JULIA VALENTINSBAND Band 21
schrillem, panischem Tonfall blieb Rory ruhig und gefasst.
„Juan hat angerufen! Er hat mir gesagt, dass sie ihn und seinen Fahrer gekidnappt haben! Dann hat ihm jemand das Telefon weggerissen. Derjenige meinte dann, ich würde Juans Kopf auf der Treppe vorfinden, wenn ich ihnen nicht zwanzig Millionen Euro zahle!“
„Wann kam der Anruf?“
„Vor einer halben Stunde. Vielleicht weniger, ich weiß nicht genau.“ Ihre Worte verebbten in einem fürchterlichen Schluchzen. „Sie warnten mich davor, die Polizei zu verständigen oder irgendetwas an die Öffentlichkeit zu bringen! Sie töten Juan, wenn ich das tue!“
Rory besaß genug Erfahrung mit Entführungsfällen, um zu wissen, dass wer immer auch Casteel gekidnappt hatte, nicht zögern würde, seine Drohungen wahr zu machen. Er könnte ebenso wetten, dass sie die Telefone überwachten und jedes Wort von Casteels Frau mithörten.
„Ich habe Ihre Visitenkarten auf dem Schreibtisch meines Mannes gefunden!“, rief die Frau. „Er meinte, Sie wären gut, Señor Burke. Er meinte, Sie kennen sich mit solchen schrecklichen Sachen gut aus. Bitte, Sie müssen mir helfen, ich flehe Sie an!“
Rory wollte die verstörte Frau nicht daran erinnern, dass ihr Mann im Fall einer Lösegeldforderung hoch versichert war. Oder dass die hochspezialisierte Versicherungsgesellschaft zweifellos ein Expertenteam schicken würde, das sich um die Verhandlungen kümmerte. Er sah keine Veranlassung, denjenigen, der das Gespräch verfolgte, darauf aufmerksam zu machen, dass Casteel auf diese Situation vorbereitet war. Das würde nur die Verhandlungen in die Länge ziehen.
Außerdem wusste Rory aus Erfahrung, dass die ersten Stunden nach einer Entführung die kritischsten waren. Die Angehörigen, verwirrt und verängstigt wie sie waren, fällten oft Entscheidungen, die fürchterliche Konsequenzen nach sich zogen. Bis das Versicherungsteam eintraf, sollte Elena Casteel jemanden an ihrer Seite haben, der sich in diesem Spiel um Leben und Tod, das die Kidnapper veranstalteten, auskannte.
„Natürlich werde ich Ihnen helfen.“
Er orientierte sich kurz, wo genau sie sich befanden. Sie fuhren bereits auf der Schnellstraße zum Stadtzentrum, aber er entdeckte eine Ausfahrt auf der Strecke vor ihnen und riss das Steuer herum. Die Reifen quietschten, und Caroline hielt sich erschrocken an den Armlehnen fest, um nicht gegen die Beifahrertür zu knallen.
„Sie haben mich auf meinem Weg nach Barcelona erwischt“, unterrichtete er Elena. „Ich bin noch zwanzig Minuten von Ihnen entfernt. Ihr Mann hat recht“, fügte er dann dazu, um sie etwas zu beruhigen. „Ich habe sehr viel Erfahrung in diesem schrecklichen Business. Sie können auf meine Unterstützung rechnen.“
„Und bringen Sie Juan wieder sicher nach Hause?“
Er weigerte sich, Versprechen zu geben, die er vielleicht nicht halten konnte, und wich der Frage aus.
„Es wäre ratsam, wenn Sie das Telefon nicht blockieren. Wenn die Kidnapper noch mal anrufen, bevor ich bei Ihnen bin, schreiben Sie genau auf, welche Anweisungen sie Ihnen geben. Jedes Wort. Verstanden?“
„Ja.“
„Ist noch jemand im Haus, der Ihnen helfen könnte?“
„Nur die Bediensteten, und ich habe Angst, sie einzuweihen. Sie könnten womöglich jemanden anrufen oder es weitererzählen.“
„Was ist mit Freunden, Verwandten?“
„Nein, nein!“, rief sie verzweifelt. „Es gibt niemanden!“
„Okay, Elena, ist schon gut. Ich verspreche Ihnen, dass Sie das nicht allein durchstehen müssen.“
Er sah, wie Caroline hektisch auf ein Hinweisschild zeigte, und drehte das Steuer wieder herum.
„Halten Sie durch. Ich bin gerade auf der Avenida Meridiana und in Kürze bei Ihnen.“
Sie bedankte sich schluchzend und legte auf. Rorys Gedanken rasten bereits, während er das Handy zuklappte.
Von seiner Begegnung mit Juan Casteel wusste er, dass der Schiffsmagnat hochgradig sicherheitsbewusst war. Er hatte dafür gesorgt, dass keine Fotos von sich oder seiner Frau in den Zeitungen erschienen. Seine geschäftlichen Abläufe und den Weg zur Arbeit änderte er täglich. Seinen Chauffeur hatte er zu einer Spezialschulung geschickt und sein Haus und das Büro durch Hightech-Anlagen gesichert. Dass diese Sicherheitsvorkehrungen geknackt worden waren, bedeutete, hier hatte nicht mal schnell jemand Hergelaufenes eine gute Gelegenheit genutzt, um ihn zu entführen. Es war eine gut geplante Aktion gewesen.
Die zwanzig Millionen Euro Lösegeld deuteten außerdem
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