JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
Moment hätte er sich für diese allzu direkte Frage verfluchen können.
Jodie errötete. „Nein, das hatte er nicht.“ Sie blickte Sam direkt an. „Ich will Sie nicht länger aufhalten, Sie müssen zur Visite.“
Nein, das hatte er nicht . Bedeutete das, dass sie keinen Freund mehr hatte? Plötzlich bemerkte Sam, dass Jodie ihn noch immer ansah und auf eine Antwort wartete. „Oh, ja. Ich muss gehen. Gute Nacht, Dr. Price.“
Sam setzte seine Patientenbesuche fort und machte sich sorgfältig Notizen zu jedem Fall. Doch er konnte das Bild der blonden Assistenzärztin nicht aus seinen Gedanken verdrängen. Verrückt. Nach dem unglücklichen Ausgang seiner Ehe mit Angela hatte er keinerlei Interesse an einer neuen Beziehung. Und wenn doch, dann ganz gewiss nicht mit Jodie. Er wollte nicht, dass die Kollegen im Krankenhaus einen Grund hatten, über ihn zu reden. Als Angela ihn damals wegen eines anderen Mannes verlassen hatte, war das Gerede schon schlimm genug gewesen. So etwas wollte er ganz gewiss nicht noch mal erleben.
Außerdem war Jodie überhaupt nicht sein Typ. Jung, schön und eine Spur zu selbstbewusst für eine Ärztin in ihrer Position. Sie musste noch eine Menge lernen, sowohl im Beruf als auch im Leben. Doch wenn er ehrlich war, faszinierte ihn genau das an ihr.
Energisch rief er sich zur Ordnung. Er wollte nicht einmal mit ihr befreundet sein, geschweige denn mehr. Doch warum hatte er sie dann nach ihrem Freund gefragt?
Sam zwang sich zur Konzentration und beendete die Visite. Doch als er die Station gerade verlassen wollte, hörte er plötzlich Jodies fröhliches Lachen. Ein Lachen, das ihm unter die Haut ging. Einen Moment lang wünschte er, er selbst hätte ein Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert.
„Bis später bei Mario, Jodie“, sagte gerade Fiona Ferguson, die Stationsschwester. „Um acht Uhr.“
„Ich werde pünktlich sein“, versprach Jodie, schwang sich auf den Rand des Schreibtisches und ließ die langen Beine baumeln.
„Niemals! Ihr Ärzte seid alle gleich. Ihr glaubt, die Zeit, die Freunde und die Pizza warten nur auf euch“, neckte Fiona sie. „Wenn du zu spät kommst, werden wir dein Dessert aufessen.“
„Das könnt ihr einer armen, hungrigen Assistenzärztin nicht antun“, flehte Jodie theatralisch. „Marios Desserts sind göttlich.“
„Du traust uns das nicht zu?“, fragte Fiona ungläubig und lachte.
„Dr. Price, Sie sind ja immer noch hier“, stellte Sam betont gleichgültig fest, während er schlendernd näher kam.
„Oh, Dr. Taylor.“ Sofort verblasste Jodies Lächeln. „Ich wollte gerade …“, ihre Stimme erstarb. Warum nur fühlte sie sich in Sam Taylors Gegenwart so unwohl? Sie hatte bisher nie Probleme mit ihren Vorgesetzten gehabt, doch er war vollkommen unnahbar. Kein Wunder, dass die Kollegen ihm den Spitznamen „Dr. Frost“ gegeben hatten. Hinter seiner Unnahbarkeit steckte mehr als nur professionelle Distanz.
Man musste ihn aus der Reserve locken, beschloss sie kurzerhand.
„Warum kommen Sie heute Abend nicht einfach mit?“, schlug sie vor.
„Mit Ihnen?“ Er sah sie irritiert an.
„Ja, wir treffen uns bei Mario, dem Italiener am Ende der Straße.“ Er sah sie an, als habe sie ein Dinner zu zweit bei Kerzenschein und romantischer Musik vorgeschlagen, dachte sie bei sich. „Dort gibt es die beste Pizza der Stadt, und donnerstags spielt immer eine Jazzband. Es gibt auch köstliches Risotto, falls Sie keine Pizza mögen“, fügte sie schnell hinzu.
„Ich …“
„Und wir reden auch nicht den ganzen Abend über die Arbeit. Also, um acht Uhr?“
„Ich …“
„Gut“, sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln. „Wir sehen uns dann dort.“ Sie verabschiedete sich von Fiona und ging hinaus, während Sam Taylor ihr nachblickte und die Stationsschwester ihr mit hochgezogenen Brauen hinterhersah.
Nachdem Jodie die bequemen Gesundheitsschuhe gegen ihre Sportschuhe getauscht hatte, machte sie sich auf den Weg zum Fahrradschuppen am Rand des Parkplatzes.
Was hatte sie nur getan?, fragte sie sich entgeistert, als sie nach Hause radelte. Aus einer Laune heraus hatte sie den attraktivsten Oberarzt des Krankenhauses zu ihrem wöchentlichen Treffen eingeladen. Natürlich glaubte er jetzt, sie wolle sich bei ihm anbiedern. Oder, noch schlimmer, sie sei auf der Suche nach einem erfolgreichen Ehemann.
Dabei mochte sie Sam Taylor nicht einmal besonders. Obwohl er durchaus anziehend war, ein starker, ruhiger Mann, groß, dunkelhaarig und
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