machte es schwieriger, der Laden war zugeschlossen. Steve Adams und sein Bruder Alan, der nur Al genannt wurde, betrieben einen Antiquitätenhandel in den Räumen. Diese Woche hielten sie sich in Übersee auf. Chloe wusste Bescheid, weil die beiden ihre Mandanten waren.
Und gleichzeitig wusste sie, was sie gerade eben gehört hatte. Der Abend mochte zwar turbulent gewesen sein, aber deswegen war sie noch lange nicht verrückt. Weil sie es sich beweisen wollte, griff sie kurzerhand nach der Taschenlampe auf dem Schreibtisch und trat in den Flur hinaus. Sie klopfte bei ihren Nachbarn an die Tür.
„Hallo? Steve? Al? Ist da jemand?“, rief sie, obwohl sie wusste, dass sie keine Antwort bekommen würde.
Es kam keine Antwort. Außer einem unüberhörbaren Rums.
Du liebe Güte. Erst im vergangenen Monat war es vorgekommen, dass Steve vergessen hatte, das Fenster zu schließen. Ein Spatz war unter der holzverkleideten Decke herumgeflogen, bis es Al endlich gelungen war, ihn mit einem Besen zu vertreiben.
Chloe dachte unwillkürlich an den Schaden, den ein frei herumfliegender Vogel im Laden würde anrichten können, bis die Brüder am Montag zurückkehrten. Sie eilte zurück in ihr Büro und kramte nach dem Zweitschlüssel, den Steve und Al ihr überlassen hatten. Dann hastete sie wieder auf den Flur, schloss den Antiquitätenladen auf und betrat die dunklen Räume. „Hier, mein Vögelchen, hier“, lockte sie leise und schwenkte die Taschenlampe. „Komm her, komm schon, wo auch immer du steckst.“
Der Laden war viel größer als ihr Büro. Im vorderen Raum befand sich die Ausstellung mit verschiedenen wertvollen und exotischen Antiquitäten aus aller Welt, die privat und in geschlossenen Auktionen mit persönlich eingeladenen Teilnehmern verkauft wurden.
Chloe kannte die Adams nicht besonders gut. Steve und Al lebten ruhig und zurückgezogen und zahlten pünktlich ihre Rechnungen. Alles andere interessierte sie nicht.
Die beiden Brüder hatten gerade eine größere Auktion hinter sich gebracht, sodass der Laden leer war. Die Ware, die sie nicht verkauft hatten, hatten sie in irgendeinem Lager sicher verschlossen und verstaut.
Hinter dem Empfangs- und Verkaufsbereich befand sich das Konferenzzimmer. Dort wurden die Auktionen abgehalten. Dann gab es noch zwei private Büros und einen Lagerraum mit Putzmitteln und allerlei Gerätschaften.
Es war so dunkel, dass Chloe die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Nur der kleine Strahl ihrer Taschenlampe hellte das Dunkel ein wenig auf. Es sah so aus, als sei alles in Ordnung, und glücklicherweise drangen ihr keine Geräusche mehr ans Ohr …
Rums.
Verdammt. Chloe überlegte, ob sie so tun sollte, als habe sie nichts gehört. Das Geräusch stammte aus einem der hinteren Büros. Seufzend eilte sie in die Richtung. „Liebe Batterien, bitte macht jetzt nicht schlapp …“, flehte sie leise.
Die erste Tür gehörte zum Auktionszimmer. Sie hielt den Atem an. Das Zimmer war leer und sehr, sehr still. Genau wie Steves Büro. Aber die Tür zu Alans Büro … verschlossen.
Schulterzuckend betrachtete sie den Schlüssel in
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