JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
mehr so schlimm wie früher. „Ich kann nicht gerade sagen, dass ich mich auf das Treffen mit Nick freue“, antwortete sie auf Brams Frage, „aber es ist schon in Ordnung. Ich will die Sache hinter mich bringen.“
Und danach wäre sie vielleicht in der Lage, endlich in die Zukunft zu sehen, hoffte sie.
Bram hatte ähnliche Gedanken. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so verwirrend sein würde, Sophie die ganze Zeit bei sich zu wissen. Ihre Fröhlichkeit und Lebhaftigkeit waren ihm vertraut und gleichzeitig seltsam fremd.
Er ertappte sich dabei, wie sein Herz unerwartet und in den seltsamsten Augenblicken aufging. Zum Beispiel, wenn er sie unvermutet entdeckte, wie sie über die Heide strich, eingehüllt in einen formlosen Mantel und einen bunten Schal, während der Wind ihr die Haare ins Gesicht blies. Oder wenn sie den von Generationen angesammelten Trödel aus dem Schuppen räumte, ohne auf Schmutz und Staub zu achten. Wenn sie leise summend am Herd stand, so wie auch seine Mutter es früher immer getan hatte, und im Kochtopf rührte, hätte er sie am liebsten umarmt. Und auch, wenn sie mit untergeschlagenen Beinen vor dem Kamin saß, ihre Miene nachdenklich und ein wenig traurig, während die Flammen tanzende Schatten auf ihr Gesicht warfen, fühlte er eine unerklärliche Wärme in sich aufsteigen.
Dann rief er sich jedes Mal in Erinnerung, dass es nur Sophie war, seine alte Freundin. Das Mädchen, das er seit Jahren kannte. Nie hatte er sich gefragt, wie es wohl wäre, wenn er ihr die Kleider vom Körper streifen und sie an sich ziehen würde. Jetzt konnte er an nichts anderes mehr denken.
Deshalb war es ihm nur recht, dass Sophie und Nick sich wiedersahen. Denn er hoffte, Sophie würde endlich spüren, dass ihre Liebe zu Nick nicht mehr so stark war wie früher.
Immer wieder hatte er sich gefragt, ob seine Liebe zu Melissa nicht nur auf einer schönen Erinnerung basierte. Bei Melissas Schönheit war es schwer, den Menschen dahinter zu entdecken. Bram konnte sich nicht erinnern, wie sie wirklich war, und er war sich nicht sicher, ob er das jemals gewusst hatte.
Und jetzt war er nicht einmal mehr sicher, was er fühlte. Nur eines war ihm bewusst: dass Sophie seine gute Freundin war. Es war einfacher – und sicherer –, wieder ihre alte Kameradschaft aufzunehmen, statt sie zu zerstören, indem er zu oft darüber nachdachte, wie es wohl wäre, wenn sie mehr als nur gute Freunde sein würden.
Es hat keinen Sinn, darüber nachzudenken, ehe Sophie Nick vergessen hat, mahnte Bram sich im Stillen. Und das konnte noch sehr lange dauern. In der Zwischenzeit würde er ihr guter Freund bleiben und aufhören, ihren Mund anzusehen …
Zumindest musste er es versuchen, irgendwie.
Harriet holte Sophie am nächsten Morgen ab und parkte den Wagen außerhalb von York, damit sie mit dem Bus in die Innenstadt fahren konnten. Autos waren dort nicht erlaubt, und Sophie hatte es oft genossen, ungestört durch die Altstadt zu schlendern.
Nicht so an diesem Tag. Denn ihre Mutter ließ ihr keine Zeit zum Trödeln. Sie führte Sophie zielstrebig zu einem Brautmodengeschäft in der Innenstadt. „Ich habe uns dort angemeldet“, sagte sie. „Sie haben mich so gut beraten mit Melissas Kleid, dass wir dort sicher auch das Richtige für dich finden.“
Sophie war abrupt vor einem Schaufenster stehen geblieben. „Ich habe es schon gefunden.“
Das Kleid war atemberaubend. Schulterfrei und mit enger Taille, ein Traum aus Chiffon in Gold, Kupfer, Bronze und Rot, so warm und lebendig wie eine Flamme, dass Sophie am liebsten die Hände ausgestreckt hätte, um sich an seiner Pracht und der wunderschönen Farbe zu wärmen.
Ein Blick hatte genügt, und Sophie war sofort in dieses Kleid verliebt. Es schien genau das richtige für eine Hochzeit – ein Kleid, in dem man sich lebendig und fröhlich fühlte, und verführerisch. Genau so, wie es sein sollte, wenn man heiratete. Selbst wenn es sich bei dem Bräutigam um einen guten Freund handelte, der immer noch in die Schwester der Braut verliebt war.
Harriet schnalzte verärgert mit der Zunge. „Wir kommen noch zu spät.“
Sophie deutete auf das Schaufenster. „Das ist mein Hochzeitskleid.“
„Das kannst du doch nicht zur Hochzeit anziehen, Sophie“, sagte sie missbilligend. „Es ist ja rot! “
„Aber es gibt doch kein Gesetz, das vorschreibt, Hochzeitskleider müssten weiß sein.“
„Ich hatte eigentlich an Elfenbein gedacht“, meinte Harriet. „Schließlich
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