Julia-Weihnachten Band 24
und mit Decken verhüllte Möbelstücke, die im fahlen Mondlicht wie eine bizarre Landschaft aussahen. Doch nichts regte sich.
Plötzlich hörte Tom ein Geräusch. Es klang wie das Knacken einer Bodendiele, auf die jemand einen Fuß setzte. Eiskalt lief es ihm über den Rücken.
Marnie gesellte sich sofort zu ihm. „Was war das?“, fragte sie nervös.
Beschützend legte Tom ihr den Arm um die Taille und richtete den Lichtstrahl nach vorne. „Wer ist da?“, rief er.
Geisterhaft hallte seine Stimme durch den leeren Raum. Plötzlich spürte er, wie der Holzfußboden kaum merklich unter seinen Füßen schwankte, so als habe sich jemand darauf bewegt.
„Spürst du das auch?“, fragte er.
„Ja“, flüsterte Marnie.
Tom lauschte konzentriert, aber es war nichts mehr zu hören. Hatten sie sich das alles etwa nur eingebildet?
Doch plötzlich hörte er wieder etwas, ein dumpfes Schaben. Hastig stellte er sich vor Marnie und leuchtete in alle Nischen, aber nirgendwo war etwas zu entdecken.
„Das ergibt irgendwie keinen Sinn“, sagte er ratlos. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Dieb drei Stockwerke nach oben durch ein verschlossenes Fenster klettern würde.“
„Vielleicht ist er ja unten eingebrochen“, antwortete Marnie.
„Aber dann hätte er sich an den Geschenken unterm Weihnachtsbaum zu schaffen gemacht und sich nicht hier in die Enge treiben lassen.“
Plötzlich entdeckte Tom hinter den Schränken eine Tür in der Wand, die er bisher immer übersehen hatte. Sie war jedoch verschlossen. „Wo führt die denn hin?“, fragte er.
„Himmel, diese Türen habe ich ja total vergessen!“, rief Marnie.
Erst jetzt fiel Tom ein, dass er im Erdgeschoss und im ersten Stock früher ähnliche Türen gesehen hatte. Er hatte sie immer für Einbauschränke gehalten.
„Dahinter liegt eine alte Treppe“, erklärte Marnie. „Für die Dienstboten vermutlich. Sie ist sehr steil und schmal.“
„Und warum ist die Tür abgeschlossen?“, fragte Tom.
„Mike hat an einem Thanksgiving mal Murmeln die Treppe runterrollen lassen und uns allen einen Heidenschreck eingejagt.“ Marnie kicherte. „Granny wollte nicht, dass wir dort womöglich eines Tages runterfallen und uns den Hals brechen, und hat von meinem Großvater Schlösser einbauen lassen.“
Tom rüttelte ein zweites Mal an der Klinke. „Na ja, die hier rührt sich jedenfalls nicht. Ich glaube kaum, dass da gerade jemand durchgegangen ist.“
Vorsorglich durchsuchten sie den Dachboden noch einmal, aber leider vergeblich. „Vielleicht war es ja doch ein Waschbär“, mutmaßte Tom. „Hinter all diesen Kartons muss irgendwo ein Loch im Dach sein. Ich werde mich morgen mal auf die Suche machen.“
Auf dem Weg nach draußen blieb Marnie vor einem Spiegel stehen. „Hier haben Cody und ich gestern den Regenbogen gesehen“, sagte sie.
Tom stellte sich hinter sie. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, die Wange auf ihr Haar zu legen, das nach Frühlingsblumen duftete.
Plötzlich sah er ein buntes Licht im Spiegelglas schimmern. Auch wenn es sich nur um das sich im Kronleuchter brechende Mondlicht handelte, war es von fast irrealer Schönheit und Magie.
„Wunderschön“, sagte er.
„Als ich klein war, haben Mom und ich öfter hier oben gepicknickt“, erzählte Marnie. „Ich hielt diesen Ort immer für verzaubert.“
„Vielleicht ist er das ja tatsächlich.“ Im Spiegel beobachtete Tom, wie er von hinten die Arme um sie schlang. „Und jetzt sind wir Teil dieses Zaubers“, murmelte er.
Marnie lehnte sich an seine Brust. „Du gehörst hierher“, sagte sie. „Zusammen mit mir.“
„Wir gehören zusammen“, korrigierte er sie. „Das muss nicht unbedingt hier sein.“
„Wo sonst gibt es schon einen Zauberspiegel?“
„Wir schaffen uns eben unseren eigenen Zauber“, antwortete Tom. „Ganz egal, wohin wir gehen.“
Seufzend schmiegte sie sich an ihn. Der Mann hinter dem Regenbogen drehte sie zu sich um und nahm sie liebevoll in die Arme.
Als Tom seinem Verlangen endlich freien Lauf ließ und sie küsste, verlor er das Spiegelbild vorübergehend aus den Augen. Marnie fühlte sich nämlich nur allzu lebendig an, als ihre Lippen sich unter seiner Zunge öffneten – und total heiß.
Möglicherweise war dieser Kuss ein gewaltiger Fehler, aber plötzlich fiel Tom beim besten Willen kein Gegenargument ein. Das hier war schließlich seine Frau, seine bessere Hälfte – Scheidung hin oder her.
Marnie ließ die Hände
Weitere Kostenlose Bücher