Julia-Weihnachten Band 24
hatte sie ein winziges Detail außer Acht gelassen – seine Gefühle.
Aber das war nicht das einzige Problem. Sie hatte angenommen, ihre Bedürfnisse seien ganz simpel – ein nettes, ruhiges, zufriedenes Leben mit einem netten, ruhigen, zufriedenen Mann. Einem, der sein Ziel genau im Auge hatte und es verantwortungsbewusst anging. Einem, der nicht sein Vergnügen zum obersten Lebensprinzip machte.
Und plötzlich waren ihre Träume von einem Mann eingenommen, der so gar nicht ihren gewünschten Kriterien entsprach. Von einem Mann, der sein Leben so lebte, wie er seine Stunts flog. Wild, rücksichtslos, fatalistisch.
Jetzt, wo Matt zurück war, würde er sie garantiert gleich feuern. Im Krankenhaus hatte er bestimmt nur deshalb nichts davon erwähnt, weil er sich schlecht fühlte.
Katies Magen knurrte, denn sie hatte seit dem Frühstück nichts gegessen – ihre Fingernägel nicht mitgerechnet, die sie sich im Laufe des Vormittags vollständig abgeknabbert hatte.
In ihrer Schreibtischschublade fand sie noch ein paar Müsliriegel. Gierig aß sie alle auf. Zwar war ihr Magen jetzt unangenehm voll, aber wenigstens hatte sie wieder etwas Energie bekommen.
Holly steckte den Kopf durch die Tür. „Meine Güte, siehst du gestresst aus.“
Unvermittelt erwachte Katies Kampfgeist, und sie lächelte Holly herausfordernd an. „Sei nett zu mir, ja? Heute ist wahrscheinlich unser letzter gemeinsamer Arbeitstag.“ Die Frage huschte ihr durch den Kopf, wie viel Arbeitslosengeld sie wohl bekäme. Und wie sollte sie den Leuten überhaupt erklären, warum sie so plötzlich ihren Job verloren hatte? Tja, wissen Sie, Madam, alles fing damit an, dass ich unserem stellvertretenden Direktor eine Gehirnerschütterung verpasst habe, als ich versuchte, ihn sexuell zu belästigen.
Eine solche Erklärung würde sich doch überall gut machen, oder?
„Wie kommst du darauf, dass das unser letzter gemeinsamer Arbeitstag ist?“, fragte Holly erstaunt.
„Na, glaubst du etwa, ich bekomme eine Beförderung dafür, dass Matt mir eine Gehirnerschütterung zu verdanken hat?“ Zudem hatte er jetzt garantiert eine Mistelzweigphobie.
„Ach was, so ein kleiner Unfall“, sagte Holly lachend und setzte sich mit einem lasziven Hüftschwung auf die Kante von Katies Schreibtisch. „Du misst dem Ganzen viel zu viel Bedeutung bei.“
„Ach, findest du? Übrigens habe ich ganz vergessen, mich bei dir zu bedanken – dafür, dass du mich auf der Weihnachtsparty ausgetrickst hast.“
„Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest. Aber das geht mir bei dir ja meistens so.“
„Doch, das weißt du genau. Und ich glaube, du hast diesmal selbst gemerkt, dass du zu weit gegangen bist. Das war ziemlich gemein, selbst für jemanden wie dich.“
In diesem Moment lief Matt draußen vorbei, wie üblich mit einem Stapel Papierkram auf dem Arm. Verstohlen blickte er durch die offene Bürotür und ging dann schnell weiter, ja, er rannte förmlich, als sei er auf der Flucht.
Holly warf Katie einen spöttischen Blick zu. „Na, der hat’s aber eilig.“ Dann rutschte sie von der Tischkante herunter, steckte den Kopf nach draußen und rief über den Flur: „Hallo, Matt, wohin so eilig?“
Katie verzog gequält das Gesicht. „Frag ihn bloß nicht, ob er hereinkommen will!“, flüsterte sie panisch. „Ich muss mich erst innerlich auf die Kündigung vorbereiten.“ Vorsichtshalber ging sie schon mal hinter ihrem Schreibtisch in die Hocke, als würde sie etwas am Boden suchen.
„Na, dann duck dich halt, damit er dich nicht sieht“, zischte Holly. Gleich darauf wandte sie sich mit strahlendem Lächeln Matt zu, der zögernd den Gang zurückgekommen war.
„Keine Angst“, empfing Holly ihn mit honigsüßer Stimme. „Die böse Buchhalterin ist nicht da.“
„Ich dachte, ich hätte sie eben gesehen.“
Katie duckte sich noch tiefer und biss vor Wut die Zähne zusammen. Eigentlich war die Kündigung doch ein Klacks. Demnächst würde sie nämlich im Knast landen. Wegen Mordes an Holly.
„Nein, da hast du dich geirrt, sie ist schon lange weg.“ Hollys Stimme klang so einschmeichelnd, als wolle sie Matt zu verstehen geben: Keine Angst, ich beschütze dich.
Zum Glück verließ sie jetzt Katies Büro und ging mit Matt den Flur hinunter. Aufatmend kroch Katie hinter ihrem Schreibtisch hervor und schloss schnell die Tür.
In der Mittagspause holte Katie sich ein Sandwich und ein Wasser und ging damit nach draußen, wo sie die Flugzeuge beim Starten und
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