JULIA VALENTINSBAND Band 21
machte. Ein leichter Nebel war von der See her aufgestiegen und ließ das Kastell oben auf dem Berg fast in einer Dunstwolke verschwinden. Darunter, am Fuß des Abhangs, ragte die einzige verbliebene Wand der römischen Villa wie ein Wächter in den Nebel auf und erinnerte sie an den gestrigen Abend.
Bis zur vergangenen Nacht hätte sie behauptet, dass ihr liebster Ort in Europa für immer und ewig Salzburg sein würde. Doch dieser kleine Ferienort an der spanischen Costa Brava schien der österreichischen Stadt nun diesen Platz in ihrem Herzen streitig zu machen.
Seufzend schlang sie sich den Gurt ihrer Aktentasche über die Schulter und griff nach ihrem Rollkoffer. Kurz darauf trat sie aus dem Fahrstuhl direkt gegenüber dem Geschäftsbüro des Resorts. Als letzte Amtshandlung würde sie mit der Konferenzplanerin der Anlage die abschließenden Formalitäten erledigen.
Die Organisatorin war nicht nur sehr schnell und gründlich, sondern besaß auch eine gute Beobachtungsgabe. Während Caroline die sorgfältig aufgeführten Kostenpunkte studierte, musterte die Frau ihre linke Hand.
„Ihr Ring ist wirklich wunderschön“, bemerkte sie mit ihrem melodiösen katalanischen Akzent.
„Vielen Dank.“
„Haben Sie den hier in Tossa gekauft?“
„Nein, ich … beziehungsweise Mr. Burke hat ihn aus Barcelona. Es war ein, tja, Valentinsgeschenk.“
„Mr. Burke? Der Herr, der das besondere Dinner gestern arrangiert hat?“
„Ja.“
Zu Carolines großem Ärger spürte sie, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Ihr Erröten ließ die Frau hinter dem Schreibtisch lächeln.
„Ach ja, er ist sehr romantisch. Mein Mann hat mir nur Rosen und Pralinen geschenkt.“ Sie zwinkerte Caroline zu. „In den Flitterwochen müssen Sie wieder herkommen, ja?“
Caro unterschrieb die Rechnung und murmelte etwas Unverbindliches als Antwort darauf. Sie spürte immer noch die Hitze in ihren Wangen, als sie den Fahrstuhl zur Lobby nahm.
Rory wartete am Empfangstresen auf sie. Für den langen Flug nach L.A. hatte er sich leger in Jeans, ein kragenloses Hemd und seine rostfarbene Sportjacke, die er am Tag vorher getragen hatte, gekleidet.
„Ich habe bei Delta angerufen und dein Ticket umbuchen lassen“, informierte er sie, während der Hotelbedienstete ihre Koffer im gemieteten BMW verstaute.
„Warum denn das?“
„Es ist ein langer Flug. Du kannst genauso gut erster Klasse fliegen. Ich zahle allen meinen wichtigen Geschäftspartnern einen Erste-Klasse-Flug“, fügte er dazu, bevor sie protestieren konnte.
Das stimmte. Caro sollte es wissen. Sie hatte die Reservierungen selbst vorgenommen. Trotzdem fühlte sie sich genötigt, ihn darauf hinzuweisen, dass sie nicht zu den wichtigen Geschäftspartnern der GSI gehörte.
Ohne sich davon beeindrucken zu lassen, bezahlte Rory dem Hotelangestellten ein Trinkgeld. „Das gehört zu einem der weniger wichtigen Punkte, die wir besprechen sollten. Ich habe vielleicht gesagt, dass ich mich auf eine Fernbeziehung einlasse, aber die Bedingungen waren noch nicht besprochen.“
„Gut dass wir die Fahrt zum Flughafen haben“, entgegnete Caroline trocken. „Sieht ja so aus, als hätten wir eine schwierige Geschäftsverhandlung vor uns.“
Sie unterhielten sich eine gute Dreiviertelstunde während der Fahrt nach Barcelona und kamen dabei von einem Thema zum anderen.
Punkte, über die sie keine Gelegenheit gehabt hatten zu sprechen, tauchten plötzlich auf. Zum Beispiel Musik oder Lieblingsfilme und bevorzugte Speisen. Caro gestand ihm, dass sie ein Opernfan war und keine Wiederholung vom „Phantom der Oper“ versäumte, die im Fernsehen gezeigt wurde. Ebenso erzählte sie ihm, dass sie ihr Steak nicht durchgebraten mochte. Rory bevorzugte Bluesjazz und – natürlich – Tom Clancys Bücher und Filme.
Er sprach gerade über seine Leidenschaft für knusprig gebratenen Fisch, als sein Handy klingelte. Mit einer Hand am Steuer angelte er das Gerät aus seiner Hemdtasche und klappte es auf.
„Burke.“
Sogar Caro konnte vom Beifahrersitz aus die hohe, hysterische Stimme vom anderen Ende der Verbindung verstehen.
„Sie müssen uns helfen! Mein Mann ist entführt worden!“
9. KAPITEL
Caroline saß wie erstarrt auf dem Beifahrersitz des BMW, als Rory das Lenkrad fester umfasste und sich das Handy noch dichter ans Ohr presste.
„Wer spricht da?“
„Elena!“, schrie die Frau. „Elena Casteel!“
„Woher wissen Sie, dass Ihr Ehemann entführt wurde?“
Trotz Señora Casteels
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