Julia-Weihnachten Band 24
Tischgebet zu lauschen.
Herr, wir danken dir dafür, mit all unseren Lieben Weihnachten feiern zu können …
Marnie warf Tom einen verstohlenen Blick zu, doch er hatte den Kopf gesenkt, sodass sie sein Gesicht nicht erkennen konnte.
… für deine Großzügigkeit und Güte …
Klammheimlich zog Cody eine Schüssel mit schwarzen Oliven zu sich heran, sah sich verstohlen um und steckte sich rasch eine in den Mund.
… dafür, dass du uns Frieden und Freiheit gewährst …
Das Baby machte ein Bäuerchen. Bonita und Mike beugten sich gleichzeitig vor, um sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging, wobei ihre Blicke sich begegneten. Für eine Sekunde schienen sie alles andere um sich herum zu vergessen.
… und wir danken dir für unsere guten Freunde …
Auch Dr. Spindler hatte den Kopf gesenkt, sodass Marnie nur seinen weißen Haarschopf sehen konnte. Warum heiratet er Granny eigentlich nicht? fragte sie sich unwillkürlich. Die beiden passten doch perfekt zusammen.
Aber vielleicht genügte es ihm ja, Jolene nur gelegentlich zu besuchen. Marnie hatte zwar das Gefühl, dass ihre Großmutter sich mehr von ihm wünschte, aber Jolene war nicht der Typ, der einem Mann hinterherlief.
Amen.
„Fröhliche Weihnachten! Fröhliche Weihnachten!“, riefen sie alle einander zu.
„Essen wir jetzt endlich?“, mischte Cody sich ein.
Tom lächelte. „Er kommt immer direkt zur Sache, oder?“
„Warum auch nicht?“, fragte Granny. „Soll er etwa verhungern?“
Marnie ließ die anderen am Büffet vor, denn obwohl das Essen köstlich duftete, verspürte sie kaum Appetit. Ihre Familie am Tisch zu beobachten, hatte sie mit einem solchen Glücksgefühl erfüllt, dass es vermutlich alles andere überlagerte.
Doch schließlich füllte auch sie ihren Teller und setzte sich neben Tom, der zärtlich ihre Hand streichelte.
Für eine Weile aßen sie schweigend, bis Toms Stimme plötzlich die angenehme Stille durchbrach. „Leute, es tut mir leid, euch beim Essen zu unterbrechen, aber ich muss euch etwas Wichtiges mitteilen.“
Marnie stutzte. Es war eigentlich nicht seine Art, öffentliche Ankündigungen zu machen. Was hatte das zu bedeuten?
Jolene blickte hoch, die Gabel hoch in der Luft. Norbert musterte Tom besorgt.
„Weihnachten ist die Zeit, in der man für gewöhnlich sein Herz öffnet“, begann Tom. „Ich möchte mich daher dieser Tradition anschließen und euch meins öffnen.“
„Nur zu, Tom“, ermunterte Linda ihn.
Tom holte tief Luft. „Marnie wird über meine nächsten Worte vermutlich etwas überrascht sein, aber mir ist gerade bewusst geworden, dass ich kurz davor war, den größten Fehler meines Lebens zu machen.“
15. KAPITEL
Erschrocken hielt Marnie die Luft an. Hatte er seine Meinung über die Hochzeit etwa geändert?
Gespannt warteten die anderen darauf, dass er fortfuhr.
„Ich habe Marnie vorhin einen Heiratsantrag gemacht, und sie hat mir die Ehre erwiesen, ihn anzunehmen.“ Die anderen hingen gebannt an seinen Lippen, außer Cody, der sich mit den Fingern grüne Bohnen in den Mund schob. „Nur für den Fall, dass ihr falsche Schlüsse zieht – der Heiratsantrag ist nicht der Fehler, von dem ich rede.“
„Das will ich auch stark hoffen!“, rief Jolene.
Marnie war gleichzeitig erleichtert und nervös.
Langsam ließ Tom den Blick über die Gesichter der anderen gleiten. „Wenn ein Mann zweiunddreißig Jahre alt ist, glaubt er, sich genau zu kennen, aber manchmal irrt er sich gewaltig.“
„Ist doch klar“, warf Jolene ein. „Das hätte ich dir auch sagen können.“
„Aber ich hätte dir nicht geglaubt. Ich ließ mir von niemandem etwas über mich selbst sagen.“ Toms Augen funkelten im Kerzenlicht. „Ich hielt mich immer für einen Abenteurer, der den Gedanken, sesshaft zu werden, nicht ertragen kann. Und ich habe von der Frau, die ich liebe, verlangt, mich mit all diesen Macken zu akzeptieren.“
Marnie riss allmählich der Geduldsfaden. „Würdest du bitte mal zum Punkt kommen?“
Tom drehte sich zu ihr um und sah sie reumütig an. „Die Vorstellung, Kinder zu bekommen, hat mich immer in totale Panik versetzt. Ich wollte nicht in eine Rolle gedrängt werden, die mir nicht entspricht. Aber jetzt …“, er hob die Hände, „… ist dieses Gefühl plötzlich verschwunden.“
„Was für ein Gefühl?“
„Meine Angst“, erklärte Tom. „Eben gerade fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Mir wurde bewusst, dass ich gar kein Abenteurer bin, zumindest
Weitere Kostenlose Bücher